Bestand
Weber, Alfred (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Vorbemerkung
Erste Kontakte zwischen dem
Bundesarchiv und Alfred Weber finden sich seit August 1954. Damals bat
das Bundesarchiv ihn um den Nachlass seines Bruders Max und seiner
Schwägerin Marianne Weber.
Alfred Weber
antwortete unter anderem, er lasse seinen eigenen Nachlass gerade für
eine ebensolche Überführung in Ordnung bringen. Als vermutlich für das
Bundesarchiv interessantesten Teil seines Nachlasses formulierte er: „
… ein nur mit Ferienunterbrechung geführter Briefwechsel aus der zeit
von 1911 bis 1925, in dem zu allen geistigen und politischen
Tagesereignissen Stellung genommen wird". Dieser tägliche Briefwechsel
zwischen ihm und seiner langjährigen Lebensgefährtin, Else Jaffé - von
Richthofen, erstreckt sich tatsächlich von 1910 bis ans Ende der
Zwanziger Jahre. Else Jaffé hat später die Briefe mit Umschlagblättern
versehen und darauf thematische und lokale Hinweise gegeben. Diese
Korrespondenz wurde dem Bundesarchiv 1956 durch Alfred Weber in einer
versiegelten Kiste zugesandt. Laut Vertrag durfte das Siegel jedoch
nicht vor dem 4.9.1986 erbrochen werden, so dass der Briefwechsel erst
nach diesem Datum durch das Bundesarchiv geöffnet und erschlossen
werden konnte. Im Jahre 1987 begann auf Initiative von Prof. Dr.
Rainer Lepsius die Transskription der Briefe Alfred Webers. Die Bände
105 bis 140, die diese Transskriptionen umfassen, sind bis auf
weiteres nur mit Genehmigung von Professor Lepsius benutzbar.
Andere Teile des Nachlasses wurden über Jahre und
verschiedene Zwischenstationen hinweg durch das Bundesarchiv verfolgt.
1963 übergab Frau Jaffé dem damaligen Oberarchivrat Dr. Mommsen einen
weiteren teil des Nachlasses Alfred Weber. Es handelt sich um die
Korrespondenz Alfred Webers mit seiner Familie. Alle Briefe noch
lebender Personen im Nachlass wurden damals bis zu deren Tod von jeder
Benutzung ausgeschlossen.
Im Juni 1965 konnte
Dr. Mommsen der inzwischen über 90jährigen Else Jaffé ein vorläufiges
Verzeichnis des Nachlasses Alfred Weber zusenden. Die Bände 33 - 37
wurden damals vorläufig gesperrt. Sie enthalten Angelegenheiten der
Universität Heidelberg; ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der
Entnazifizierung und Reorganisation der Hochschule, weswegen sich
ausführliche Personalunterlagen darin finden. Alfred Weber hat in
dieser Zeit als vertrauenswürdiger Gutachter fungiert und stand in
Kontakt mit dem Rektorat der Universität auf der einen und der
amerikanischen Militärregierung auf der anderen Seite.
Zwischenzeitlich sind die Papiere- bis auf die o.g.
Transskriptionen (Bände 105-140)- im Rahmen der allgemeinen
Benutzungsbedingungen des Bundesarchivs ohne weitere Einschränkungen
einsehbar
Koblenz, den 31. März 2000
Vera Derschum
Biographische
Angaben / Lebenslauf
Alfred Karl David Weber
wurde am 30. Juli 1868 in Erfurt geboren und besuchte nach Abschluss
des Gymnasiums die Universitäten Tübingen, Bonn und Berlin, wo er zum
Dr. phil. promovierte. 1899 habilitierte er sich in Berlin als
Privatdozent für Nationalökonomie. Danach folgte er einem Ruf nach
Prag, wo er 1904 zum ordentlichen Professor ernannt wurde und kam dann
1907 nach Heidelberg, wo er im Jahre 1933 noch lebte.
Webers erste wissenschaftliche Arbeiten stehen
zunächst ganz auf dem Boden der reinen ökonomischen Theorie. Als
Hauptwerk ist hier vor allem zu nennen das Buch „Über den Standtort
der Industrien: Reine Theorie des Standorts" (1909, 2. Aufl. 1927).
