Bestand

Neuwürttemberg: Hofkammer, Ellwangen (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
Die kraft Reichsdeputationshauptschluß an Württemberg gefallenen vormals geistlichen und reichsstädtischen Gebiete wurden vorerst nicht mit dem Herzogtum vereinigt sondern zu einem eigenständigen Land, Neuwürttemberg, formiert. Das am 1. Januar 1803 erlassene Organisationsmanifest für die neuen Gebiete setzte neben der Oberlandesregierung (siehe Bestand D 1) als zweite Zentralbehörde die für das gesamte staatliche Rechnungs- und Finanzwesen zuständige Hofkammer ein und bestimmte Ellwangen zu deren Sitz. Beiden Kollegien stand der dirigierende Staatsminister Graf von Normann-Ehrenfels als Präsident vor, die eigentlichen Geschäfte der Hofkammer führte als Hofkammervizedirektor aber der aus Mömpelgard stammende Finanzfachmann Johann Leonhard Parrot. Die Behörde, die auch die Aufsicht über die Kirchen- und Schulfonds führte, bestand im übrigen aus einem Kammerprokurator, vier Hof- und Domänenräten, dem Generalkassier der Generalhofkasse mit dem Titel Oberlandessteuereinnehmer, vier Kammerräten sowie mehreren Sekretären, Registratoren und sonstigem Kanzleipersonal. Der Hofkammer unter- oder nachgeordnet war das Landbaudepartement, zuständig für Bau und Instandhaltung der staatlichen und öffentlichen Gebäude, Brücken und Deiche, die Botenmeisterei, das Münz- sowie das Bergwerk- und Salinendepartement, nicht jedoch das Forstdepartement, das nicht nur für Forstsachen, sondern auch für Straßen- und Wegebau zuständig war und nach den damals aufkommenden Grundsätzen der Forstverwaltung verselbständigt wurde. Den beiden Zentralbehörden waren auf der Provinzialebene die Landvogteien Ellwangen, Heilbronn und Rottweil unterstellt, die ihrerseits wiederum die Aufsicht über die örtlichen Ober- und Stabsbämter führten. Die administrative Sonderrolle Neuwürttembergs währte indessen nur gute drei Jahre, bis zum 1. Mai 1806. Mit der Proklamation des souveränen Königreichs Württemberg wurden die alten und neuen Landesteile vereinigt und die eigene Verwaltungsorganisation Neuwürttembergs Zug um Zug kassiert.

Inhalt und Bewertung
Die Akten der Ellwanger Zentralbehörden wurden wohl schon bald nach 1806 in das Hauptdepot der älteren Akten in Stuttgart (1806-1822) überführt. Aus ihm ging 1818 das Archiv des Inneren hervor, das 1866 in das Schloß Ludwigsburg verlegt und 1921 mit dem damaligen Staatsfilialarchiv vereinigt wurde. Für die Hofkammerakten lässt sich feststellen, dass Formierung und Ordnungszustand der unmittelbaren Entstehungszeit teils unangetastet geblieben, teils wohl schon seit 1806 durch Vermischung mit Akten anderer Provenienz (u.a. Forstdepartement, Landvogteien) und spätere Abgaben und Ergänzungen zum Teil erheblich gestört worden sind. Zudem haben wohl schon die Ellwanger Behörden älteres Schriftgut der Vorgängerterritorien Neuwürttembergs ihren Registraturen als Vorakten hinzugefügt. Während das Schriftgut der Oberlandesregierung im Mai 1923 durch den Oberrechnungsrat Marquart separiert und verzeichnet wurde (heutiger Bestand D 1), kamen vermutlich kurz nach 1960 begonnene erste Verzeichnungsarbeiten an den Hofkammerakten über Anfänge nicht hinaus. So verzeichneten Archivrat W. Schmierer und andere sukzessive etwa ein Drittel des Bestandes (jetzige Bestellnummern 1-338, 1001-1253) auf Zetteln. Die Neuverzeichnung des übrigen Bestandes, bei der lediglich der größere Teil der älteren Fremdprovenienzen entfernt und anderen Beständen zugeordnet wurde, die redaktionelle und teils auch inhaltliche Bearbeitung der schon existierenden Titelaufnahmen sowie die Erstellung einer modernen sachsystematischen Gliederung erfolgte im Rahmen eines durch die Kulturgutstiftung Baden-Württemberg finanzierten Projekts zwischen Juni und November 2009 durch den Unterzeichneten. Die Reinschrift der oben genannten älteren Titelaufnahmen besorgte Frau Hildegard Aufderklamm.
Der Bestand umfaßt insgesamt 1749 Büschel (Bü 1- 1747 und Bü 236a, 255a, 266a, 266b, 266c; nicht belegt: Bü 25, 28, 307) und 30 Bände mit einem Gesamtumfang von 29,7 lfd. m.
Ludwigsburg, im November 2009
Dr. Peter Steuer

Reference number of holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, D 2
Extent
1749 Büschel (25,0 lfd. m), 30 Bände (2,8 lfd. m)

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Behörden der Übergangszeit um 1803-um 1817 >> Staatliche Behörden in Neuwürttemberg 1803-1806
Related materials
Bezüglich einführender Literatur sei auf den entsprechenden Anhang des Online-Findbuchs D 5 I, Landvogtei Ellwangen, verwiesen.

Other object pages
Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
Rights
Last update
18.04.2024, 10:40 AM CEST

Data provider

This object is provided by:
Landesarchiv Baden-Württemberg. If you have any questions about the object, please contact the data provider.

Object type

  • Bestand

Other Objects (12)