Bestand

Gutsarchiv Unterdeufstetten: Pfeil'sches Fideikommissarchiv (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
Das Rittergut Unterdeufstetten, das 1784 an die Familie von Seckendorff kam, wurde in dem von dem kurtrierischen Kammerherrn Alexander von Seckendorff-Gutend begründeten Familienzweig weitervererbt und kam nach dessen Aussterben im Mannesstamm an die Familie von Praun.

Inhalt und Bewertung
Der Bestand enthält den privaten und dienstlichen Nachlass des Freiherrn Christoph Karl Ludwig von Pfeil (1712-1784), vor allem aus seiner Tätigkeit als württembergischer Reichstagsgesandter und preußischer Gesandter für den Schwäbischen und Fränkischen Reichskreis sowie seine literarischen Manuskripte.

1. Zur Biographie des Freiherrn von Pfeil: Am 20.1.1712 wurde Christoph Karl Ludwig von Pfeil als Sohn des Quirin Heinrich von Pfeil und der Anna Beate von Breitschwert in Grünsfeld in der Grafschaft Leiningen in der Pfalz geboren. Nach dem Besuch der Schule in Magdeburg nach dem Tod des Vaters und der Universitäten Halle und Tübingen, wo sein Vater als Oberamtmann gewirkt hatte, wurde er durch seine ältere Schwester Louise Amalie an den Pietismus herangeführt und galt seitdem als "Erweckter". 1731 wurde er Legationssekretär beim württembergischen Reichstagsgesandten und heiratete am 12.10.1734 Anna Maria Fürst von Kupferberg. Der Ehe entstammten drei frühverstorbene Kinder und die drei Töchter Sabine Magdalene, verheiratete Metz, Dorothea Marie Magdalene, verheiratete Seckendorff (in zweiter Ehe) und Beate Louise, verheiratete von Soden. Nach Tätigkeit als Regierungsrat in Stuttgart seit Ende 1737 wurde er 1745 Präsident des Tutellarrats (bis 1755) und wirkte von 1749-1753 als Comitialgesandter in Regensburg, wo er den württembergischen Angriff auf die Rechte der Reichsritter zu vertreten hatte. Nach einer längeren Erkrankung wurde er württembergischer Kreistagsgesandter beim Schwäbischen Kreis in Ulm und avancierte bis 1759 zum Geheimen Rat. 1761 erwarb er das der Reichsritterschaft immatrikulierte Rittergut Unterdeufstetten und wurde 1765 Mitglied der Reichsritterschaft. Auf eigenen Wunsch schied er im April 1763 aus dem württembergischen Dienst und wurde von Friedrich II. von Preußen zum Geheimen Rat und akkreditierten Gesandten - bevollmächtigten Minister - beim Fränkischen und Schwäbischen Kreis bestellt. In dieser Funktion war er u.a. für die Anwerbung von Kolonisten für die preußische Ansiedlung an Oder, Netze und Warthe und die preußische militärische Werbung im deutschen Südwesten zuständig. Auch intervenierte er in zahlreichen Forderungsangelegenheiten von Auswanderern, Soldaten und sonstigen Privatpersonen. Die Verleihung des preußischen Roten Adlerordens und die kaiserliche Bestätigung des Freiherrnstandes stärkten das Selbstbewußtsein des Freiherrn. Während seines ganzen Lebens unterhielt er Kontakte zu Herrnhut und zu "Erweckten" und betätigte sich als vorwiegend religiöser Dichter. So gab er mehrere Gesangbücher - das erste erschien 1741 - heraus, paraphrasierte aber auch die Psalmen und große Teile der Bibel. In patriarchalischen Formen verwaltete er seine Gutsherrschaft und wachte sorgfältig über seine Rechte gegenüber den mächtigen Nachbarn. Am Aufbau von Fabriken und Gewerben war er interessiert und förderte die Ansiedlung von Juden (vgl. PL 20 III Gutsverwaltung 1761-1848). Pfeil starb am 14. Februar 1784 und wurde in der Schloßkapelle zu Unterdeufstetten beigesetzt. Seine Witwe starb 1796. Sein Erbe trat sein Schwiegersohn Alexander von Seckendorff an.

2. Zur Verzeichnung und Ordnung des Bestands: Der private und dienstliche Nachlaß des Freiherrn von Pfeil wurde im 19. Jahrhundert grob sortiert und in einheitlich beschriftete Umschläge gelegt, ein Verzeichnis darüber angelegt. Die einzelnen Schriftstücke wurden mit Bleistift durchnummeriert. Der Bestand wurde als "Pfeil'sches Fideikommißarchiv" - im Unterschied zur Gutsverwaltung - bezeichnet. Schon ein flüchtiger Blick zeigte, daß diese "Ordnung" nur ein verpacktes Chaos darstellte, weil der Durchführende keine ältere Schrift lesen konnte und deshalb nahezu willkürlich disparate Schriftstücke unter einem oft irreführenden Titel zusammenfaßte. Einzelne Lagen mehrblättriger Schriftstücke fanden sich in verschiedenen Büscheln wieder, Teile der Privatkorrespondenz in den Unterlagen des Rentamts wie umgekehrt. Das gilt vor allem für die Akten aus der Tätigkeit des preußischen Gesandten. Umfangreiche Vorgänge mußten aus vielen Büscheln zusammengetragen werden und ergaben dann auf einmal einen bis dahin allenfals vermuteten Zusammenhang. In äußerst mühsamer und zeitaufwendiger Arbeit konnte der größte Teil der Unterlagen identifiziert und zu logischen Einheiten zusammengefaßt werden. Sämtliche Büschel der alten Verzeichnung wurden im Laufe der Arbeit aufgefunden und zumeist aufgelöst. Da in keinem Fall die Schriftstücke chronologisch sortiert waren, stellen die Bleistiftzählungen keine Hilfe dar, nachdem die Vollständigkeit vor der Ordnung festgestellt worden war. Sie sind völlig bedeutungslos. Da der Bestand keine sachliche Gliederung aufwies, wurde eine an der Biographie und den Funktionen von Pfeils orientierte Gliederung entwickelt, die eine leichte Benutzbarkeit ermöglicht. Natürlich enthalten die wenigen Korrespondenzserien immer wieder Bezüge zu den Sachakten und auch gelegentlich zur Gutsverwaltung. Trotz aller Sorgfalt ist nicht auszuschließen, daß nicht alle Zusammenhänge lückenlos geklärt werden konnten. Detaillierte Lektüre könnte noch die eine oder andere Unklarheit beseitigen helfen. Die Arbeit wurde in enger Zusammenarbeit mit Archivinspektor Thomas Krause, der vor allem die preußische Zeit (Militaria, Privatangelegenheiten) rekonstruierte, im Herbst 2001 bis zum Frühsommer 2002 erledigt. Frau Hildegard Aufderklamm ist die Erfassung mit dem Programmpaket MIDOSA95 zu verdanken. Der Bestand umfaßt 551 Büschel mit 7,6 lfd. m. und 7 Urkunden in einem Urkundenbehälter. Ludwigsburg, im Herbst 2002 Gerhard Taddey

Reference number of holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, PL 20 I
Extent
7 Urkunden, 547 Büschel (8,1 lfd. m)

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Deposita, nichtstaatliche Archive und Nachlässe >> Deposita

Date of creation of holding
1550-1794

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Rights
Last update
18.04.2024, 10:40 AM CEST

Data provider

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1550-1794

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