Collection article | Sammelwerksbeitrag

Biographische Methode

Die Biographieforschung, die mit niedergeschriebenen oder in Interviews erzählten Lebensgeschichten arbeitet, ist in den Sozial- und Humanwissenschaften längst nicht mehr nur eine Methode unter anderen. Sie hat sich insbesondere in der Soziologie (Fischer-Rosenthal 1991; Fuchs-Heinritz 1998) und in den Erziehungswissenschaften (Krüger & Marotzki 1999) mittlerweile zu einer Teildisziplin mit allgemeintheoretischem Anspruch etabliert. Auch in den Geschichtswissenschaften hat die Oral History, deren VertreterInnen biographische Interviews als weitere Quelle für ihre Analyse historischer Epochen nutzen und meist auch mit narrativ-interpretativen Methoden arbeiten (vgl. v. Plato 1998; Sieder 1999), zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dagegen fehlt es der Biographieforschung in der Psychologie – insbesondere in der deutschen akademischen Psychologie – noch weitgehend an Anerkennung. Dies geht auf den positivistischen Mainstream der Psychologie zurück, die sich weit mehr an den Naturwissenschaften als an den Traditionen verstehender und hermeneutischer Ansätze orientiert. So ist es auch nicht erstaunlich, dass die Diskussion um biographische Methoden in der Psychologie häufig noch mit dem Anspruch auf Repräsentativität und numerische Verallgemeinbarkeit, die auf der Häufigkeit des Auftretens eines Phänomens beruht, geführt wird. Dies manifestiert sich vor allem bei der Auswertung von zunächst noch offen oder halbstandardisiert erhobenen "Daten", bei denen – z.B. von Hans Thomae - eine Verknüpfung qualitativer mit quantitativen Verfahren zum Ziel der Verallgemeinerung angestrebt wird. Thomae (1991, S. 522) integrierte bereits Mitte der 50er Jahre biographische Daten in seine Analysen und reagierte damit zu Recht auf ein Defizit an genetischen Konzepten. Andererseits disqualifiziert er aufgrund seiner quantitativen Grundorientierung die interpretative Biographieforschung als "essayistisch" und "neudeutsch".

Biographische Methode

Urheber*in: Rosenthal, Gabriele

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Alternative title
Biographical method
ISBN
3-499-55640-5
Extent
Seite(n): 266-275
Language
Deutsch
Notes
Status: Veröffentlichungsversion; begutachtet

Bibliographic citation
Psychologie: ein Grundkurs; Rororo: Rowohlts Enzyklopädie (55640)

Subject
Sozialwissenschaften, Soziologie
Erhebungstechniken und Analysetechniken der Sozialwissenschaften
historische Entwicklung
Methodologie
Sozialwissenschaft
narratives Interview
Psychologie
Biographie
Forschung
biographische Methode
Lebenslauf
Oral History
Interpretation
Daten
deskriptive Studie
Dokumentation

Event
Geistige Schöpfung
(who)
Rosenthal, Gabriele
Event
Herstellung
(who)
Keupp, Heiner
Weber, Klaus
Event
Veröffentlichung
(who)
Rowohlt-Taschenbuch Verl.
(where)
Deutschland, Reinbek bei Hamburg
(when)
2001

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-57662
Rights
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Last update
21.06.2024, 4:27 PM CEST

Data provider

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Object type

  • Sammelwerksbeitrag

Associated

  • Rosenthal, Gabriele
  • Keupp, Heiner
  • Weber, Klaus
  • Rowohlt-Taschenbuch Verl.

Time of origin

  • 2001

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