Bestand
061 - Hospital Neuhausen zu Horchheim (Bestand)
Vorwort: Abt. 61
Hospital Neuhausen zu Horchheim
Umfang:
44 Archivkartons, 15 lfm Rechnungsbände u. 5 lfm
Akten (= 246 Verzeichungseinheiten = 20 lfm)
Laufzeit: 1730 - 2005
Das Hospital
wurde 1729/30 vom Wormser Bischof Franz Ludwig von
Pfalz-Neuburg (1694-1732) in Form einer Stiftung
gegründet und mit reichem Besitz ausgestattet. In
einer Urkunde vom 22. August 1730 (Abt. 61 Nr. 112)
kauft der Bischof für 12000 Gulden das Hofgut und
ehemalige Kloster Liebenau mit einer dazugehörigen
Mühle und zahlreichen Besitzungen, um so den Bestand
der Stiftung zu gewährleisten. Vor seinem Tod
vermachte der Bischof einen großen Teil seines
Vermögens der Stiftung, um das neu erbaute
Hospitalgebäude zu vollenden, damit nun endlich auch
die Pfründner einziehen konnten. Aufgrund von
Kompetenzstreitigkeiten mit dem Domkapitel
verzögerte sich die Fertigstellung allerdings, so
dass erst 1749 die ersten Zöglinge (in der Regel
zwölf Waisenkinder aus dem Hochstift) aufgenommen
werden konnten. Zu Beginn der französischen Zeit
(1798), in der die Baulichkeiten zerstört wurden,
erfolgte die Umwandlung in ein Zivilhospital, das
mit anderen Hospitälern des Kantons Pfeddersheim
vereinigt wurde. Durch ein Dekret vom Jahre 1801
erlangte das Hospital Neuhausen nun seine
Selbständigkeit und den Namen zurück.
Verwaltungssitz wurde die ehemalige hochstiftische
Gemeinde Horchheim. Weiterhin wurden die 14
linksrheinischen Mitgliedsgemeinden festgelegt,
deren Bürger von den Geldern profitierten und deren
Gesandten die Verwaltungskommission bildeten. Diese
waren: Beindersheim, Bobenheim, Dirmstein,
Hettenheim, Leidelheim (später Hettenleidelheim),
Horchheim, Laumersheim, Mörsch, Neuhausen,
Neuleinigen, Rheindürkheim, Roxheim, Weinsheim und
Wiesoppenheim. Im Jahre 1855 wurde ein revidiertes
Stiftsstatut in Kraft gesetzt, das 1948 von einer
neuen Satzung abgelöst wurde.
Die Kosten
für die Waisenkinder trug das Hospital. Zunächst
wurde den Kindern der Schulbesuch ermöglicht, bevor
die Jungen im Alter von 14 Jahren ein Handwerk
erlernten. Das Hospital übernahm in diesem Fall die
Kosten für die Lehre und die Verpflegung im Hause
des Meisters. Den Mädchen wurde eine Anstellung
verschafft. Die anderen Pfründner des Hospitals, die
einer ständigen Unterstützung bedurften, waren
zumeist arbeitsunfähige und gebrechliche Menschen
oder Witwen, die nicht mehr ihre Kinder versorgen
konnten. Weiterhin gab es unständige Unterstützungen
für Personen, denen es zeitweise, z.B. wegen einer
schlechten Ernte, sehr schlecht ging. In diesen
Fällen nahmen die Schuldner Hypotheken auf, das Geld
musste wieder zurückgezahlt werden.
Das
frühere Spital existiert- unter der Aufsicht der
Hospitalkommission auf Grundlage eines aus
landwirtschaftlichen Flächen bestehenden
Hospitalvermögens in 20 Ortsgemarkungen in und um
Worms - als Stiftung bis heute fort.
Die
erste ausführliche Verzeichnung der Abt. 61 wurde
2008 vorgenommen. Ziel war zum einen eine
detaillierte Aufnahme des bisher nur grob nach
Aktentiteln verzeichneten Bestandes und zum anderen
eine Neuaufnahme von Rechnungsbüchern (1950-1994),
die erst im Februar 2007 als Abgabe der Stiftung im
Archiv eingegangen waren. Die Verzeichnung wurde
direkt in das Archivprogramm AUGIAS eingegeben. Der
Umfang beträgt 246 Verzeichnungseinheiten, dabei
wurden die das Finanzwesen betreffenden Amtsbücher
(z.B. Rechnungen) dekadenweise unter einer Signatur
zusammengefasst, wobei die einzelnen Bände durch
Unternummern gekennzeichnet wurden (z.B. Abt. 61 Nr.
228, 15).
Die Systematik des Bestandes
gliedert sich in vier übergeordnete
Verzeichnungsgruppen (Verwaltung; Armen-, Waisen-,
und Lehrlingsverzeichnisse; Finanzwesen; Akten nach
1945). Die Verwaltungsunterlagen liegen zum Teil in
gebundener Form vor. In den Büchern finden sich
vermischte Inhalte zu unterschiedlichen Bereichen
der Verwaltung. Sie wurden von der
Hospitalverwaltung hauptsächlich in zwei Gruppen
eingeteilt: Berichte und Protokolle, sowie
Verwaltungspapiere und Regierungsreskripte. Den
losen Verwaltungsakten lag ein Registraturplan
zugrunde, der sich in der Verzeichnungseinheit Nr.
