Bestand

Staatsanwaltschaft Stuttgart: Wiedergutmachungssachen (Aufhebung von Urteilen aus der Zeit des Nationalsozialismus) (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
Die Akten des vorliegenden Bestands wurden am 25.06.2008 von der Staatsanwaltschaft Stuttgart an das Staatsarchiv Ludwigsburg abgegeben (Zugang 2008/53). Es handelt sich um sogenannte Wiedergutmachungssachen (Aktenzeichen WgmL), die die Aufhebung von Strafurteilen und Straferkenntnissen aus der Zeit des Nationalsozialismus zum Inhalt haben. Weitere Wiedergutmachungssachen der Staatsanwaltschaft Stuttgart sind bereits früher (November 1978 und Juli 1980) im Staatsarchiv Ludwigsburg eingegangen und befinden sich unter der Bezeichnung "Ersatzakten" in den Beständen E 311 (Sondergericht für den Oberlandesgerichtsbezirk) und E 323 II (Staatsanwaltschaft beim Landgericht Stuttgart).

Inhalt und Bewertung
Gesetzliche Grundlage für die Aufhebung von nationalsozialistischen Unrechtsurteilen waren in Württemberg-Baden die Gesetze Nr. 29 zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Strafrechtspflege vom 31.05.1946 (Regierungsblatt der Regierung Württemberg-Baden S. 205), Nr. 207 vom 31.07.1947 (Reg.bl. S. 68) und Nr. 952 vom 16.08.1949 (Reg.bl. S.198). Zum einen wurden dadurch kraft Gesetzes Urteile aufgehoben, die ausschließlich wegen eines Verstoßes gegen nationalsozialistische Sondergesetze und -vorschriften ergangen waren, die ihrerseits bereits durch Kontrollratsgesetze aufgehoben worden waren. In diesen Fällen stellte die Staatsanwaltschaft lediglich eine entsprechende Bescheinigung aus. Zum anderen konnten auf Antrag im Wege einer gerichtlichen Entscheidung Urteile aufgrund von politischen Taten, durch die dem Nationalsozialismus Widerstand geleistet wurde oder die allein nach nationalsozialistischer Auffassung zu bestrafen waren, aufgehoben werden. Anträge auf Urteilsaufhebungen waren zunächst gesetzlich befristet nur bis 1947 möglich. Diese Frist wurde aber mehrfach verlängert. Das Bundesentschädigungsgesetz (BEG) von 1953 gewährte eine Entschädigung für Freiheitsentziehung im Zusammenhang mit einer strafgerichtlichen Verurteilung. Die Entschädigung konnte in Zweifelsfällen von einer gerichtlichen Urteilsaufhebung abhängig gemacht werden (§ 44 BEG), so dass in Folge des BEG die Zahl der Anträge stieg.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart war in Wiedergutmachungssachen zuständig für Verurteilte, die zum Tatzeitpunkt ihren Wohnsitz im Landgerichtsbezirk Stuttgart hatten, und für Antragsteller, die zum Zeitpunkt des Antrags ihren Wohnsitz im Landgerichtsbezirk Stuttgart hatten, wenn der Wohnsitz des Verurteilten zum Zeitpunkt der Tat außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland lag. Demzufolge betreffen die vorliegenden Akten nicht nur die Aufhebung von Urteilen ordentlicher Gerichte mit Sitz im Landgerichtsbezirk Stuttgart, sondern auch Urteile von Militärgerichten und von Gerichten aus dem ganzen ehemaligen Reichsgebiet.
Die originalen Verfahrensakten der Gerichte bzw. Staatsanwaltschaften zu den aufzuhebenden Urteilen sind in aller Regel vernichtet. Insofern stellen die Wiedergutmachungssachen eine gewisse Ersatzüberlieferung dar. Sie liefern auch Hinweise auf eventuell noch vorhandenene sonstige Quellen zu den NS-Verfahren, wie z.B. Gefangenenpersonalakten, da solche im Rahmen des Wiedergutmachungsverfahrens ermittelt und herangezogen wurden.

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 317 X

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Ober- und Mittelbehörden seit um 1945 >> Geschäftsbereich Justizministerium

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
18.04.2024, 10:40 MESZ

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