Bestand
Carl August Siebel, Eisenwarenhandlung, Grünewalder Straße 71 (Bestand)
Übersicht zur Geschichte des
Eisenwarengeschäftes und der Familie Siebel, Grünewalder Straße 71 (1855
bis 1974): Der Gründer der Firma, Carl Siebel, wurde am 28.10.1819 in
Wuppertal-Cronenberg geboren. Sein Vater war der Seidenweber Isaak
Siebel, der wenige Jahre nach Carls Geburt verstarb. Seine Mutter Anna
Gertrud Siebel geb. Wolfertz heiratete in zweiter Ehe den Nagelschmied
Johann Everts. In den 1830er Jahren zog die Familie Everts-Siebel nach
Nußbaum bei Solingen-Aufderhöhe, weil man sich dort besseren Absatz für
die Erzeugnisse der Schmiede erhofft. Carl Siebel erlernte das Handwerk
eines Nagelschmiedes, aber nach einem Unfall mußte er aus
gesundheitlichen Gründen mit 18 Jahren seinen Beruf wechseln und begann
den Handel mit Waren, die sein Stiefvater herstellte, sowie sonstigen
Solinger und Cronenberger Artikeln wie Kuchenpfanne, Beilen, Äxten und
Werkzeuge aller Art. Er besuchte die Orte um Solingen und bald ging sein
Handel bis zum Rhein. 1845 siedelte die Familie nach Neuenhaus bei
Solingen-Höhscheid über, wo ein Wohnhaus mit Schmiede erworben wurde.
Carl Siebels Handel dehnte sich in den nächsten Jahren mehr und mehr aus,
so daß er es zu Beginn des Jahres 1855 wagte, in Leichlingen einen Laden
zu eröffnen. Die älteste Rechnung trägt das Datum des 27.3.1855, später
als Gründungsdatum genommen. Im Jahre 1856 schloß Carl Siebel die Ehe mit
Wilhelmine Hermanns, geboren am 2.2.1830 in der Kuhle bei Leichlingen.
Neben der Eisenwarenhandlung wurde zeitweilig auch ein
Lebensmittelgeschäft betrieben, welches in der Hauptsache von der Ehefrau
versorgt wurde. Doch bald zeigte sich, daß Leichlingen nicht der rechte
Ort war, um das Geschäft weiter auszudehnen. Deshalb siedelte man 1860 in
die Gemeinde Dorp, und zwar in die heutige Grünewalder Straße. Ein
kleines Haus, "Am Esel" genannt, wurde gemietet. Am 2.2.1863 wurde hier
Carl Gustav Siebel geboren. Er war das vierte Kind und der älteste Sohn
der Eheleute Carl Siebel. In den nächsten Jahren entwickelte sich die
Eisenwarenhandlung so günstig, daß Carl Siebel 1869 von seinem
Hausbesitzer Friedrich Wilhelm Bungards 2 Morgen Grundbesitz, an der
heutigen Grünewalder Straße, erwarb. Im Jahr 1870 konnte das neue
Geschäfts- und Wohnhaus Grünewalder Straße 71 bezogen werden. Dieses
bergische Haus mit Schiefern, weißem Holzwerk und grünen Schlagläden
hatte zwei Läden, einen für Eisenwaren, den anderen für Lebensmittel. In
den nächsten Jahren wurde noch mehrmals gebaut, das Haupthaus zweimal
verändert und 2 Hinterhäuser entstanden. Zum Teil wurden die Gebäude für
Geschäftszwecke verwandt, für Laden, Lager und Werkstatt. Das andere Haus
wurde vermietet. Carl Siebel versorgte diese Läden mit Ehefrau und den
Fünf Kindern. Manchmal wurden die Kinder monatelang aus der Schule
gehalten, vor allem die Mädchen. Nur Carl August, als ältester Sohn
potentieller Geschäftsnachfolger, erfreute sich eines regelmäßigeren
Schulunterrichts in der Schule Brühl. Den kirchlichen Unterricht besuchte
Carl August bei Superintendent Bick, 1877 wurde er konfirmiert.
