Bestand
Verband der Stadt- und Landkreise der besetzten Gebiete (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Der Verband der Stadt- und Landkreise der besetzten Gebiete wurde als
Vereinigung der Städte der besetzten Ruhr- und Rheingebiete am 1. Juli
1919 gegründet. Zweck der Vereinigung war es, die gemeinsamen
Interessen gegenüber den Besatzungs-, Reichs- und Staatsbehörden
wirksam zu vertreten sowie gegen separatistische Bestrebungen für
einen Verbleib der Gebiete im Deutschen Reich einzutreten (vgl. BArch,
R 8049/3).
Zum Vorsitzenden der Vereinigung
wurde der Oberbürgermeister der Stadt Köln, Konrad Adenauer, gewählt,
dessen Vorschlag der Errichtung einer Geschäftsstelle nach dem Vorbild
des Deutschen Städtetages angenommen wurde. Diese befand sich seit
August 1919 in der Kölner Agrippastraße und setzte sich personell aus
dem Geschäftsführer und einem Bürobeamten zusammen.
Zum Geschäftsführer wurde der Volkswirtschaftler Dr. Wilhelm
Schölkens aus Köln gewählt. Der Zuständigkeitsbereich der
Geschäftsstelle umfasste folgende Aufgaben:
1)
Vertretung der Interessen der Städte des besetzten Gebietes,
Aufstellung von Richtlinien für alle mit der Besatzung
zusammenhängenden Angelegenheiten;
2)
Auskunftsstelle für alle Mitgliedsstädte über die politische
Lage;
3) Funktion einer "Wacht für die
Zukunft", "Rettung des Deutschtums" im Gefahrenfall;
4) Schaffung einer engeren Zusammenarbeit zwischen den besetzten
Städten.
Der Vorstand der Vereinigung setzte
sich aus jeweils zwei Vertretern der vier Besatzungszonen zusammen,
sodass für die belgische Zone die Oberbürgermeister aus Krefeld und
Neuß sowie für die amerikanische die Oberbürgermeister aus Koblenz und
Trier in den Vorstand gewählt wurden. Die britische Zone wurde durch
die Oberbürgermeister von Bonn und Köln vertreten, während die
französische Zone auf Grund ihrer territorialen Aufteilung durch den
Oberbürgermeister Biebrichs bzw. Wiesbadens für Preußen, Ludwighafens
für die Pfalz und Mainz' für Hessen repräsentiert wurde (vgl. BArch, R
8049/15).
Die Zahl der Mitgliedsstädte wuchs
seit der Gründung des Verbandes stetig an. So ist im Tätigkeitsbericht
von 1919/20 von 34 vertretenen Städten mit einer Gesamtbevölkerung von
2.450.000 Menschen die Rede gewesen, während 1921 bereits 45 Städte
mit insgesamt 2.684.000 Einwohnern der Vereinigung beigetreten
waren.
In einer Besprechung der
Städtevereinigung am 1. Dezember 1923 in Köln wurde schließlich der
Beschluss gefasst, einen Zweckverband der Stadt- und Landkreise zu
gründen, um die Zusammenarbeit in Besatzungsfragen mit den Ländern zu
verbessern. Der neu gegründete Verband sollte sich zunächst mit
Notgeldfragen beschäftigen. Für die Städte wurden die
Oberbürgermeister aus Aachen, Bochum, Bonn, Buer, Dortmund, Duisburg,
Düsseldorf, Essen, Koblenz, Köln, Krefeld, Ludwigshafen, Mainz,
München-Gladbach, Siegburg, Trier und Wiesbaden in den Vorstand
gewählt, während die Länder durch Vertreter der Regierungsbezirke
Aachen, Arnsberg, Düsseldorf, Hessen, Koblenz, Köln, Münster, Pfalz
und Trier repräsentiert wurden (vgl. BArch, R 8049/3).
