Bestand
Pfalz (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Flüchtungen und Verluste des kurpfälzischen
Archivs in Kriegen und Bränden des 17. und 18. Jahrhunderts; seit
1724 Verwahrung im Mannheimer Schloss. Nach 1778 Abgabe
"wittelsbachischer Hausurkunden" nach München, nach 1792 auch
"kurpfälzischer Landesurkunden". 1803 Übernahme des verbliebenen
"kurpfälzischen Landesarchivs" als badisches Provinzialarchiv
Mannheim. Eingliederung von Urkunden der Pflege Schönau, der
Geisltichen Güteradministration, der Salm'schen Standesherrschaft
Gerlachsheim und der Bettendorf'schen Grundherrschaften Eubigheim
und Gissigheim sowie von Extraditionen aus Würzburg, Darmstadt und
Stuttgart; Extraditionen vor allem an die bayerischen Archive in
München und Speyer. Einreihung der ältesten Kaiserurkunden in
Bestände A und D, zahlreicher Adelsurkunden in Bestand 44.
Inhalte: Der Urkundenbestand
43 umfasst 5839 Nummern bzw. 24 Regalmeter; das zeitliche Spektrum
reicht von 1173 bis 1828. Seine Bezeichnung ¿Pfalz¿ ist im Grunde
irreführend, umfasst er doch sehr viel mehr als allein
kurpfälzische Überlieferungen. Tatsächlich bildet er einen bunten
Strauß unterschiedlichster Provenienzen, darunter namentlich und in
allererster Linie Kurpfalz, daneben aber auch Kurmainz und die
Hochstifte Worms und Würzburg, das Erzherzogtum Österreich (wegen
Hoffenheim), die Grafschaft und das Herzogtum Württemberg, die
Grafschaften Eberstein, Leuchtenberg und Rieneck, die Herrschaft
Weinsberg, der Deutsche Orden mit seinen Häusern in Frankfurt bzw.
Sachsenhausen, Horneck, Mergentheim und Weinheim, der
Johanniter-Orden mit Boxberg, Heidelberg, Mergentheim und
Neckarelz, die Kollegiatstifte zu Heidelberg, Wertheim und Wimpfen
im Tal, die Klöster Gerlachsheim, Lobenfeld, Neuburg, Schönau,
Schöntal und Selz, der Ritterkanton Kraichgau und wohl noch manches
andere mehr, was erst eine detaillierte Provenienzanalyse an den
Tag bringen könnte. Im Grunde ist also die ganze urkundliche
Überlieferung Badens für die Gebiete nördlich des Hochstifts Speyer
hier versammelt, über den Kraichgau, das Neckarknie, den Odenwald,
das Bauland und den Schüpfergrund bis in den Taubergrund und ins
unmittelbare Hinterland von Würzburg. Hinzu kommen diverse Stücke
mit Bezug auf die linksrheinischen Teile der Kurpfalz. Eine
veritable Fundgrube!
Geschichte: Freilich stellt
auch der originär Pfälzer Anteil des Bestands nur einen kleineren
Teil des einstigen kurpfälzischen Archivs dar. Ganz abgesehen von
den insbesondere während der Kriege des 17. Jahrhunderts und durch
diverse Brandkatastrophen eingetretenen Verlusten, gelangte der
größere Teil der seit 1724 in der Mannheimer Residenz verwahrten
Urkunden, darunter vor allem die Haus- und Staatssachen, nach der
Übersiedlung Kurfürst Karl Theodors (1778/79) auf verschiedenen
Wegen nach München. Später, mit dem Anfall der rechtsrheinischen
Teile der Kurpfalz an Baden in den Jahren 1802/03 übernahm das
neugeschaffene Kurfürstentum bzw. Großherzogtum das in Mannheim
verbliebene Schriftgut sowie die in Heidelberg verwahrte und durch
allerlei missliche Umstände ebenfalls bereits stark dezimierte
Überlieferung der Geistlichen Güterverwaltung mit Archivresten der
im späteren 16. Jahrhundert aufgehobenen pfälzischen Stifte und
Klöster. Das alles wurde nach und nach ins Generallandesarchiv
gebracht. Hinzu kamen bald darauf die mit dem Ankauf der
Standesherrschaften Krautheim (Fürsten von Salm) sowie der
Grundherrschaften Eubigheim und Gissigheim (Freiherren von
Bettendorff) an Baden gefallenen Urkundenarchive. Weitere Zu- und
Abgänge erlebte das derart Zusammengewürfelte im Lauf des 19.
Jahrhunderts durch Extraditionen, die unter dem Gesichtspunkt der
Lokalpertinenz von und nach München, Würzburg, Speyer, Darmstadt
und Stuttgart vorgenommen wurden, und auch in jüngerer Zeit kam
durch gelegentlichen Ankauf oder Tausch noch das eine oder andere
Stück hinzu. So entstand allmählich der oben skizzierte
Flickenteppich von Provenienzen.