Später führten ihn die mannigfachen Verknüpfungen nationalökonomischer
Fragenkomplexe mit politischen, sozialpsychologischen und
geschichts-philosophischen Zusammenhängen dazu, Arbeitsplan und
Aufriss einer Soziologie zu skizzieren, eine Arbeit, die durch den
Krieg unterbrochen wurde. Nach dem Zusammenbruch beteiligte er sich
1919 aktiv an der Gründung der demokratischen Partei und später auch
an den Arbeiten der Sozialisierungskommission.
Nach der Kriegszeit, in der lediglich die kleine Schrift
„Gedanken zur deutschen Sendung" (1915) entstanden ist, beschäftigten
Weber hauptsächlich die Probleme der Stellung Deutschlands in Europa
und die wirtschaftliche und gesellschaftliche Gestaltung dieses
Europas: „Deutschland und die europäische Kulturkrise" (1914), „
Deutschland und Europa 1848 und heute" (1924), „Die Krise des modernen
Staatsgedankens in Europa" (1923) und „Ideen zur Staats- und
Kultursoziologie" (1927).
Da Weber ohnehin vor
seiner Emeritierung nach dem Sommersemester 1933 stand, konnte er
unmittelbaren Auseinandersetzungen mit den Nationalsozialisten
ausweichen. Aber auch ohne Amt und Pflicht arbeitete er unermüdlich
weiter. Auf seinen Wissensgebieten waren „Kulturgeschichte als
Kultursoziologie" (1935), „Das Tragische in der Geschichte" (1943) und
„Abschied von der bisherigen Geschichte - Ende des Nihilismus?" (1945)
unter anderem Früchte dieser Arbeit. Seit 1946 trat er auch als
Mitherausgeber der Heidelberger Zeitschrift „Die Wandlung" sowie in
der Bewegung gegen das Verhältniswahlrecht auf. Seiner bisher
erschienenen Bücher waren: „Prinzipien der Geschichts- und
Kultursoziologie" (1951), „Der dritte oder der vierte Mensch - vom
Sinn der geschichtlichen Daseins" (1953-1954), sowie 1955 „Einführung
in die Soziologie". Im Herbst 1954 erschien, bearbeitet von Josef
Kepeszczuk eine Biographie sämtlicher Werke und Schriften
Webers.
Weber war Mitglied der Akademien der
Wissenschaft von München und Berlin. Er gab im Juni 1950 vor dem
Kongress für kulturelle Freiheit in Berlin seinen sofortigen Rücktritt
aus der sowjetisch kontrollierten Berliner Akademie der
Wissenschaften
bekannt, weil sein Name ohne
sein Wissen unter ein Huldigungstelegramm an Stalin gesetzt worden
war.
Im Mai 1951 ging sein Name abermals durch
die deutsche Presse. Weber äußerte starke Bedenken gegen den
Schumanplan, der zwar eine großartige Leistung sei, dem aber eine
wirksame Kontrolle der Öffentlichkeit fehle.
Anfang 1954 wurde Weber in Bonn als Nachfolger des verstorbenen
Historikers Friedrich Meinecke zum Mitglied des Ordens Pour le mérite
(Friedensklasse) gewählt. Er ist auch Ehrenmitglied der Deutschen
Akademie für Sprachen und Dichtung.
Im Dezember
1957 sprach sich Weber zusammen mit zehn weiteren Heidelberger
Universitätsprofessoren gegen die Stationierung von Atomwaffen in der
Bundesrepublik aus und unterstütze damit die Stellungnahme der 18
deutschen Atomwissenschaftler.
Wenige Wochen
vor seinem 90. Geburtstag starb Weber am 2. Mai 1958 in
Heidelberg.
