Bestand

Nellenburg (Bestand)

Überlieferungsgeschichte

Bedeutend größer als das eigentliche Territorium der Landgrafschaft Nellenburg war der Bezirk, in dem das in Stockach tagende Landgericht seine Rechtsprechung durchzusetzen versuchte. Österreich, das die Landgrafschaft 1465 von den Herren von Tengen gekauft hatte, verstand diese Gerichtshoheit als Grundlage von Landeshoheit. Die umfangreiche Rubrik "Verhältnisse zu benachbarten Territorien" im vorliegenden Bestand spiegelt die Auseinandersetzungen mit den angrenzenden geistlichen und weltlichen Herrschaften um die Reichweite der österreichischen Jurisdiktion und Landesherrschaft wider.
Bei der Auflösung der österreichischen Vorlande fiel das Oberamt Stockach - wie die vergrößerte Landgrafschaft seit der theresianischen Verwaltungsreform hieß - 1805 an Württemberg, 1810 wurde es badisch. Die Registratur des Oberamts und Landgerichts in Stockach blieb dabei ausnahmsweise als Ganzes erhalten. Auch Archivalien über Orte in Württemberg kamen so 1826/27 in das Provinzialarchiv nach Freiburg und 1840 in das Generallandesarchiv (vgl. Bestand 8). Mit Rücksicht auf diesen besonderen Überlieferungszusammenhang extradierte das Hauptstaatsarchiv Stuttgart 1993 noch einige Akten Stockacher Provenienz an das Generallandesarchiv, die bei der Neuverzeichnung der Akten der vorderösterreichischen Regierung über die Landgrafschaft Nellenburg (HStAS B 51, vgl. nach Beständeausgleich 1998 jetzt GLA, Bestand 79 P 18) aufgetaucht waren.

Inhalt und Bewertung

Die Generalakten enthalten über die Oberamtsakten hinaus Schriftgut anderer vorderösterreichischer Stellen sowie einiger württembergischer Behörden aus der Zeit zwischen 1806 und 1810.

Vorwort: Die Burg Nellenburg bei Stockach war Sitz der mit den Burchardingern verwandten Grafen von Nellenburg, die als Stifter des Klosters Allerheiligen bei Schaffhausen hervortraten. 1105 starben die älteren Grafen von Nellenburg aus und vererbten Herrschaft und Namen auf die Grafen von Bürglen, um 1170 auf die Grafen von Veringen. Wohl während des Interregnums erwarben sie die Landgrafschaft im Hegau. Diese war von den Staufern aus den Resten der alten Hegaugrafschaft und dem südlichen Teil des Rechtsbezirks Madach gebildet worden. Die Grafen von Nellenburg, die sich seit 1275 Landgrafen im Hegau nennen, verschmolzen ihre eigene Grafschaft eng mit der Landgrafschaft. Nach ihrem Aussterben im Jahr 1422 kam die Landgrafschaft an die Herren von Tengen, die sie 1465 an Osterreich verkauften. Sie bildete nun einen Teil von Schwäbisch-Österreich und Sitz des zuständigen Oberamtes war Stockach. Die Landgrafschaft, die relativ spät zu einem Zeitpunkt entstanden ist, als die Territorialbildung schon weit fortgeschritten war, konnte teilweise nur eine formale Landeshoheit durchsetzen, die auf Hochgericht, sowie Forst-, Zoll- und Bergregal beruhte, während Steuer- und Militärhoheit in anderer Hand blieben. In diesen Gebieten sich gegenseitig durchdringender Hoheitsrechte kam es zu häufigen Konflikten mit den benachbarten Territorialherren. 1805 fiel die Landgrafschaft an Württemberg und 1810 an Baden. Das Archiv der Landgrafschaft kam in den Jahren 1826 bis 1827 von Stockach in das Provinzialarchiv nach Freiburg und von dort 1840 nach Karlsruhe. Hier wurde es entsprechend dem damals im Generallandesarchiv angewandten Pertinenzprinzip aufgeteilt und umgeordnet. Der vorliegende Bestand enthält die Generalakten dieses Archivs, sowie die Akten anderer Archive die die Landgrafschaft betreffen. Über die Zusammensetzung der Provenienzen gibt das Provenienzverzeichnis (S. 190 ff.) Auskunft. Insgesamt 313 Akten (63,1 %) entstammen dem Archiv der Landgrafschaft. 101 Akten (20,3 %) sind bei österreichischen, insbesondere vorderösterreichischen Provenienzbildnern entstanden, 3 Akten (0,6 %) entstammen den Archiven anderer Territorien vor 1805, 28 Akten (5,6 %) sind in der württembergischen Zeit der Landgrafschaft zwischen 1805 und 1810 abgeschlossen worden und bei 51 Akten (10,3 %) konnte die Provenienz nicht festgestellt werden. Die Überprüfung der zeitlichen Dichte der Überlieferung ergibt folgendes Bild: 7 Akten (1 %) enthalten Schriftverkehr vor 1500, 68 Akten (10,4 %) enthalten Schriftverkehr des 16.Jahrhunderts, 150 Akten (23 %) des 17. Jahrhunderts, 345 Akten (52,6 %) des 18. Jahrhunderts und 85 Akten (13 %) des 19. Jahrhunderts. Der vorliegende Bestand umfasst 496 Faszikel in 8 lfd. m und hat eine Laufzeit von 1228 bis 1810. Er wurde 1923 von Hermann Baier durch ein Zettelrepertorium erschlossen, in das 1993 noch ein Nachtrag von Akten eingearbeitet wurde, die in diesem Jahr vom Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Az. 7511.5) hierher abgegeben wurden. Dieses Zettelrepertorium wurde von Unterzeichnetem unter Verwendung des MIDOSA-Programms überarbeitet. Hierbei wurde der Umfang der einzelnen Faszikel angegeben, wobei bei Akten mit Blattzählung oder einem Umfang von bis zu etwa 10 Blatt die Blattzahl angegeben wurde, bei anderen Akten von weniger als einem Zentimeter Umfang die Bezeichnung "1 Fasz." steht, und bei Akten ab einem Zentimeter Umfang die Zentimeterzahl angegeben ist. Außerdem wurde die Provenienz (des letzten angefallenen Schriftstücks) ermittelt und die Filmsignatur hinzugefügt. Die Aktentitel wurden modernisiert und im Einzelfall durch weitere Inhaltsvermerke erweitert. Das Findbuch wurde durch Indizes erschlossen. Außerdem wurde ihm ein systematisches Verzeichnis der Provenienzen und eine Konkordanz der Bestellnummern zu den Ordnungsnummern beigegeben. Karlsruhe, im September 1994 Reinhold Rupp

Reference number of holding
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 118
Extent
509 Akten (Nr. 1-502)

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Ältere Bestände (vornehmlich aus der Zeit des Alten Reichs) >> Akten >> Kleinere weltliche Territorien >> Nellenburg
Related materials
Rainer Brüning/Gabriele Wüst (Bearb.), Die Bestände des Generallandesarchivs Karlsruhe, Teil 6, Bestände des Alten Reiches, insbesondere Generalakten (71-228), Stuttgart 2006, S. 228-230.
Gerhard Kaller, Der Erwerb der nellenburgischen Archive durch Baden, in: Vorderösterreich in der frühen Neuzeit, hrsg. von Hans Maier und Volker Press, Sigmaringen 1989, S. 421-430.

Date of creation of holding
[1155]-1810

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Last update
03.04.2025, 11:03 AM CEST

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • [1155]-1810

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