Erschließung: Im
Generallandesarchiv wurden die Urkunden nach den in Baden um die
Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchlichen Grundsätzen unter
Pertinenzgesichtspunkten geordnet und verzeichnet. Das 1869 von
Friedrich von Weech begonnene Bandrepertorium kam 1880 zum
Abschluss. Frucht dieser Erschließungsarbeit war nicht zuletzt die
Edition zahlreicher, den Bearbeitern als besonders interessant
aufgefallener Einzelurkunden in den älteren Bänden der Zeitschrift
für die Geschichte des Oberrheins, und danach profitierte von der
Verzeichnung auch noch die von der Badischen Historischen
Kommission betriebene Edition der Regesten der Pfalzgrafen bei
Rhein (1894-1939). In den Jahren 1986 bis 1988 erfolgte in
Verbindung mit einer zeitgemäßen Verpackung die Neusignierung des
Bestands mit fortlaufenden Nummern. Urkunden gleicher Provenienzen
finden sich im Generallandesarchiv in großer Zahl auch in den
Beständen D (jüngere Kaiser- und Königsurkunden) und 44 (Urkunden
des Lehns- und Adelsarchivs). Sonstiges Archivgut entsprechender
Herkunft gibt es vor allem in den Beständen 61-68, 72, 73, 77, 131,
132, 135, 145, 151, 156, 161, 166, 177, 178, 183, 185, 188, 190,
194, 197, 204, 205, 210, 213, 214, 221, 222 und 229. Weitere
umfangreiche Überlieferungen kurpfälzischer, kurmainzischer und
würzburgischer Provenienzen liegen, abgesehen von den oben
erwähnten Extraditionen, infolge des
Reichsdeputationshauptschlusses darüber hinaus im Archiv der
Fürsten zu Leiningen in Amorbach und im Staatsarchiv Wertheim. Die
nunmehr mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft für
den Internetauftritt des Landesarchivs Baden-Würtemberg
hergestellte Konversion des alten, handschriftlichen Repertoriums
und die Anreicherung mit genormten Ortsdeskriptoren besorgte Alfred
Becher, die Endredaktion mit der für die Volltextsuche
unentbehrlichen Normalisierung aller vorkommenden (Orts-) Namen
Kurt Andermann.
Literatur: Franz Josef Mone,
Urkunden über die bayerische Pfalz vom 12. bis ins 16. Jahrhundert,
in: ZGO 19 (1866) S. 163-194, 309-323 und 429-435; 20 (1867) S.
304-322; 21 (1868) S. 178-194 und 321-337; Franz Josef Mone, Einige
pfälzische Urkunden. Vom 13. bis 16. Jahrhundert, in: ZGO 20 (1867)
S. 174-186; Friedrich von Weech, Pfälzische Regesten und Urkunden,
in: ZGO 22 (1869) S. 177-216, 361-380 und 401-417; 23 (1871) S.
155-179; 24 (1872) S. 56-104 und 269-327; 26 (1874) S. 29-67; 32
(1880) S. 190-233; Regesten der Pfalzgrafen bei Rhein, bearb. von
Adolf Koch, Jakob Wille, Lambert Graf von Oberndorff und Manfred
Krebs, 2 Bde., Innsbruck 1894-1939; Franz Xaver Glasschröder, Über
die Schicksale rheinpfälzischer Archive, in: Archivalische
Zeitschrift 38 (1929) S. 1-22; Manfred Krebs, Gesamtübersicht der
Bestände des Generallandesarchivs Karlsruhe (Veröffentlichungen der
Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 1-2), 2 Bde.,
Stuttgart 1954-1957, Teil 1, S. 84-86; Hansmartin
Schwarzmaier/Gabriele Wüst (Bearb.), Die Bestände des
Generallandesarchivs Karlsruhe, Teil 2, Urkundenbestände (1-45)
(Veröffentlichungen der staatlichen Archivverwaltung
Baden-Württemberg 39/2), Stuttgart 1996, S. 251-262.
- Reference number of holding
-
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 43
- Extent
-
5854 Urkunden
- Context
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Ältere Bestände (vornehmlich aus der Zeit des Alten Reichs) >> Urkunden >> Größere Territorien >> Pfalz
- Related materials
-
Inventare des Großherzoglich Badischen General-Landesarchivs, 4. Band, Karlsruhe 1911, S. 305-326; Die Bestände des Generallandesarchivs Karlsruhe, Teil 2, Urkundenbestände, bearb. von Hansmartin Schwarzmaier und Gabriele Wüst, Stuttgart 1996, S. 251-262.
Franz Josef Mone, Urkunden über die bayerische Pfalz vom 12. bis 16. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 19 (1866) S.163-194, 309-323, 429-435; 20 (1867) S.304-322; 21(1868) S.178-194, 321-337; Ders., Einige pfälzische Urkunden. Vom 13. bis 16. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 20 (1867) S. 174-186; Friedrich von Weech, Pfälzische Regesten und Urkunden, in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 22 (1869) S.177-216, 361-380, 401- 417; 23 (1871) S. 155-179; 24 (1872) S. 56-104, 269-327; 26 (1874) S.29-67; 32 (1880) S. 190-233; Regesten der Pfalzgrafen am Rhein, Bd. 1, 2 hrsg. von der Badischen Historischen Kommission, Innsbruck 1894, 1939; Franz Glasschröder, Über die Schicksale rheinpfälzischer Archive, in: Archivalische Zeitschrift 38, 3. Folge (1929) S.1-22
- Date of creation of holding
-
1173-1828
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
03.04.2025, 11:03 AM CEST
Data provider
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1173-1828