Für die Durchsetzung der Interessen des Verbandes war
eine Zusammenarbeit mit anderen für die Besatzung zuständigen Behörden
unabdingbar. Infolgedessen bat der Vorstand der Städtevereinigung
sowohl den Reichskommissar als auch den Reichsminister für die
besetzten Gebiete darum, bei allen wichtigen Entscheidungen angehört
und berücksichtigt zu werden. Auch die Kooperation mit den
Rheinisch-Westfälischen Gemeinden sowie mit der
Reichsvermögensverwaltung spielte eine wichtige Rolle, sodass im
Oktober 1920 ein gemeinsamer Ausschuss mit der
Reichsvermögensverwaltung, dem Reichsschatzministerium und dem
Reichskommissar für die besetzten Gebiete gebildet wurde (vgl. BArch,
R 1601/4220).
Im Jahre 1930 begann man wegen
der erfolgten Räumung des Rheinlandes über die Auflösung des nun nicht
mehr notwendigen Verbandes nachzudenken.
Laut
Protokoll der Vorstandssitzung vom 31. Januar waren noch genügend
Mittel vorhanden, um den Verband bis zum 31. Januar 1931 bestehen zu
lassen. Vermutlich wurde er dann aufgelöst.
Bestandsbeschreibung:
Bestandsgeschichte
Das Schriftgut des Verbandes
der Stadt- und Landkreise der besetzten Gebiete ging nach Beschluss
des Vorstandes vom 19. September 1928 zunächst an das Stadtarchiv
Mainz, wo es den Verbandsmitgliedern bis zum Ende des Jahres 1931 zur
Verfügung gestellt werden sollte. Das Aktenverzeichnis des Verbandes
wies zum damaligen Zeitpunkt etwa 100 Betreffseinheiten auf und
umfasste den gesamten Schriftwechsel über dessen Tätigkeit,
insbesondere die Fürsorge für die Kommunen, Landkreise und die
Bevölkerung (Vgl. BArch, R 1506/179).
Im März
1932 wurden die Archivalien dem Reichsarchiv übergeben. Den damaligen
Mitgliedern des Verbandes wurde dabei zugesichert, jederzeit Einsicht
in die Unterlagen nehmen zu können.
In einer
Übersicht über die Bestände an Nachlässen und zeitgeschichtlichen
Sammlungen im Reichsarchiv vom 14. Juni 1935 wird der Bestand in der
Gruppe "Geschlossene private Archive VI 8" genannt. Das Schriftgut
wird darin als "umfassendes und wertvolles Material zur Geschichte der
besetzten Gebiete" beschrieben (Vgl. BArch, R 1506/189).
Es ist zu vermuten, dass das Schriftgut nach dem Ende
des Zweiten Weltkrieges in die Sowjetunion gelangte, von wo es 1950
ins Deutsche Zentralarchiv, später Zentrales Staatsarchiv der DDR,
rückgeführt wurde.
Im Zentralen Staatsarchiv
der DDR wurde der Bestand unter der Signatur 61 Ve 2 verwahrt.
Mit der Wiedervereinigung 1990 wurde der Bestand Teil
des Bundesarchivs, wo er die Bestandssignatur R 8049 erhielt.
Archivische Bearbeitung und Bewertung
Die offenbar erste Verzeichnung des Bestandes fand
1967 durch G. Schmid im Zentralen Staatsarchiv der DDR statt. Das
Ergebnis war ein Bestandsverzeichnis in Form eines Findbuches.
Da die Verzeichnung aus dem Zentralen Staatsarchiv
der DDR nicht aussagekräftig genug erschien und nicht mehr mit
heutigen Richtlinien übereinstimmte, erfolgte im Sommer 2009 eine
Überarbeitung des Findmittels. Das Bestandsverzeichnis mit Titeln,
Enthält-Vermerken und Laufzeiten wurde überarbeitet und ergänzt.
Einige Aktentitel wurden erweitert, Serien und Bandfolgen gebildet und
Redundanzen entfernt. Auch wurde ein Index erstellt, um die Suche nach
wichtigen Schlagwörtern zu ermöglichen.
Die
Klassifikation wurde in einigen Punkten verändert und so dem
überarbeiteten Bestandsverzeichnis angepasst.
