Bestand
Nachlass Schneider, Gustav (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Nachlass des ehemaligen Präsidenten der Wasser- und Schifffahrtsdirektion
Biographie: Gustav Schneider wurde am 31. Januar 1897 in Mannheim als Sohn des Landgerichtssekretärs Gustav Schneider und seiner Ehefrau Maria, geb. Wagner, geboren. Sein Großvater war der Zentrumsabgeordnete Gustav Schneider. 1902 übersiedelte die Familie nach Heidelberg, wo Schneider von 1903 bis 1906 die Volksschule besuchte; daran schloss sich zwischen 1906 und 1914 eine höhere Schulbildung auf dem Kurfürst-Friedrich-Gymnasium an, die er im Dezember 1914 mit dem Abitur abschloss. Während des 1. Weltkriegs zwischen Januar 1915 und Januar 1919 tat Gustav Schneider bei einer Artillerieformation, zuletzt als Leutnant, Dienst und begann dann ein Studium an der Abteilung für Bauingenieurwesen an der Technischen Hochschule Karlsruhe, das er am 30. Mai 1921 mit ausgezeichnetem Diplom abschloss. Von Mai 1921 bis Oktober 1921 arbeitete er zunächst für kurze Zeit als Assistent am Lehrstuhl für Eisenbahnwesen, war anschließend im Vorbereitungsdienst bei verschiedenen technischen Behörden des badischen Staates und der Reichsbahn, legte im November und Dezember 1924 die große Staatsprüfung im Ingenieurbauwesen mit der Gesamtnote "gut" ab und wurde in die Laufbahn des höheren bautechnischen Verwaltungsdienstes übernommen. Seit 1925 war er als Regierungsbaumeister am Wasser- und Straßenbauamt Waldshut tätig, bevor er 1930 parallel zum Beginn des Rheinausbaus zwischen Straßburg/Kehl und Istein zur Bauabteilung I beim Wasserstraßenamt (früher Rheinbauamt) Freiburg versetzt wurde. Am 10. August 1925 verheiratete sich Gustav Schneider mit der 24-jährigen Therese Saur; aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor. An der Technischen Hochschule Karlsruhe promovierte er zum Dr.-Ing. Zwischen 1935 und 1936 war Gustav Schneider nach Mannheim abgeordnet und vom 22. Februar 1942 bis 20. November 1944 fungierte er als Leiter des Wasserstraßenamtes im elsässischen Mulhouse. Dabei war er u.a. auch für den Rhein-Rhône-Kanal zuständig. Schneider stand von seiner politischen Prägung her dem Zentrum nahe und gehörte nie der NSDAP an, war aber u.a. seit 1933 Mitglied im Reichsbund der Deutschen Beamten. Nach Kriegsende stieg Gustav Schneider zum Leiter der Abteilung Wasserstraßen der Baudirektion in Freiburg auf, bereits 1951 wurde er Chef der gesamten Baudirektion. Schwerpunkt seiner Arbeit war v.a. auch das Bemühen um eine Milderung oder Behebung der der Oberrheinregion entstandenen Nachteile durch den Bau des Rheinseitenkanals, so war er maßgeblich am Kompromiss der Schlingenlösung beteiligt. 1955 wurde Gustav Schneider zum ersten Präsidenten der am 1. Januar gegründeten Wasser- und Schiffahrtsdirektion Freiburg ernannt, die er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 1962 leitete. An seiner Verabschiedung im Freiburger Rathaus nahm u.a. auch Bundesverkehrsminister Seebohm teil. Schneiders Nachfolger als 2. Präsident der WSD von 1962 bis 1969 war Karl Knäble, dessen Nachlass ebenfalls im Staatsarchiv Freiburg aufbewahrt wird. Auch international erwarb sich Gustav Schneider u.a. als deutscher Delegierter in der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt in den Nachbarländern ein großes Ansehen, das mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Technischen Wissenschaften an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich honoriert wurde. Außerdem war er seit 1962 Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse sowie des Ordre national du mérite der Französischen Republik. Auch während seines Ruhestands widmete sich Gustav Schneider noch den Themen, die sein berufliches Leben geprägt hatten und schrieb im Auftrag der Baukommission der Deutsch-Schweizerischen Gesellschaft eine "Zusammenfassende Darstellung der Rheinregulierung Straßburg/Kehl-Istein", die er im Dezember 1966 abschließen konnte. Er verstarb am 6. September 1973 im Alter von 76 Jahren. Gustav Schneider war u.a. Mitglied in verschiedenen Verwaltungs- und Aufsichtsräten: 1. Verwaltungsrat des Kraftwerks Laufenburg von 1951 bis 1973 2. Verwaltungsrat des Kraftwerks Rheinau 3. Aufsichtsrat der Badenwerk A.G. 4. Staatskommissar des Kraftwerks Birsfelden
Überlieferungsgeschichte und Erschließung des Bestandes: Nach sich lange hinziehenden, immer wieder unterbrochenen Verhandlungen, die bereits 1973 durch den damaligen Direktor des Staatsarchivs Freiburg, Dr. Bernd Ottnad, noch zu Lebzeiten des Nachlassers angestoßen worden waren, kam der Bestand erst 2004 als Schenkung des jüngeren Sohnes von Gustav Schneider, Hans Konrad Schneider, selbst Regierungsdirektor beim Regierungspräsidium Freiburg, im Zuge der Räumung des ehemaligen elterlichen Wohnhauses ins Staatsarchiv Freiburg, in dessen Besitz er dann endgültig im März 2007 überging. Der Nachlass blieb zunächst unverzeichnet und war mangels Archivliste nur schwer zugänglich; allerdings übergab der Schenker für den Teil der im Nachlass befindlichen Handakten eine hilfreiche "Handakten-Registratur-Disposition". Der Nachlass wurde im Januar und Februar 2012 im Rahmen eines Erschließungsprojekts der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg von Stefanie Albus-Kötz erschlossen und damit für die Benutzung zugänglich gemacht. Bei der Verzeichnung wurde für die von Gustav Schneider übernommenen Handakten soweit möglich die bei der Übergabe des Nachlasses mitabgegebene, so genannte "Handakten-Registratur-Disposition" der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Freiburg als Gliederung zugrundegelegt. Die Handakten enthalten allerdings meist nur Materialsammlungen mit Presseausschnitten und Sekundärliteratur zu Themen wie z.B. Elektrotechnik, Verkehrstechnik und Schiffbau; auch zu den seine Arbeit betreffenden Themen wie der Rheinregulierung ist nur wenig wirklich die Entscheidungsprozesse in der Wasser- und Schiffahrtsdirektion betreffendes Material vorhanden. Teilweise waren die in den Hängeregistraturmappen befindlichen Umschläge zwar mit Aktenplannummer und Titel beschriftet, enthielten dann jedoch keine Unterlagen. Das Staatsarchiv Freiburg verwahrt weitere aufschlussreiche Unterlagen zu Gustav Schneider: So sind die Entnazifizierungsakte unter der Signatur D 180/2_175601, die Personalakte des RP Freiburg unter der Signatur F 22/62_2237 sowie im Fotonachlass Willy Pragher unter der Signatur W 134 Fotos der Verabschiedung Gustav Schneiders sowie der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse an Gustav Schneider durch Bundesverkehrsminister Seebohm zu nennen. Da die letzten Protokolle der Baukommission zur Rheinregulierung aus den Jahren 1962 und 1963 bereits im Bestand P 680/21 Wasser- und Schiffahrtsdirektion überliefert sind, wurden sie im Nachlass Schneider vernichtet, um Redundanzen zu vermeiden. Geschäftsberichte und Gremienprotokolle, z.B. verschiedener Kraftwerke, die sich im Rahmen seiner dortigen Tätigkeit als Verwaltungsrat in großer Zahl im Nachlass Gustav Schneiders befanden, wurden nur aufbewahrt, wenn sie Änderungen oder Korrekturen von der Hand des Nachlassers trugen. So wurden z.B. die Jahresberichte des Elektrizitätswerks Rheinau AG kassiert. Im Nachlass Gustav Schneiders fanden sich auch verschiedene Fassungen seines Werks "Zusammenfassende Darstellung der Rheinregulierung Straßburg/Kehl-Istein". Dabei wurde die Endfassung des Manuskripts, das keinerlei Korrekturen oder Anmerkungen trägt und nicht von der Druckfassung abweicht sowie das handschriftliche Reinkonzept kassiert, während das komplette handschriftliche Rohkonzept mit Korrekturen aufbewahrt wurde. Drei Ordner mit den Protokollen der Sitzungen der deutsch-schweizerischen Technischen Kommission für die Schiffbarmachung des Hochrheins wurden ebenfalls kassiert, ebenso wie die drei Mappen mit den nur in Kopie vorhandenen badischen Konzessionen der Kraftwerke am Hochrhein. In die Bibliothek abgegeben wurde eine Reihe von Bänden und Literatur zur Wasser- und Schiffahrtsverwaltung, u.a. der Bildband Erich Bauer, "50 Jahre lebendiger Karlsruher Rheinhafen". Weiteres Bibliotheksgut, das entweder in der Bibliothek bereits vorhanden war (z.B. Wasserwirtschaftliche Maßnahmen längs des Rheins von Märkt bis Kehl i.A. des Badischen Ministeriums der Finanzen/Abt. Baudirektion, bearb. von Franz Jäger) oder der Titel "Die Kanalisierung der Mittelweser von Minden bis Bremen", der nicht unbedingt in das Sammelprofil der Dienstbibliothek passt, wurde kassiert. Eine Kiste der von Gustav Schneiders Sohn Hans Konrad Schneider an das Staatsarchiv Freiburg abgegebenen Unterlagen enthielt auch eine umfangreiche Fotodokumentation, die augenscheinlich nicht dem Nachlass Gustav Schneiders im engeren Sinne zuzuordnen ist, sondern aus der Tätigkeit Hans Konrad Schneiders als persönlicher Referent des Freiburger Regierungspräsidenten Dr. Hermann Person erwachsen ist. Sie dokumentiert v.a. die Teilnahme Dr. Persons und seiner Mitarbeiter an Internationalen Konferenzen wie dem Comité Nord in Straßburg oder dem Comité Sud (Comité Régional Bipartite pour le nord bzw. Comité Régional Tripartite pour le sud de l'espace du Rhin supérieur etc.) zur Etablierung einer grenzüberschreitenden Kooperation am Oberrhein, wobei das Comité Nord eine Kooperation zwischen Frankreich und Deutschland, das Comité Sud zwischen Frankreich, Deutschland und der Schweiz beinhaltete. Die Aufnahmen dürfte Hans Konrad Schneider selbst angefertigt haben. Der Bestand ist nun unter der Signatur T 1 (Zugang 2004/0060) nach den Maßgaben des Landesarchivgesetzes und der Archivbenutzungsordnung des Landes Baden-Württemberg einsehbar und umfasst 319 Archivalieneinheiten in 4,1 lfd. m. Freiburg im Februar 2012 Stefanie Albus-Kötz
Sachverwandtes und Literatur: Gustav Schneider, Zusammenfassende Darstellung der Rheinregulierung Straßburg/Kehl-Istein, im Auftrag der Baukommission des Unternehmens "Regulierung des Rheins zwischen Straßburg/Kehl-Istein, Freiburg 1966.
- Reference number of holding
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg, T 1 (Zugang 2004/0060)
- Extent
-
1-319
- Context
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg (Archivtektonik) >> Nachlässe und Familienarchive >> Nachlässe und Vorlässe
- Indexentry person
-
Schneider, Gustav - Nachlass
Schneider, Gustav; Bauingenieur, leitender Beamter, 1897-
- Date of creation of holding
-
(1717-1879) 1910-1982
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rights
-
Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Last update
-
24.04.2024, 2:36 PM CEST
Data provider
Landesarchiv Baden-Württemberg. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- (1717-1879) 1910-1982