Archivale

In Anwesenheit der Herren Commissarii

Regest: Margretha Baur, aus dem Voitland (Vogtland) von Schlaitz (Schleiz) gebürtig, sagt aus, sie wisse ihr Alter nicht anzugeben, weil sie in ihrer Jugend durch das leidige Kriegswesen in das Elend und schliesslich hierher gekommen sei. Mit der Kindtsvatterin sei sie bekannt, soweit sie in dem Haus ihr schaffe. Ungefähr vor 1/2 Jahr habe sie in der Kindtsvatterin Haus geschafft, als zugleich die Küfer zugegen waren. Als sie am Abend miteinander assen, habe Zeugin den Küfer Johann Ammer vexiert (= gefoppt) und gesagt, er solle ihr auch ein Schwänzlein von ihrem Essen, Stockfisch und Hering, geben. Das habe er getan und ihr ein Schwänzlein von den Stockfischen gereicht. Hernach haben die Küfer ihr den Überrest der Stockfischbrühe gegeben, welche sie auch vollends allein ausass. Denn sie habe zu den andern, welche noch bei ihr sassen, gesagt, sie sollen auch mit-: essen. Diese aber haben sich entschuldigt. Ihr sei dann um Mitternacht sehr weh worden. Sie habe sich übergeben müssen und 14 Tag lang von einem Kräuterwein getrunken. Nach und nach sei ihr besser worden, wie sie denn jetzt vollkommen kuriert sei. Ob ihre Krankheit von der Fischbrühe oder anderswoher kam, wisse sie nicht. Sie wolle die Kindtsvatterin mitnichten bezichtigen. Allein man habe auch gesagt, der Küfer habe sich auf die Hering und Stockfisch übel befunden.

Johann Ammer, Bürger und Küfer hier, 39 Jahr alt, sagt, an der Fasnacht seien er, Jerg Kiefuss und Hans Jacob Kalwer in der Kindtsvatterin Haus zum Wein gegangen, haben ein Essen, Stockfisch und Hering, sich geben lassen, welche sie miteinander assen, und auch der Mann der Kindtsvatterin habe mitgegessen. Sie haben dann der vorigen Zeugin auf ihre Bitte 1/2 Hering und nachher den Überrest des Essens gegeben. Zeuge habe nicht gleich, sondern ungefähr 3 Wochen hernach sich sehr übel befunden, habe anfangs den Herrn Dr. Nobs konsultiert. Der habe ihm zwar Kräuter verordnet, dann aber ihm nichts mehr verschreiben wollen - warum, wisse er nicht. Wenn etwas in beiden Essen gewesen, so sei es nur im Hering gewesen. Er wisse aber nicht, ob die Kindtsvatterin etwas Unrechtes hineingetan habe oder nicht. Es könnte ihm auch anderswo gegeben worden sein. Der Kalwer gehebe sich (= jammere) immer und könne nicht recht fortkommen. Der Kiefuss sei auch 8 Tag lang krank gewesen, werde aber eben so viel (hier = eben so wenig) sagen können, woher es ihm komme, wie der Zeuge. Die Krankheit hange ihm noch an. Er wollte seines besten Weingartens mangeln, dass er seine vorige Gesundheit hätte.

Jerg Kiefuss sagt, er sei 30 Jahr alt. In der vorigen Fasnacht seien er, Johann Ammer, der Calwer, Johann Stechenfinger und des Zeugen Bruder miteinander zu dem Kindtsvatter zum Wein gegangen. Die Kindtsvatterin sei nicht daheim gewesen, aber bald von der Wäsch heimgekommen. Sie, die Zehrleute (= Gäste), sagten untereinander, wenn sie nur etwas zu essen hätten, es wäre, was es wollte. Sie wollen es gern bezahlen. Die Kindtsvatterin hab's gehört und ihnen Hering und Stockfisch auf den Tisch gestellt, wovon sie alle, auch ihr Mann selbst, assen. Dem Zeugen sei aber nicht das geringste von diesem Essen begegnet. Er sei gar nicht, sondern sein Bruder sei 6 Wochen hernach krank worden und habe sich 2 Tag lang übel befunden. Woher es ihm aber kam, werde er nicht sagen können. Die Margreth Baur habe begehrt, man solle ihr auch ein wenig Hering geben. Das sei geschehen. Was aber darauf erfolgte, könne er nicht sagen.

1660 August 18, Samstag
In Anwesenheit der Herren Commissarii.

Jerg Lutz, Beck und Bürger zu Wannweil, meint etwa 36 oder 37 Jahr alt zu sein. Er sagt aus, vor ungefähr 10 Wochen habe er von der Kindtsvatterin 40 Scheffel Dinkel gekauft und angefangen, diese herabzutragen. Als er den 3. Scheffel auf sich genommen, habe er ihn nicht ganz herunterbringen können, so habe es ihn in der linken Seite zu stechen angefangen. Nachher haben der Zeuge, der Hausmeister, der Mann der Kindtsvatterin, und Johann Zeihelen in der Kindtsvatterin Behausung einen Trunk getan. Den Wein habe der Kindtsvatter selbst geholt. Hernach habe der Kindtsvatter ihm eins gebracht und es ausgetrunken. Hernach habe sie ihm wieder eins gebracht. Ob sie es ausgetrunken oder nicht, wisse der Zeuge nicht. Ihm sei eins zugestellt worden. Er habe es von der Kindtsvatterin genommen und nicht geachtet, ob ihm von neuem eingeschenkt wurde. In dem Wein habe er gar nichts Verdächtiges gesehen, auch keinen Argwohn bisher gehabt, ausser was jetzt die Leut sagen. Er könne aber nicht sagen, dass er von dem Wein krank wurde oder wisse, woher der Zustand komme. Die Kindtsvatterin könne er nichts zeihen. Der Medicus Dr. Nobs habe zu des Zeugen Hausfrau gesagt, es sei ein Zustand, den sie nicht wissen dürfe (= nicht zu wissen brauche), werde schon wieder besser werden. Es sei ihm bereits besser, allein es währe bisweilen nicht lang.

Reference number
A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7812
Extent
6 S.
Formal description
Beschreibstoff: Pap.
Further information
Genetisches Stadium: Or.

Context
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 24 Hexenprozesse
Holding
A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)

Date of creation
1660 August 17 ff.

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20.03.2025, 11:14 AM CET

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  • Archivale

Time of origin

  • 1660 August 17 ff.

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