Abschließend wurde eine Revision des Bestandes durchgeführt, eine
Kassation ist jedoch nicht erfolgt.
Der Bestand
umfasst heute 227 Verzeichnungseinheiten und 6 laufende Meter, die
sich über eine Laufzeit von 1919-1930 erstrecken.
Das Findbuch wurde schließlich durch eine Einleitung, in der
Informationen zur Verbands- und Bestandsgeschichte enthalten sind,
ergänzt.
Inhaltliche Charakterisierung:
Organisation, Aufbau und Tätigkeit des Verbandes: Organisation,
Sitzungen und Besprechungen der Organe des Verbandes 1919-1930 (14).-
Verwaltungsangelegnheiten, Rundschreiben, Mitteilungen und Eingaben
1919-1930 (24).- Politische Lage in den besetzten Gebieten 1920-1930
(13).- Tätigkeit der Reichsregierung und Reichsbehörden 1920-1929
(9).- Wirtschaft und Finanzwesen in den besetzten Gebieten:
Finanzielle Fragen der Städte und Gemeinden, Steuerwesen 1923-1930
(32).- Besatzungskosten, -leistungen und -schäden.-
Verwaltungsangelegenheiten 1919-1930 (26), Grundstücks- und
Gebäudeangelegenheiten 1921-1930 (27), Entschädigungsangelegenheiten
1919-1930 (17).- Sonstige Besatzungskosten 1920-1928 (12).-
Finanzielle Fragen von Verkehr, Gesundheitswesen und Kultur 1920-1930
(14).- Finanzielle Fragen des Arbeits- und Sozialwesens 1919-1930
(34).- Handel und Versorgung 1919-1925 (5)
Die
im vorliegenden Findbuch verzeichneten Akten enthalten hauptsächlich
Schriftgut zu Organisation und Aufbau des Verbandes, aber auch zu
Fragen der Verwaltung in den besetzten Gebieten. In den
Niederschriften und Protokollen der Vorstandssitzungen des Verbandes,
die den Zeitraum von seiner Gründung bis zu seiner Auflösung
dokumentieren, lassen sich die Entwicklung der Mitgliederzahlen,
Umstrukturierungen und ein breites Spektrum politischer Probleme
nachvollziehen.
Besonders deutlich wird die
enge Zusammenarbeit mit dem Reichsministerium für die besetzten
Gebiete, das sich gemeinsam mit dem Verband um einen geregelten Ablauf
des Alltags bemühte. So sind insbesondere Fragen zur Einquartierung
der Besatzungstruppen, zum Wohnungsbau oder zu besonderen
Vergünstigungen für die Besatzer dokumentiert.
Des weiteren enthalten die Akten Informationen zur Wirtschafts-
und Finanzlage, darunter beispielsweise die Verwaltung der Steuern,
die Besatzungskosten und Okkupationsleistungen sowie die
Entschädigungsansprüche der Städte und Gemeinden auf Grund von Schäden
während des Ruhrkampfes.
Schließlich findet man
zahlreiche Unterlagen zum Arbeits-, Sozial- und Gesundheitswesen sowie
zur Versorgungslage, worunter unter anderem die Abwicklung der
Erwerbslosigkeit und Wohnungsknappheit, die Prävention von Krankheiten
oder die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln
fallen.
Erschließungszustand:
Online-Findbuch (2009)
Zitierweise: BArch R
8049/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch R 8049
- Extent
-
227 Aufbewahrungseinheiten
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Organisationen, Verbände und Wirtschaftsunternehmen >> Kommunalwesen
- Related materials
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: R 1601 Reichsministerium für die besetzten Gebiete
R 43 Reichskanzlei
Amtliche Druckschriften: Schoelkens, Josef: Bericht über die Tätigkeit des Verbandes der Stadt- und Landkreise des besetzten Gebiets (Städtevereinigung der besetzten Rheingebiete) in den Jahren 1919-1930, Mainz 1930
- Date of creation of holding
-
1919-1930
- Other object pages
- Provenance
-
Verband der Stadt- und Landkreise der besetzten Gebiete, 1919-1930
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1919-1930