Flinte

Steinschlossflinte mit persischem Lauf

Welche Wertschätzung einer tödlichen Waffe aus fernen Gegenden entgegengebracht wurde, belegt eine Steinschlossflinte mit besonderer Geschichte: Die sogenannte »Schnepfenflinte« ist ein schönes Beispiel für die Aufwertung und Zweckentfremdung eines ausgedienten Produkts (= Upcycling) in der Neuzeit. Der aus Damaststahl geschliffene Lauf stammt aus dem Persischen Reich der Safawiden (1501 – 1722) und wurde für eine fürstliche Jagdflinte neu geschäftet.

Über der Pulverkammer findet sich auf dem Lauf ein Knotenornament mit herauswachsenden Blüten. Durch eine vertikale Doppellinie und getrennt von einer Arabeske gibt sich eine Schmiedemarke zu erkennen: »Werk von... (All, Ismail?)«. Im Unterschied zu dem Lauf ist die erst um 1730 vorgenommene Halbschäftung aus Nussbaum deutsch, das Schloss hingegen erst um 1830 entstanden.

Der Halbschaft ist mit sparsam geschnitztem Bandelwerk sowie entsprechend gravierter Messinggarnitur ist z.T. mit Akanthus bereichert. Die Schlossgegenplatte ist durchbrochen und mit einer Fratze graviert. Auf dem Kolbenschuh findet sich die Bezeichnung: »Nro8.«. Der silberne Daumenschild trägt das gravierte Wappen des Hauses von Baden-Durlach, umgeben vom Hausorden der Treue und den Initialen »C. F. L. P. Z. B.«.

Das Perkussionsschloss mit glatter, leicht gewölbter Platte, Hahn und Schirm stammt von dem am 6.8.1726 zum Hofbüchsenmacher in Karlsruhe ernannten Bernhard Lichtenfels, dessen Vorfahren seit dem 18. Jahrhundert zunächst in Durlach, dann in Karlsruhe ansässig waren. Auf der Platte gibt sich die Signatur »B LICHTENFELS A CARLSRVH« zu erkennen. Laut Inventareintrag wurde die Flinte aus dem Besitz des Großherzogs Ludwig l. (1763 – 1830) der Karlsruher Gewehrkammer übergeben. Die Bezeichnung »Schnepfenflinte« verweist auf ihre Funktion bei der Jagd auf heimische Vögel »Schnepfen«. Der für diese Flinte historisch überlieferte Kosename »türkle« lässt vermuten, dass es sich hierbei um eine bevorzugte Waffe des Fürsten handelte.

Literatur: Badisches Landesmuseum: Die Karlsruher Türkenbeute. Die »Türckische Kammer« des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden. Die »Türckischen Curiositaeten« der Markgrafen von Baden-Durlach, bearb. von Ernst Petrasch, Reinhard Sänger, Eva Zimmermann und Hans Georg Majer, München 1991, S. 274 f., Kat. 226; zum Karlsruher Hofbüchsenmacher Bernhard Lichtenfels vgl. auch S. 277, Kat. 228.

nur Datensatz | Fotograf*in: Thomas Goldschmidt

CC0 1.0 Universal

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Location
Badisches Landesmuseum, Karlsruhe
Collection
Waffen
Inventory number
G 501
Measurements
Länge: 130.5 cm (Gesamt)
Länge: 90.4 cm (Lauf)
Durchmesser: 15.0 mm
Material/Technique
Stahl; Silber; Messing; Eisen; Nussbaumholz; geschmiedet; geschnitzt; graviert

Event
Herstellung
(who)
Bernhard Lichtenfels
(where)
Iran
Deutschland
Karlsruhe
(when)
Ende 17. Jh.

Rights
Badisches Landesmuseum
Last update
12.07.2024, 10:56 AM CEST

Data provider

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Object type

  • Flinte

Associated

  • Bernhard Lichtenfels

Time of origin

  • Ende 17. Jh.

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