Plakat

Die Sünde des Lulatsch. Burlesk-Operette von Jean Gilbert

Die „femme fatale“, die erotisch-verführerische Frau, die Männern Unheil bringt, taucht als Typus schon in antiken und biblischen Erzählungen auf – ob als Circe, Delila oder Eva. In Anlehnung an Franz von Stucks Gemälde „Die Sünde“ von 1893 reproduziert Hans Rudi Erdt in dieser Plakatwerbung für eine Operette das stereotype Bild und liefert damit einen initialen Gedankenimpuls: Wer über Frauendarstellungen und Werbung spricht, kommt um den Begriff der „Verführung“ quasi im doppelten Sinne nicht herum. Markante Typografie und klare Formgebung prägen die Handschrift des Gestalters Hans Rudi Erdt. 1908 von München nach Berlin gezogen, gilt Erdt als Mitbegründer des Berliner Sachplakats, einem neuen Reklametypus des frühen 20. Jahrhunderts. Trotz grafischer Sachlichkeit verzichtet Erdt in seinen Werbeplakaten für Produkte oder Veranstaltungen jedoch nicht auf figurative und erzählerische Elemente: Herren in Anzügen oder Schirmkappen werben für Zigaretten, Rennautos und Sportausrüstung, eine elegant gekleidete Frau genießt Sekt an einer Bar, ein Seemann kündigt eine Schiffbau-Ausstellung an. In den Jahren 1915 bis 1918 stellte Erdt seine Arbeit auch in den Dienst der Kriegsmaschinerie: Es entstanden zahlreiche Plakate für propagandistische Filme. Hans Rudi Erdt arbeitete seit 1908 für die „Kunstanstalt Hollerbaum und Schmidt“, eine Berliner Druckerei und Werbeagentur, die wegweisend für den Umbruch zur Moderne in der Plakatgestaltung und Druckgrafik war. Gegründet 1897 von Erich Gumprecht, etablierte sie eine neue Form der Werbung in Deutschland. Vom Entwurf bis zum fertigen Druckerzeugnis bot Hollerbaum und Schmidt erstmals alle reklamerelevanten Dienstleistungen gebündelt an. Erfolg brachte vor allem eine weitere Innovation: Die Kunstanstalt nahm moderne, junge Plakatkünstler*innen unter Vertrag, die exklusiv für sie arbeiteten und ihren Stil prägten. So entwickelte sich das Berliner Sachplakat – eine ornamentfreie Gestaltungsart, die auf Fernwirkung abzielte. Vor meist einfarbigem Hintergrund treten die Motive klar hervor und konzentrieren die Aussage des Plakats. Die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin besitzt rund 3600 Originalplakate aus den Jahren 1840 bis 1914, darunter über 80 von Hans Rudi Erdt. Dieser herausragende Bestand, an dem sich die Vielfalt der Plakatkunst an den Übergängen von Historismus zu Jugendstil und Sachplakat ablesen lässt, konnte 2021 vollständig digitalisiert und online gestellt werden. Das Digitalisierungsprojekt wurde durch die Deutsche Digitale Bibliothek im Rahmen des von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) geförderten Programms NEUSTART KULTUR ermöglicht. (Text: Christina Dembny)

Fotograf*in: Dietmar Katz

Public Domain Mark 1.0 Universell

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Standort
Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin, BerlinDeutschland, BerlinDeutschland
Sammlung
Grafikdesign
Inventarnummer
14062498
Maße
Höhe x Breite: 70,4 x 93,9 cm
Material/Technik
Druckfarbe auf Papier;
Inschrift/Beschriftung
H R ERDT (gedruckt, unten links)
DIE SÜNDE / DES LULATSCH // Burlesk-Operette / von Jean Gilbert.
HOLLERBAUM & SCHMIDT BERLIN N 65 (unten rechts)

Klassifikation
Plakat (RIA:Sachbegriff)
Bezug (was)
Operette, Musical, Singspiel
Eva (nicht im biblischen Kontext)
Schlangen

Ereignis
Entwurf
(wer)
Ereignis
Herstellung
(wer)
(wann)
um 1904

Förderung
Die Digitalisierung wurde gefördert durch die Deutsche Digitale Bibliothek aus Mitteln des Programms „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Rechteinformation
Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin
Letzte Aktualisierung
25.03.2025, 08:39 MEZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Plakat

Entstanden

  • um 1904

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