Anschließend lernte er im väterlichen Geschäft, doch wurde er auch für
einige Zeit zu einem Schlosser geschickt, wo er das Schmieden und die
Schlosserei erlernen konnte. Ebenfalls nach der Konfirmation trat Carl
Augustus Siebel in den Evangelischen Jünglingsverein ein, dessen
Vorsitzender Superintendent Bick war. Diesem Verein, dem späteren
Christlichen Verein Junger Männer (CVJM) hat Carl August Siebel dann sein
ganzes Leben die Treue gehalten, 40 Jahre lang führte er seine
Kassengeschäfte. Aber auch über den CVJM hinaus war Carl August Siebel in
der Kirche aktiv. Er war Mitglied der Stadtmission, sang im gemischten
Chor, wurde schon früh Presbyter, und übte dieses Amt lange aus. Als Carl
Siebel am 6.10.1889 verstarb, führte Carl August das Geschäft für die
Erbengemeinschaft Siebel weiter. Als seine Mutter Wilhelmine am 13.7.1893
auch verstarb, erwarb er die Firma als alleiniger Inhaber. Der Hausbesitz
blieb noch bis 1904 in Erbengemeinschaft, dann waren nacheinander die
Miterben ausgezahlt. Am 26.4.1894 heiratete Carl August Siebel Auguste
Tilmes, geboren am 26.6.1868 in Solingen. Kennengelernt hatten die beiden
sich im gemischten Chor der Kirchengemeinde. Fünf Kinder bekamen die
Eheleute Siebel. 2 Söhne und drei Töchter. Zwei Töchter sind schon im
frühen Alter verstorben. Der älteste Sohn Carl wurde am 8.1.1895 geboren.
Ihn hatte sein Vater als Nachfolger vorgesehen. Doch er zeigte wenig
Neigung zum Kaufmann, besuchte das Gymnasium und entschied sich für das
Studium der Theologie. Erst das letzte Kind, Johannes Ewald, genannt
Hans, geboren am 12.11.1906 zeigte Interesse den Beruf des Vaters zu
ergreifen, und später das Geschäft zu übernehmen. Kurz nach der
Geschäftsübernahme 1889 ließ Carl August Siebel die Fassaden des
Geschäfts ändern, und legte die beiden Läden zu einer Eisenwarenhandlung
zusammen. Doch für Öfen und Herde reichte der Verkaufs- und Lagerraum
bald nicht mehr aus. 1908 entstanden ein großes massives Hinterhaus für
Lagerzwecke, ferner mit drei Wohnungen. Ein Anzeichen für das Florieren
des Eisenwarengeschäftes sind die Überlegungen zu einem völligen Neubau
des Geschäftshauses, doch der 1. Weltkrieg beendete diese Planung jäh.
Unter den Folgen der Kriegsjahre und der Inflationszeit litt auch das
Geschäft von Carl August Siebel erheblich. Aber ab 1924 belebte sich das
Geschäft wieder, und die Umsatzzahlen stiegen nach oben an. Seit 1922 war
der jüngste Sohn Hans ebenfalls im Geschäft tätig. Außer Vater und Sohn
arbeiteten auch Mutter und Tochter Margarethe (geboren am 16.11.1902) im
Geschäft. Nur zeitweilig war ein Angestellter oder Lehrling beschäftigt.
Am 10.12.1925 verstarb August Siebel. Zwei Jahre später, am 28.1.1927
heiratete Carl August Siebel zum zweiten Mal und zwar Emilie Tilmes, die
jüngere Schwester seiner ersten Frau. Sie wohnte seit 1912 bei der
Familie, und hatte im Laden mitgeholfen. Politisch war Carl Siebel nach
Angaben seines Sohnes Hans "zuerst deutsch-national später
christlich-sozialer Volksdienst. Mit Hitler hat er es nie gehabt, und er
stand der politischen Entwicklung in Deutschland nach 1933 kritisch
gegenüber. Im Kirchenkampf war er ganz bekennende Gemeinde" (Hans Siebel:
Biographie Carl August Siebel S.5, Fi 5-37). Carl Siebel starb am
10.12.1936. Nach seinem Tode übernahm Hans Siebel die Leitung des
Unternehmens. Bereits im Januar 1940 mußte er zum Heeresdienst einrücken.
