Bestand
Oberrat: Ritterschaft insgemein (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Akten über Angelegenheiten der Reichsritterschaft allgemein (Generalia) und über einzelne Adlige (geordnet nach Ämtern)
1. Bestandsgeschichte: Der heutige Bestand A 224 war bis 1806 Teil der Abteilung "Weltlicher Stand" in der herzoglichen Registratur des Oberrats. Wie die übrige Oberratsregistratur wurde er 1818 Teil des Archivs des Innern, dessen neuer Leiter, Archivrat Christoph Ludwig Friedrich Lotter (im Amt 1818-1843), das alte, handschriftliche Findmittel anlegte. Eine Reihe von Akten war zu diesem Zeitpunkt bereits entfernt und an das königliche Staatsarchiv abgegeben worden (z. B. 13 Faszikel aus dem Zeitraum 1644 bis 1727, vgl. altes Findmittel S. 5). 1866 wurden die Akten aus dem Stuttgarter Landschaftsgebäude ins Schloss Ludwigsburg verlegt. Vermutlich stammen die in violetter Tinte in Lotters Findmittel nachgetragenen Lagerortssignaturen (nach Schrank, Fach und Faszikel) aus dieser Zeit, die in schwarzer Tinte nachgetragenen Archivalieneinheiten und Lagerorte (nach Zimmer, Schrank, Fach, Bund und Nummer) dagegen aus der Zeit einer Neuordnung des Archivs durch Archivvorstand A. Marquart um 1908/15. Die heutigen, lagerortsunabhängigen Signaturen gehen auf die von Karl Otto Müller 1937 vorgenommene Beständeordnung zurück. Im November 2014 wurde der Bestand im Rahmen der Ausbildung des 49. Wissenschaftlichen Lehrgangs durch Dr. Niklas Konzen unter Betreuung von Dr. Peter Rückert neu erschlossen und indexiert. Die redaktionelle Überarbeitung und die technischen Abschlussarbeiten übernahmen Alexandra Haas und Johannes Renz.
2. Inhalt: Der Bestand dokumentiert die Tätigkeit des Oberrats in Angelegenheiten der Ritterschaft vom frühen 17. Jahrhundert bis zur Auflösung der ritterschaftlichen Territorien und ihrer Integration in das württembergische Staatsgebiet (nach 1802 bis 1818), wobei einige Büschel Vorakten bis zurück in die 1530er Jahre sowie Abschriften von Urkunden ab dem 14. Jahrhundert enthalten. Die Zuständigkeiten des Oberrats erforderten in vielen Punkten die Abstimmung mit ritterschaftlichen Herrschaftsträgern, etwa im Bereich der grenzüberschreitenden Strafverfolgung. Der Oberrat war außerdem Adressat ritterschaftlicher Verhandlungsangebote zum Tausch, Erwerb oder Verkauf von Gütern. Am umfangreichsten ist die Aktivität des Oberrats jedoch im Zusammenhang von Streitfällen überliefert. Die Überlagerung hoheitlicher Rechte, die in verschiedenen Händen lagen, innerhalb desselben geographischen Raums sorgten für häufige Unklarheiten und daraus entstehende Rechtsstreitigkeiten zwischen Württemberg und Mitgliedern der Reichsritterschaft. Dies betraf in der Regel Orte, die Angehörige der Ritterschaft als württembergische Lehen inne hatten, oder ehemalige Rittergüter, die Württemberg in seinen Besitz gebracht hatte. Streitgegenstand waren insbesondere die Besteuerung (Kollektation), Zölle, Mautgebühren und ritterschaftliche Handelsprivilegien, Militärhoheit und Heerfolge (Ius armorum et sequelae) sowie daraus abgeleitete Kompetenzen zur Eintreibung von Kontributionen, die strafrechtliche Verfolgung von Angehörigen der Ritterschaft und weitere hoheitliche Rechte. Insbesondere die fünf schwäbischen Ritterkantone Donau, Hegau-Bodensee-Allgäu, Kocher, Kraichgau und Neckar-Schwarzwald, der zeitweilig als Teil der rheinischen Ritterschaft auftretende Ritterkanton Ortenau sowie der fränkische Kanton Odenwald traten Württemberg in solchen Zusammenhängen als Gegner gegenüber. Zu diesen Vorgängen sind im vorliegenden Bestand regierungsinterne Unterlagen, Berichte aus den Ämtern über anhängige Nachbarschaftsstreitigkeiten sowie Korrespondenzen, Gutachten und Protokolle aus direkten Verhandlungen mit der Reichsritterschaft dokumentiert. Die Reichsritterschaft strebte häufig einen Konfliktaustrag vor dem Reichshofrat an. Beide Seiten suchten außerdem Einfluss auf die Regelung ihrer Angelegenheiten durch Kaiser und Reichstag zu nehmen. Württemberg suchte in einigen Fällen nach Verbündeten unter den Reichsfürsten, um den Initiativen der Ritterschaft geschlossen entgegen treten zu können, oder andere Fürsten traten mit diesem Anliegen an Württemberg heran. In der Überlieferung haben sich diese Vorgänge ebenfalls in der Form von Korrespondenz, in den Weisungen an und Berichten von württembergischen Gesandten am Regensburger Reichstag und am Kaiserhof sowie in zahlreichen Druckschriften niedergeschlagen, mit denen sowohl Württemberg als auch die Ritterschaft gegenüber Kaiser, Reichstag und Reichshofrat für ihre Position warben. Die jüngsten Akten des Bestands befassen sich schließlich mit den Folgen des Reichsdeputationshauptschlusses und der napoleonischen Flurbereinigung, mit der viele ehemals ritterschaftliche Territorien im württembergischen Staatsgebiet aufgingen.
3. Literaturhinweise: Karl Otto Müller, Das Württembergische Staatsfilialarchiv in Ludwigsburg (Geschichte und Organisation). In: Archivalische Zeitschrift 35 (1925), S. 61-110
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 224
- Umfang
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214 Büschel (5,20 lfd. m)
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Altwürttembergisches Archiv >> Weltliche Zentralbehörden >> Oberrat (Regierungsrat)
- Bestandslaufzeit
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1531-1818
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rechteinformation
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Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
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20.01.2023, 15:09 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1531-1818