Bestand

Städte (Bestand)

Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.

Vorbemerkung

Historischer Hintergrund:

Wie im deutschen Kolonisationsgebiet des Mittelalters üblich, wurden auch die ostpreußischen Städte meist vom Landesherrn gegründet, das heißt hier, vom Deutschen Orden. Mit der Gründung war in der Regel die Anlage einer Burg verbunden, deren zweckmäßige Anlagen die Struktur des Landes prägten. Die jeweilige Burg befand sich nicht in der Stadt, sondern daneben und war durch Wall und Graben von dieser getrennt. In der Nähe oder an der Stadtmauer stand die Pfarrkirche - oft gleichzeitig ein Wehrbau. Die Mitte der Siedlung bildete der Markt, in dessen Mitte wiederum das Rathaus stand. Die Straßen zweigten rechtwinklig von den Ecken des Marktes und seiner Häuserblocks zur Stadtmauer ab und wurden je nach Größe und Bedarf von Querstraßen durchschnitten.
Aus Marktständen entwickelten sich feste Marktbuden, später wurden daraus Werkstätten und Kontore. Somit entstand ein Nebeneinander einer gegründeten - dem ältesten Teil der Siedlung - und einer gewachsenen Stadt (Vorstadt), die oft selbst Stadtrecht erlangte.
Jede Stadt im Ordensland lag im Schutz einer Ordensburg, die insbesondere dem Schutz der Wehrlosen diente. In den frühneuzeitlichen Städten ersetzte man die Burgbauten oft durch moderne Festungsbauten "im italienischen Stil", in deren Bastionssysteme die Städte immer mehr mit einbezogen wurden. Im Zuge der Industrialisierung folgten weitere Eingriffe in die gewachsene Struktur der Städte.[1]

Der Deutsche Orden sah sich als der Eigentümer und unbeschränkter Herr seines Landes, der die Regelung der Besitz- und Rechtsverhältnisse seiner Untertanen nach eigenem Ermessen vornehmen konnte. Rechtsgrundlagen der Landesbewohner entstammten daher nicht hergebrachten und ererbten Rechten, sondern Privilegien, die vom Orden als Landesherrn an Gemeinden, Städte oder Einzelpersonen verliehen wurden.[2]
Für die Rechtsprechung der Judices sollte das Magdeburger Stadtrecht maßgebend sein. Daraus abgeleitet wurde das Kulmische Recht, welches sich über das ganze Ordensland ausbreitete.[3]

Mit dem Erlass der Städteordnung im Zuge der Stein-Hardenbergschen Reformen erfolgte ab dem 19. November 1808 die Einführung der kommunalen Selbstverwaltung der Städte im ganzen Staatsgebiet. Durch veränderte territoriale und politische Voraussetzungen wurden notwendige Anpassungen in der revidierten Städteordnung von 1831 berücksichtigt.[4]


Bestandsgeschichte:

Auf welchem Wege die Überlieferung der verschiedenen ostpreußischen Städteüberlieferungen in das Staatsarchiv Königsberg gelangt ist, lässt sich aufgrund der in den Wirren des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit verloren gegangenen dortigen Dienstregistratur nicht mehr detailliert nachvollziehen. Im Kontext der Archivpflege erfolgte bereits nach dem Ersten Weltkrieg die Übernahme von Deposita von Städten, Gemeinden und Kirchen durch das Staatsarchiv Königsberg.[5] Laut den erhalten gebliebenen Monats- und Jahresberichten an die Preußische Archivverwaltung gab es im Jahre 1936 Zugänge der Stadt Tilsit.[6] Erschließungsarbeiten an den Städte-Deposita Liebstadt, Marggrabowa, Mohrungen, Nikolaiken, Rößel und Seeburg lassen sich im Zeitraum von 1937 bis 1939 nachweisen.[7]
Leider umfassen die Angaben keinerlei Informationen über den Umfang der einzelnen Städteüberlieferungen, so dass Verluste zum heutigen Stand nicht abzuschätzen sind. Der Bestandsübersicht des Staatsarchivs Königsberg zufolge waren 1955 nur noch "bedeutende Reste" [8] vorhanden.
Im Rahmen der Verlagerung ausgewählter Bestände, Nachlässe und Sammlungen des Staatsarchivs Königsberg zum Ende des Zweiten Weltkrieges gelangten auch die vorliegenden Archivalien über verschiedene Stationen schließlich in das Archivlager Göttingen und von dort 1978/79 in das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. Verschiedene spätere Abgaben aus der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, dem Bundesarchiv und 1991 aus dem Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg, führten zur Ergänzung des Bestandes.

Für das vorliegende Findbuch wurden die bestehenden Verzeichnungen [9] im Jahre 2016 überarbeitet, klassifiziert und durch Indizes erschlossen. Nicht mehr gebräuchliche Begriffe im Aktentitel wurden modernisiert, wobei die ursprüngliche Bezeichnung in Klammern gesetzt ist. Parallel zu den Erschließungsarbeiten erfolgte die magazintechnische Bearbeitung. Die Akten wurden mit Mappen und neuen Signaturschildern versehen sowie in Archivkartons verpackt.

Im Zeitraum 2021/2022 wurden im Zuge einer Bestandsbearbeitung der Pergamenturkunden und der Ordensfolianten städtische Provenienzen ermittelt und in die vorliegende Überlieferung eingearbeitet: 3 Amtsbücher und 199 Urkunden.

Verweis auf weitere Bestände des GStA PK:

- XX. HA Historisches Staatsarchiv Königsberg, Rep. 150 Innungen
- XX. HA Historisches Staatsarchiv Königsberg, Ostpreußische Folianten
- XX. HA Historisches Staatsarchiv Königsberg, Oberratsstube, Preußische Regierung, Ostpreußisches Etatsministerium
- XX. HA, Allgemeine Kartensammlung des Historischen Staatsarchivs Königsberg
- I. HA Geheimer Rat, Rep. 7 Preußen
- II. HA Generaldirektorium, Abt. 7 Ostpreußen, Städteverwaltung (IV)
- I. HA Rep. 77 Ministerium des Innern, IV. Kommunalabteilung.


Quellen- und Literaturauswahl:

- GStA PK, I. HA Rep. 178 Generaldirektion der Staatsarchive, Nr. 2420: Monats- und Jahresberichte des Staatsarchivs Königsberg, Band 23, 1929 - 1944.
- GStA PK, I. HA Rep. 178 Generaldirektion der Staatsarchive, Nr. 2868: Jahresbericht des Staatsarchivs Königsberg für 1944
- Forstreuter, Kurt: Das Preußische Staatsarchiv in Königsberg: ein geschichtlicher Rückblick mit einer Übersicht über seine Bestände. Göttingen, 1955.
- Schreiber, Ottomar: Die ostpreußische Stadt, in: Ostpreußen. Die Städte (Merian: die Lust am Reisen, 6,3). Hamburg, 1953
- Schumacher, Bruno: Geschichte Ost- und Westpreußens. Augsburg, 1994.
- Sachse, Christian: Das Archivgut der Altertumsgesellschaft Insterburg im Geheimen Staatsarchiv, in: Preußenland 1993, Nr. 1.


Formalangaben:

Letzte vergebene Nummer*: 701
(* bei Signierung nach nc)
Umfang (in laufenden Metern): 13
Lagerungsort: Dahlem
Die Akten sind auf weißen Leihscheinen wie folgt zu bestellen:
XX. HA, Rep. 150 Städte, Nr. #
Zitierweise:
XX. HA Historisches Staatsarchiv Königsberg, Rep. 150 Städte, Nr. #





Berlin, 21. Februar 2022 (Constanze Krause M.A.; Archivamtsrätin)

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Endnoten:
[1] Schreiber, Ottomar: Die ostpreußische Stadt, in: Ostpreußen. Die Städte (Merian: die Lust am Reisen, 6,3). Hamburg, 1953, Seite 3 - Seite 10.
[2] Schumacher, Bruno: Geschichte Ost- und Westpreußens. Augsburg, 1994, Seite 67.
[3] Ebenda, Seite 83.
[4] Ebenda, Seite 243 - Seite 244.
[5] Forstreuter, Kurt: Das Preußische Staatsarchiv in Königsberg: ein geschichtlicher Rückblick mit einer Übersicht über seine Bestände. Göttingen, 1955, Seite 85.
[6] Stadt Tilsit hat die umfangreichste Überlieferung mit 164 Verzeichnungseinheiten (VE).
[7] GStA PK, GStA PK, I. HA Rep. 178 Generaldirektion der Staatsarchive, Nr. 2420, Nr. 2868.
[8] Vgl. Anmerkung 5, Seite 100.
[9] 1994 erfolgte die Verzeichnung des Magdeburger Zuganges von 1991 unter der Bestandsbezeichnung: XX. HA Historisches Staatsarchiv Königsberg, Rep. 150 Stadt Insterburg und Altertumsgesellschaft Insterburg. Bei der 2016 durchgeführten Neuverzeichnung wurde die Überlieferung der Stadt Insterburg (128 VE) in die Städteüberlieferung eingearbeitet und somit doppelt vergebene Bestellsignaturen beseitigt. Die Überlieferung der Altertumsgesellschaft Insterburg wird heute als eigenständiger Bestand GStA PK, XX. HA Historisches Staatsarchiv Königsberg, Rep. 153 Altertumsgesellschaft Insterburg archiviert.




Zitierweise: GStA PK, XX. HA, Rep. 150 Städte

Bestandssignatur
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, XX. HA Rep. 150 Städte XX. HA, Rep. 150 Städte
Umfang
Umfang: 13 lfm (701 VE); Angaben zum Umfang: 13 lfm (701 VE)
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Tektonik >> TERRITORIALÜBERLIEFERUNGEN, PROVINZIAL- UND LOKALBEHÖRDEN >> Preußenland / Ostpreußen >> Ostpreußische halb- oder nichtstaatliche Provenienzen >> Kommunale Einrichtungen

Bestandslaufzeit
Laufzeit: 1297 - 1961

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Letzte Aktualisierung
28.03.2023, 08:52 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • Laufzeit: 1297 - 1961

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