Bildwerk
Grafik 'Leichenbegängnis für Herzogin Maria Dorothea"
Kupferstich mit Abbildung des Leichenzuges für Maria Dorothea Sophia zu Oettingen-Oettingen, Herzogin von Württemberg (1639-1698) in die Stuttgarter Stiftskirche, einer der Grablegen des Hauses Württemberg, die im Hintergrund rechts dargestellt ist. Die Witwe von Herzog Eberhard III. (1614-1674) wird hier "solennitatibus nobilium" (mit hochadligen Zeremonien) bestattet, eine Ehrengarde der Soldaten begrenzt den rein männlichen Zug an Würdenträgern, die alle schwarzen Trauerflor an ihren Hüten tragen. Die Herzogin ist eine sogenannte "Nachtleiche", wie die zahlreich aufgestellten Ständer mit offenem Feuer nahelegen. Diese Begräbniszeremonien bei Dunkelheit galten als vornehm und waren im flackernden Lichtschein besonders eindrucksvoll, bis Herzog Carl Eugen 1784 durch die geänderte Trauerordnung diese Praxis beendete. Im späten 17. Jahrhundert hatte sich eine nächtliche, von der Geistlichkeit weitgehend losgelöste Zeremonie entwickelt, die in verschiedenen Quellen als „Beisetzung" bezeichnet wird. Eine Beisetzung fand abends oder nachts statt; die Teilnahme von Geistlichen und Gemeinde war auf ein Mindestmaß reduziert. Ein eher ausgrenzender Fackelzug und eine weltliche Leichenrede ersetzten das Grabgeleit von Pfarrer und Gemeinde, die Gesänge der Schulkinder und die Leichenpredigt. Trotz des vehementen Widerstandes der orthodoxen lutherischen Geistlichkeit (die erste polemische Schrift gegen die Beisetzung, Christian Kortholds „Theologisches Bedencken von heimlichen Leich-Bestattung", wurde 1676 in Kiel veröffentlicht), verbreitete sich die Nachtbeerdigung in der höfischadeligen Gesellschaft wie in den städtischen Oberschichten ab 1670. In der Grafik ist im oberen Drittel des Bildes der mit einem Baldachin überdeckte Sarg der Herzogin zu erkennen, er wird vermutlich getragen, obwohl dies nicht zu sehen ist. Der Trauerzug beginnt links unten in einem Portal, das mit den beiden Wappen des Herzogs und der Herzogin versehen ist, links das geviertelte Schild des Hauses Württemberg mit den Hirschstangen, den "Wecken" (Rauten), der Reichssturmfahne und den Mömpelgarder Brassen. Rechts das Wappen des Hauses Oettingen, der Eisenhutfeh mit Herzschild und den durchgehenden Schragen.
- Standort
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Museum für Sepulkralkultur, Kassel
- Sammlung
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Grafische Sammlung
- Inventarnummer
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GS 1981/74
- Maße
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ca. 55 x 74 cm
- Material/Technik
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Papier / Kupferstich
- Verwandtes Objekt und Literatur
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Koslofsky, Craig, 1997: Von der Schande zur Ehre. Nächtliche Begräbnisse im lutherischen Deutschland (1650-1700), in: Historische Anthropologie 5, S. 350-369, Köln
Ters, Oskar, 2019: Die Nachtleichen St Michaels zu Wien. Inszenierter Totenkult in den Straßen der Stadt, in: Telesko, Werner; Aigner, Thomas (Hg.): Sakralisierung der Landschaft, S. 91-108, St. Pölten
- Bezug (was)
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Nacht
Sarg
Fackel
Trauerflor
Fackelträger
Trauerzug
- Bezug (wer)
- Bezug (wo)
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Stuttgart
- Rechteinformation
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Museum für Sepulkralkultur
- Letzte Aktualisierung
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26.08.2025, 07:51 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bildwerk