Bestand
Vereinigte Kaufmannschaft Frankfurt (O) (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Vorwort
Tektonikgruppe:
2.1 Berufsständische Organisationen
Bestandsnummer:
StAFF 1-201
Laufzeit:
1810-1890
Bestandsart:
Akten und Amtsbücher
Während der napoleonischen Kriege bildeten sich in einigen Städten im französischen Einflussgebiet Handelskammern ("Chambre de Commerce"). Wann sich in Frankfurt (Oder) die Kaufleute zu einer Organisation zusammenschlossen ist unklar. Unterlagen zur Gründung der "Vereinigten Kaufmannschaft" beginnen erst im Jahr 1832 mit der Korrespondenz mit Kaufmannsvereinigungen in anderen Städten. Ab diesem Zeitpunkt sind Sitzungsprotokolle sowie ein erster Entwurf eines Regulativs vom 10.10.1834 überliefert. Weil die Namensverzeichnisse jedoch mit der älteren, im Jahr 1820 abgewickelten, ständischen Gilde der Gewandschneider und Kaufleute, identisch sind, und auch Eintragungen in deren letzten Protokollbuch erfolgten, ist von einer Kontinuität der Vereinigung der Kaufleute im Rahmen des Vereinsrechts nach den Preußischen Reformen auszugehen. Das ausgearbeitete Statut wurde 1850 von der Generalversammlung der Vereinigten Kaufmannschaft genehmigt. Seit 1861 liegen auch Geschäftsordnungen für den Vorstand und die Kommissionsmitglieder vor.
Die Vereinigte Kaufmannschaft vertrat die Interessen der Handeltreibenden. In den 1840er Jahren verhandelte die Kaufmannschaft um die Besteuerung von Handelsgütern, setzte sich für die Abschaffung der Diskretionsgelder ein, förderte die Dampfschifffahrt oder bemühte sich um den Anschluss Frankfurts an das Eisenbahnnetz. Die Vereinigte Kaufmannschaft war zuständig für die Berufsausbildung und organisierte die Prüfung der Lehrlinge und Kaufmannsgehilfen. Sie war mildtätig, unterstützte bedürftige Mitglieder und deren Hinterbliebenen, spendete für die Hansestadt Hamburg nach dem Großen Brand, beteiligte sich mit Spenden an der Humboldt-Stiftung für Naturforschung oder für die Errichtung eines Monuments für den sogenannten "Vater der Gewerbeförderung", dem preußischen Ministerialbeamten und Mitglied des Staatsrats, Christian Peter Wilhelm Beuth. Die Kaufmannschaft wirkte an den Planungen der Huldigungsfeier anlässlich des Regierungsantritts des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. im Jahr 1840 mit oder trug die Kosten für den Empfang von König Wilhelm I. und Königin Augusta von Preußen in Frankfurt anlässlich des Regierungsantritts im Jahr 1861.
Entsprechend des Beschlusses der Generalversammlung der Vereinigten Kaufmannschaft aus dem Jahr 1891, sind die Unterlagen an das Stadtarchiv abgegeben worden. Die Überlieferung reißt danach ab. Möglicherweise haben Unterlagen im Gebäude der Kaufmannschaft den Zweiten Weltkrieg nicht überstanden oder haben vor Ort größere Kassationen stattgefunden. Zudem ist durch Allerhöchsten Erlass vom 10.08.1863 die Handelskammer Frankfurt (Oder) als Nachfolgeorganisation gegründet worden, die viele Aufgaben der Vereinigten Kaufmannschaft übernahm. In der Festschrift zum 50jährigen Bestehen der Handelskammer wurde die um 15 Jahre verspätete Gründung in Frankfurt damit begründet, dass es in Frankfurt bereits eine Interessenvertretung der Handeltreibenden durch die Vereinigte Kaufmannschaft gegeben habe. Die Gründung der Handelskammer, entsprechend dem Gesetz vom 29.01.1848, sei von der Vereinigten Kaufmannschaft ausgegangen, weil es ihr auf der Grundlage des Vereinsrechts an der notwendigen Durchsetzungskraft von Beschlüssen mangelte (Vgl. M. Beudel: Festschrift zum 50jährigen Bestehen der Handelskammer für Frankfurt an der Oder und die Neumark 1863-1913, Frankfurt (Oder), 1913). Von dieser späteren Industrie- und Handelskammer ist im Brandenburgischen Landeshauptarchiv lediglich eine Akte zur Ausbildung und Prüfung mit der Laufzeit 1941-1946 erhalten. Insofern ist von großen Überlieferungslücken für das 19. und 20. Jahrhunderts auszugehen. In der Überlieferung des Magistrats befinden sich weitere Archivalien mit Materien zur Vereinigten Kaufmannschaft sowie zur ständischen Kaufmannsgilde als Vorgängerorganisation. Sitzungsprotokolle und Beschlüsse der Handelskammer sind in der Frankfurter Oderzeitung abgedruckt worden.
Stadtarchivarin Elfriede Schirrmacher verzeichnete den Bestand im Jahr 1958 auf Karteikarten. Anfang der 1990er Jahre erfolgte die Übertragung der Kartenkartenerschließung durch ABM-Kräfte in die Archivdatenbank. Dabei sind Eingabefehler gemacht worden. Im Jahr 2021 ist die Erschließung von Dr. Denny Becker überarbeitet worden. Klassifikation, Titel und Enthältvermerke mussten größtenteils neu erstellt werden. Der Bestand weist teils starke Kriegsbeschädigungen auf. Mit Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien ist der Bestand im Jahr 2021 digitalisiert worden.
Frankfurt (Oder), im August 2021
Dr. Denny Becker
(Wissenschaftlicher Archivar)
Zitierweise: Bestandsnummer zzgl. Archivaliensignatur, bspw.: StAFF 1-201 BA I Tit. 26 Nr. 1
- Bestandssignatur
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StAFF 1-201
- Umfang
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0,75 lfd. Meter = 44 AE
- Kontext
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Stadtarchiv Frankfurt (Oder) (Archivtektonik) >> Organisationen, Vereine und Verbände >> Berufsständische Organisationen
- Weitere Objektseiten
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- Letzte Aktualisierung
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17.06.2025, 10:21 MESZ
Datenpartner
Stadtarchiv Frankfurt (Oder). Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand