Bestand
Landvogtei an der Jagst, Öhringen (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Zur Geschichte der Landvogteien und zum Bestand vgl. Angaben bei Beständegruppe und im Findbuch.
Vorbemerkung: Mit dem Organisationsmanifest von 1806 hatte König Friedrich den Verwaltungsaufbau des gesamten Landes unter Einschluß der bisher selbständig verwalteten neuwürttembergische Gebiete durch die Schaffung von insgesamt 12 Kreisämtern zu vereinheitlichen gesucht. Weitere Grenzbereinigungen mit Baden und Bayern in den Jahren 1809 und 1810 bewirkten Ende Oktober 1810 eine Regierungs- und Verwaltungsumbildung auf mittlerer Ebene, indem jetzt durch die Einrichtung von zwölf Landvogteien, die den bisherigen Kreisen in geänderter geographischer Einteilung entsprachen, noch deutlicher als zuvor dem Vorbilde der französischen Provinzialbehördenstruktur gefolgt wurde. An der büromäßigen Oberaufsicht über die Verwaltung, die im wesentlichen durch die Oberämter ausgeübt wurde, änderte sich freilich ebensowenig wie an der begrenzten Kompetenz des Landvogtes bzw. bisherigen Kreishauptmannes selbst, der im Grunde nur eine Vermittlungsfunktion zwischen eigentlicher Regierung und (unterer Verwaltungsebene versah. Wirklich regierende Mittelinstanzen mit einem bisher ermangelnden, ausreichenden Verwaltungsapparat wurden erst mit Edikt vom 18. November 1817 durch die Bildung der vier Kreisregierungen geschaffen. Das Kreisamt Öhringen entstand als Ausnahmeerscheinung freilich erst durch die Kreisreform des Jahres 1807, die zwar die Gesamtzahl der Kreise beibehielt, aber - bedingt durch den nochmaligen Gebietszuwachs im Laufe des Jahres 1806 - deren territorialen Bestand großenteils völlig neuordnete bzw. umverteilte. Die aus ehemals hohenloheschen Besitzungen gebildeten Oberämter Neuenstein und Nitzenhausen samt ihren Patrimonialämtern schlossen sich zu diesem neuen Kreise mit dem schon bestehenden Oberamt Schöntal, das bisher zum Kreisamt Heilbronn gehörte, zusammen. Diesem war Schöntal, das bereits 1802/03 an Württemberg gefallen war und seitdem der kurfürstlichen Landvogtei Heilbronn angehörte, im Jahre 1806 zugeteilt worden. Nachdem noch das ehemalige Oberamt Möckmühl, welches ebenfalls vom Kreisamt Heilbronn abgetreten wurde, im Oberamt Schöntal 1808 aufgegangen war, hatte schon im Jahre 1809 der Anfall des Deutschordensmeistertums Mergentheim an Württemberg eine erneute Umbildung des Kreisamtes Öhringen zur Folge. Die bisherigen Oberämter Neuenstein und Nitzenhausen wurden aufgelöst und deren Besitzstand auf die neugeschaffenen Oberämter Ingelfingen, Mergentheim und Öhringen, das nun zugleich Sitz des Kreisamts und eines Oberamts wurde, aufgeteilt. Für das bisherige Kreisamt Öhringen erbrachte die im Herbst 1810 erfolgte Umbildung zur neuen Landvogtei an der Jagst eine abermalige, umfangreiche Umstrukturierung: Das Oberamt Schöntal, das Möckmühl an das Oberamt Neckarsulm der Landvogtei Heilbronn verlor, trat mit seinen Resten zum neugeschaffenen Oberamt Künzelsau, das große Teile des bisherigen Oberamts Ingelfingen umfaßte. Neu gebildet wurde zudem das (kurzlebige) Oberamt Blaufelden, dessen Hauptort - früher ansbachisch - 1806 bayerisch und erst 1810 württembergisch geworden war, und das außer Blaufelden noch Teile des ehemaligen Oberamts Ingelfingen und des Oberamts Mergentheim erhielt, welches unter Zuteilung des zuletzt bayerischen Creglingen weiterbestand. Im November 1810 trat das infolge des Staatsvertrages vom 18. Mai 1810 von Bayern an Württemberg abgetretene Gerabronn ebenfalls zum Oberamt Blaufelden, um schließlich im Sommer 1811 dessen Verwaltungssitz zu übernehmen. Neben dem leicht verändert weiterbestehenden Oberamt Öhringen umfaßte die Landvogtei zusätzlich noch das Oberamt Hall, welches zuletzt dem Kreisamt Ellwangen zugehört hatte. Diese stetige, kaum überschaubare territoriale Entwicklung und verwaltungsmäßige Umstrukturierung, die von drei Oberämtern des früheren Kreisamtes Öhringen zu fünf Oberämtern der Landvogtei an der Jagst führte, scheint erst gegen Ende 1811 endlich zur Ruhe gekommen zu sein. Bis zur Auflösung der Landvogtei im Jahre 1817 umfaßte diese also nun die Oberämter Gerabronn, Hall, Künzelsau,Mergentheim un d Öhringen. Als im November 1817 die Kreisregierung Ellwangen als neue, mit größeren Befugnissen als die Landvogtei an der Jagst ausgestattete Mittelinstanz geschaffen wurde, übernahm diese - mehr oder weniger vollständig - die Registraturen der Kreisämter bzw. königlichen Landvogteien ihres Sprengels. Soweit für fortdauernde Verwaltungsvorgänge erforderlich und nützlich fanden entsprechende Akten der Vorprovenienzen Eingang in die neuformierten Aktenrubriken der Kreisregierungen. Anderes, was als abgeschlossen oder für weitere Verwaltungsaufgaben unwesentlich erachtet wurde, fiel bei der Kreisregierung Ellwangen in den Jahren 1839/40 in großem Umfange der Vernichtung anheim. Nur wenige Überlieferungsreste - teilweise auch aus früheren Ablieferungen an das Archiv des Innern - haben sich erhalten, von denen ein Teil gegen Ende der 30er Jahre provisorisch verzeichnet wurde. Erst nachdem die Auflösung des relativ umfangreichen Mischbestandes unverzeichneter Landvogteibestände (D 71 - D 82), die Überprüfung lokalpertinenter Oberamtsbestände der H-Serie sowie der nach 1802 angefallenen, noch bei Bestand B 503 II (Kloster Schöntal, Akten) befindlichen Akten überwiegend des Oberamtes Schöntal (der kurfürstlichen Landvogtei Heilbronn) die relative Sicherheit erbracht hatten, daß keine weiteren Akten der (königlichen) Landvogtei an der Jagst aus den in Ludwigsburg vorhandenen Beständen herausgezogen werden konnten, wurde die endgültige Bearbeitung des schon im Dezember 1996 fertig verzeichneten Bestandes, der nunmehr 22 Büschel im Umfange von 0,2 lfd.m. Umfaßt, abgeschlossen. - Die Erstellung der EDV-gestützten Reinschrift lag wie immer in den bewährten Händen von Frau Hildegard Aufderklamm. Ludwigsburg, im Februar 1997 (Norbert Stein)
Literatur: Alfred Dehlinger, Württembergs Staatswesen in seiner geschichtlichen Entwicklung bis heute, Bd. 1,Stuttgart 1951, § 51 Walter Grube, Vogteien, [mter, Landkreise in der Geschichte Südwestdeutschlands, hrsg. vom Landkreistag Baden-Württemberg, Stuttgart 1960, S. 63 f. Königlich Württembergische Hof- und Staatshandbücher, Stuttgart 1807ff. Friedrich Wintterlin, Geschichte der Behördenorganisation in Württemberg, Teil 1, Stuttgart 1902, S. 229ff.
- Reference number of holding
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, D 77
- Extent
-
22 Büschel (0,2 lfd. m)
- Context
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Behörden der Übergangszeit um 1803-um 1817 >> Bezirksbehörden >> Landvogteien
- Date of creation of holding
-
(1799) 1807-1816
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rights
-
Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Last update
-
18.04.2024, 10:40 AM CEST
Data provider
Landesarchiv Baden-Württemberg. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- (1799) 1807-1816