Bestandsbeschreibung:
Persönliche Papiere; Material zu wissenschaftlichen Arbeiten, auch
Verlagskorrespondenz; Schriftwechsel, vor allem mit Politikern und
Wissenschaftlern (1901-1957); Unterlagen über Angelegenheiten der
Universität Heidelberg vor allem aus den Jahren 1933 und 1945/1946;
Materialien zur Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland und
zur Stationierung von Atomwaffen sowie zur Deutschen Demokratischen
Republik. (Stand: 1977) - Besondere Benutzungsbedingungen -
Inhaltliche Charakterisierung:
Vorbemerkung
Erste Kontakte zwischen dem
Bundesarchiv und Alfred Weber finden sich seit August 1954. Damals bat
das Bundesarchiv ihn um den Nachlass seines Bruders Max und seiner
Schwägerin Marianne Weber.
Alfred Weber
antwortete unter anderem, er lasse seinen eigenen Nachlass gerade für
eine ebensolche Überführung in Ordnung bringen. Als vermutlich für das
Bundesarchiv interessantesten Teil seines Nachlasses formulierte er: „
… ein nur mit Ferienunterbrechung geführter Briefwechsel aus der zeit
von 1911 bis 1925, in dem zu allen geistigen und politischen
Tagesereignissen Stellung genommen wird". Dieser tägliche Briefwechsel
zwischen ihm und seiner langjährigen Lebensgefährtin, Else Jaffé - von
Richthofen, erstreckt sich tatsächlich von 1910 bis ans Ende der
Zwanziger Jahre. Else Jaffé hat später die Briefe mit Umschlagblättern
versehen und darauf thematische und lokale Hinweise gegeben. Diese
Korrespondenz wurde dem Bundesarchiv 1956 durch Alfred Weber in einer
versiegelten Kiste zugesandt. Laut Vertrag durfte das Siegel jedoch
nicht vor dem 4.9.1986 erbrochen werden, so dass der Briefwechsel erst
nach diesem Datum durch das Bundesarchiv geöffnet und erschlossen
werden konnte. Im Jahre 1987 begann auf Initiative von Prof. Dr.
Rainer Lepsius die Transskription der Briefe Alfred Webers. Die Bände
105 bis 140, die diese Transskriptionen umfassen, sind bis auf
weiteres nur mit Genehmigung von Professor Lepsius benutzbar.
Andere Teile des Nachlasses wurden über Jahre und
verschiedene Zwischenstationen hinweg durch das Bundesarchiv verfolgt.
1963 übergab Frau Jaffé dem damaligen Oberarchivrat Dr. Mommsen einen
weiteren teil des Nachlasses Alfred Weber. Es handelt sich um die
Korrespondenz Alfred Webers mit seiner Familie. Alle Briefe noch
lebender Personen im Nachlass wurden damals bis zu deren Tod von jeder
Benutzung ausgeschlossen.
Im Juni 1965 konnte
Dr. Mommsen der inzwischen über 90jährigen Else Jaffé ein vorläufiges
Verzeichnis des Nachlasses Alfred Weber zusenden. Die Bände 33 - 37
wurden damals vorläufig gesperrt. Sie enthalten Angelegenheiten der
Universität Heidelberg; ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der
Entnazifizierung und Reorganisation der Hochschule, weswegen sich
ausführliche Personalunterlagen darin finden. Alfred Weber hat in
dieser Zeit als vertrauenswürdiger Gutachter fungiert und stand in
Kontakt mit dem Rektorat der Universität auf der einen und der
amerikanischen Militärregierung auf der anderen Seite.
Zwischenzeitlich sind die Papiere- bis auf die o.g.
Transskriptionen (Bände 105-140)- im Rahmen der allgemeinen
Benutzungsbedingungen des Bundesarchivs ohne weitere Einschränkungen
einsehbar
Koblenz, den 31. März 2000
Vera Derschum
Zitierweise: BArch N
1197/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch N 1197
- Extent
-
142 Aufbewahrungseinheiten; 2,0 laufende Meter
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Nachlässe und Sammlungen >> Nachlässe >> W
- Date of creation of holding
-
1885-1958
- Other object pages
- Provenance
-
Weber, Alfred, 1866-1958
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Zugangsbeschränkungen
-
Besondere Benutzungsbedingungen: Die Benutzung unterliegt keinen anderen Beschränkungen als der Beachtung von Persönlichkeitsschutzrechten und Betroffener schutzwürdiger Belange Dritter.
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
Bundesarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 1885-1958