Arbeitspapier | Working paper

Verfassungskrise in Kolumbien? Der Streit zwischen Präsident und Justiz eskaliert

"Trotz medienwirksamer Erfolge im Kampf gegen die Guerillas steht die kolumbianische Regierung derzeit unter starkem Druck. Die angekündigten politischen Reformen sind ebenso gefährdet wie die sicher geglaubte Kandidatur Álvaro Uribes zu einer dritten Präsidentschaftswahl. Im sechsten Jahr seiner Amtszeit wird Präsident Uribe von Entwicklungen eingeholt, die er zum Teil selbst in Gang gesetzt hat. Eine Reihe politischer Initiativen Uribes produzierte ungewollte Nebenwirkungen. Insbesondere der von ihm zu Beginn seiner ersten Wahlperiode mit viel Energie und gegen beträchtliche rechtliche Bedenken eingeleitete Versuch, durch das 'Friedens- und Gerechtigkeits'-Gesetz das Problem des 'Paramilitarismus' aus der Welt zu schaffen, ist gescheitert. Ziel war die Demobilisierung von Tausenden von Paramilitärs. Selbst die geringen Anforderungen, die das Gesetz an die Paramilitärs stellte, wenn sie die Waffen niederlegten, waren politisch und juristisch nicht in vollem Umfang durchsetzbar. Unzufrieden mit dem Ergebnis des Prozesses begannen viele Paramilitärs, öffentlich und vor der Justiz über ihre Hintermänner in der Politik, dem Militär und der Wirtschaft zu berichten. Erstmals kam damit das ganze Ausmaß des parastaatlichen Machtapparats unter dem neuen Schlagwort 'Parapolitik' ans Licht. Die kolumbianische Justiz arbeitet sich bisher beharrlich in das Dickicht dieses Netzwerkes vor. Ihre Ermittlungen stellen auch Uribes politische Basis in Frage und damit die Absicht, mittels einer weiteren Verfassungsänderung eine dritte Amtszeit für den Präsidenten durchzusetzen. Die Regierung und der Präsident haben sich bislang vergeblich bemüht, die Ermittlungen der Justiz gegen Politiker mit Verbindungen zu den Paramilitärs zu bremsen. Die offen ausgetragene Machtprobe zwischen Regierung und Justiz droht zu einer schweren Verfassungskrise zu werden. Sinnvolle Reformvorschläge im Bereich der Justiz bleiben im Getriebe des politischen Machtkampfs stecken. Ungeachtet hoher Werte bei Meinungsumfragen ist die Aussicht, eine vieldiskutierte dritte Wahlperiode Uribes legitimieren zu können, getrübt. Der Präsident hat bereits angedeutet, dass er unter Umständen auf eine erneute Kandidatur verzichtet." (Autorenreferat)

Weitere Titel
Constitutional crisis in Colombia? The dispute between the president and the judiciary is escalating
Umfang
Seite(n): 8
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion; nicht begutachtet

Erschienen in
GIGA Focus Lateinamerika (10)

Thema
Staatsformen und Regierungssysteme
Politikwissenschaft
Staat, staatliche Organisationsformen
politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
politisches System
Verfassung
Interessenpolitik
Kolumbien
politische Reform
Machtkampf
Korruption
Wahlrecht
paramilitärischer Verband
Andenraum
Bürgerkrieg
politische Macht
Verfassungsänderung
politischer Akteur
Entwicklungsland
Südamerika
Verfassungswirklichkeit
Lateinamerika
deskriptive Studie

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Huhle, Rainer
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
GIGA German Institute of Global and Area Studies - Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Institut für Lateinamerika-Studien
(wo)
Deutschland, Hamburg
(wann)
2008

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-275269
Rechteinformation
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:27 MESZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Arbeitspapier

Beteiligte

  • Huhle, Rainer
  • GIGA German Institute of Global and Area Studies - Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Institut für Lateinamerika-Studien

Entstanden

  • 2008

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