Ende 1948 kehrte er aus dem Krieg und jugoslawischer Gefangenschaft
zurück. (Hans Siebel, Neun Jahre quer durch Europa, Erinnerungen;
Bibliothek Stadtarchiv GA 2379). Während seiner Abwesenheit wurde das
Geschäft von seiner Frau Anni Siebel, geb. Franz und seiner Stiefmutter
geführt. Anfang der 1950er Jahre hatte sich das Geschäft wieder erholt
und erhielt in den nächsten Jahren Auftrieb durch den Verkauf von
Großgeräten, darunter Kühlschränke und Waschmaschinen. 1964 errichtete
die Firma einen Neubau, wodurch das Ladengeschäft viel Platz für die
Präsentationen der Großgeräte erhielt. Anfang der 1970er Jahre waren bei
Siebels ca. 7 Personen beschäftigt. 1974 setzte sich Hans Siebel zur
Ruhe. Er übergab sein Unternehmen dem Wuppertaler Ingenieur Albert Otto,
der das Geschäft auf Geschenkartikel umstellte. 1981 ist das Geschäft
nach mehr als 125 Jahren dann den Veränderungen des Marktes zum Opfer
gefallen und eingegangen. Quellen zur Firmen- und Familiengeschichte 1)
Zum 75 jährigen Geschäftsjubiläum. Rückblick vom Jahre 1855 bis 1930
(aufgenommen von Hans Siebel: Fi 5-36) 2) Solinger Tageblatt 26.3.1930:
Zum 75 jährigen Jubiläum (Text wie 1) 3) Solinger Tageblatt 22.3.1955:
100 Jahre Eisenwaren Carl August Siebel am Grünewald 4) Carl August
Siebel (1863-1963) Biographische Notizen von Hans Siebel: Fi 5-37 5)
Solinger Tageblatt 29.3.1980: Vor 125 Jahren gegründet 6) Hans Siebel,
Neun Jahre quer durch Europa, Erinnerungen; Bibliothek des Stadtarchivs
GA 2379 7) Bürgerrollen Solingen Grünewalder Straße 71 Band 91 und Band
267 Bestandsgeschichte Die Unterlagen zu Firma und Familie Siebel wurden
1980 von Hans Siebel dem Stadtarchiv überlassen. Sie erhielten die
Bestandsnummer Fi 5. Die Verzeichnung erfolgte während des Jahres 1984
durch Ralf Rogge unter Mitarbeit von Frau Jakobs. Der Bestand umfaßt 53
Archiveinheiten aus den Jahren 1850 bis 1974. Dabei handelt es sich nicht
um eine Überlieferung der gesamten Firmenregistratur, sondern nur um die
noch erhaltenen einzelnen Geschäftsunterlagen aus den ersten
Tätigkeitsjahren, um Kassenbücher (1905-1941 mit Lücken), Debitorenbücher
(1905-1911, 1958-1974), Zeitschriften des Metall- und Eisenhandels aus
den 1950er Jahren und wenige private Stücke der Familie Siebel u.a. eine
Heimarbeiter Lohnbuch Carl Siebels von 1850 und einem Sparkassenbuch des
evangelischen Männer- und Jünglingsvereins von Carl August Siebel
1890-1904. Außenaufnahmen des Geschäfts- und Wohnhauses Siebel auf der
Grünewalder Straße 71 wurden in die Gruppe 1424 des Bildarchivs
aufgenommen.
Eingrenzung und Inhalt: Bestand
enthält u.a.: Kassenbücher; Debitorenbücher; Zeitschriften des Metall-
und Eisenhandels; private Unterlagen der Inhaber
- Bestandssignatur
-
Fi 05
- Umfang
-
Findbuch: 53 AE; unbearbeitet: 0,3 lfm
- Kontext
-
Stadtarchiv Solingen (Archivtektonik) >> Bestände nichtstädtischer Provenienz >> Firmenarchive
- Bestandslaufzeit
-
1850 - 1974
- Weitere Objektseiten
- Geliefert über
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
23.06.2025, 08:11 MESZ
Datenpartner
Stadtarchiv Solingen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1850 - 1974