142 befindet. Die Signaturen der Altregistratur
wurden vermerkt, da sie in der Literatur schon
zitiert worden sind.
Bei den
Verwaltungsunterlagen sind besonders im Hinblick auf
Gründung und Bestimmung der Stiftung folgende Akten
hervorzuheben: In der Verzeichnungseinheit Nr. 112
fand sich die Urkunde von 1730, in der Bischof Franz
Ludwig das Hofgut Liebenau für die neue Stiftung
erwarb. Dieser Vorgang, der in der Forschung stets
höchste Beachtung erfahren hat, jedoch ohne
Quellenangabe geblieben war, kann nun - nach
Auffinden der Urkunde in einer Verwaltungsakte -
problemlos zitiert werden. Weiterhin finden sich
unter Punkt 1.2.1 der Systematik Akten, die näher
auf die Organisation des Hospitals eingehen. Nr. 147
enthält eine Abschrift aus dem Staatsarchiv
Darmstadt (StA Darmstadt E 5 B Nr. 280), welche die
Zusammenlegung mit dem Spital zu Dirmstein (1778)
zum Gegenstand hat. In Nr. 121 finden sich dagegen
Schriftwechsel über die Bestimmung des Hospital nach
der erneuten Selbständigkeit 1801, sowie Abschriften
von Protokollen des Wormser Domkapitels aus dem 18.
Jh., welche Gründung, Einrichtung und Erbauung
betreffen. Die Gründungssatzung von 1801 befindet
sich in Nr. 105. Dort werden auch die
Rechercheergebnisse der Kommission zur Geschichte
des Hospitals mit Wiedergaben und Abschriften von
Quellenmaterial dokumentiert.
Neben den
Verwaltungsakten bilden die Armen-, Waisen- und
Lehrlingsverzeichnisse (1840-1924) eine weitere
wichtige Einheit des Bestandes. Hier finden sich
genaue Angaben zu Bedürftigen, deren Lebensumstände,
ergänzt durch standesamtlichen Auszüge. Deshalb sind
sie als Quelle für sozialgeschichtliche Forschung
von großer Bedeutung. Während die Armenverzeichnisse
die Unterstützungen einer jeweiligen Gemeinde
wiedergeben, fassen die Hospitalverzeichnisse alle
Gemeinden zusammen. Durch die erforderlichen
Unterschriften der Bürgermeister und Gemeinderäte
zur Genehmigung kann zudem die personelle Besetzung
der Ortsverwaltungen rekonstruiert werden.
Der umfangreichste Teil der Überlieferung im
Stadtarchiv besteht aus Amtsbüchern mit
Hospitalsrechnungen (1731-1993) und dazugehörigen
Belegen, sowie Hand- und Tagebüchern. In der
Klassifikationsgruppe ,Finanzwesen' schlägt sich die
gesamte Geschäftstätigkeit des Hospitals Neuhausen
nieder. Wie im Rechnungswesen üblich sind die
einzelnen Vorgänge durch entsprechende Nummern
miteinander verknüpft und so gut
nachzuvollziehen.
Ergänzende
Bestände:
Stadtarchiv Worms
-
Abt. 42 Gemeindearchiv Horchheim
- Abt.
44 Gemeindearchiv Neuhausen
- Abt. 46
Gemeindearchiv Weinsheim
- Abt. 47
Gemeindearchiv Wiesoppenheim
- Abt. 51
Gemeindearchiv Rheindürkheim
Hessisches
Staatsarchiv
- Abt. C 1 B Protokolle des
Wormser Domkapitels (als Microfiches im Stadtarchiv
Worms Abt. 210/7)
Literatur:
Illert, Friedrich M., Liebenau. Geschichte
eines Klosters und einer Landschaft,
(maschinenschr.) Worms 1928 [Handbibliothek
Stadtarchiv Worms].
Jürgensmeier,
Friedhelm (Hg.), Das Bistum Worms. Von der Römerzeit
bis zur Auflösung 1801, Würzburg 1997 (Beiträge zur
Mainzer Kirchengeschichte 5), S. 242f.
Penn, Otto H. A., Die Rechtsnatur des Hospitals
Neuhausen zu Horchheim. Eine rechtshistorische und
rechtsvergleichende Untersuchung des ehemaligen
Kollegiatstifts St. Cyriakus und seiner Nachfolger
in Worms-Neuhausen am Rhein, Diss. Mainz 1970.
Schalk, Joachim, Neuhausen in Geschichte und
Bildern, hg. v. Heimat- und Kulturverein Neuhausen
e.V., Worms 1996, S. 61-66.
Schmitt,
Hermann, Gottfried Neumayer, der letzte bischöfliche
Verwalter des Hospitals in Neuhausen bei Worms
(1773-97), in: Festschrift für Alois Thomas, Trier
1967, S. 373-383.
Worms, August
2008
Marco Birn - Studentischer
Praktikant
Stadtarchiv Worms
Zitierhinweis:
Abt. 61
Erschließungszustand, Umfang: Augias-Datei
(Neuverz. 8/2008)
- Bestandssignatur
-
Stadtarchiv Worms, 061
- Kontext
-
Stadtarchiv Worms (Archivtektonik) >> Schulen und Wohlfahrtseinrichtungen
- Bestandslaufzeit
-
1730-2005
- Weitere Objektseiten
- Letzte Aktualisierung
-
15.12.2023, 14:57 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1730-2005