Grafik
Die Anbetung der Hirten
Vier Personen gruppieren sich um ein Zentrum, das in wenigen Strichen angedeutet ist. Es handelt sich um die Anbetung der Hirten, wie sie im zweiten Kapitel des Lukasevangeliums geschrieben steht (Lk. 2,8-18). Der Engel verkündete den Hirten auf dem Feld die Geburt des Heilands: „Heute ist Euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr“ (Lk. 2,11). Sie erreichten Bethlehem, fanden das Kind in der Krippe und beteten es an. - Von den beiden Hirten sind jeweils die Köpfe, von Maria und Josef zusätzlich Teile des Oberkörpers herausgearbeitet. Der Jesusknabe und der Bildvordergrund bleiben in ihrer Kontur skizziert. Maria hält engen Blickkontakt mit ihrem Sohn und betrachtet ihn nachdenklich. Sie wickelt ein Tuch um das nackte Kind, sie weiß schon von der kommenden Passion Christi. Die Hirten betrachten diese Szene. Josef hält eine Licht spendende Kerze. Der schwache Schein läßt die lebhaften Gesichter stark hervortreten. Maria ist in ein helleres Licht getaucht. Sie wird von den göttlichen Strahlen des Kindes erleuchtet. - Da die Darstellung unvollendet geblieben ist, könnte es sich um einen Probedruck handeln. Allerdings verweisen die Zeilen über der Gruppe auf ein herrschaftliches Privileg, das der Herausgeber Jacob Matham (1571-1631) für diesen Druck besessen hat. Matham war der Stiefsohn und einer der ersten Schüler von Hendrick Goltzius. Er gab verschiedene Drucke seines Stiefvaters heraus und besaß anscheinend auch Privilegien dafür. Druckprivilegien waren eine willkommene Auszeichnung für den Verleger und sicherten ihm, meist nur auf kurze Zeit, die Herausgeberschaft. Sie wurden von den jeweiligen Obrigkeiten, Stadträten, Fürsten oder Königen, verliehen. Schon 1512 erhielt Albrecht Dürer in Nürnberg die Befugnis, als einziger seine Drucke in der Stadt verkaufen zu dürfen. - Es existieren verschiedene Abzüge unterschiedlicher Stadien der Darstellung, aber keine vollständig ausgearbeitete. Der dritte Zustand weist unter den Zeilen die Jahreszahl 1615 auf. Dies könnte auf den Entstehungszeitraum hinweisen. In ihm ist allerdings weder Christus noch der Hintergrund angelegt. Bei dem Zustand des vorliegenden Blattes ist kein Datum vorhanden, dafür ist der Bildvorder- und Hintergrund in der Kontur angelegt. - Das Blatt verdeutlicht das künstlerische Geschick und die völlige Beherrschung der Technik. Mit dem Grabstichel wird zuerst die Kontur der Darstellung angelegt. Es entsteht eine Art Hilfszeichnung, von der aus die genaue Bearbeitung erfolgt. Angelegte Linien können dabei nur schwer wieder entfernt werden. Die Darstellung wird von zeichnerischen Vorlagen seitenverkehrt in die Platte eingestochen. Diese, sich zum Teil erhaltenen Zeichnungen, sind vom Künstler seitenrichtig angelegt. In den sogenannten Probedrucken kann er die Wirkung seiner Bildidee an Hand des Druckes überprüfen. Neben diesem existiert u.a. noch eine „unfertige“ Kreuzigung von Goltzius, die allerdings keine Inschrift enthält. - Matham zeigt durch den halbfertigen Zustand der Platte die Meisterschaft seines Stiefvaters, sowohl in dem wirkungsvollen Schattenspiel, als auch in der zeichnerischen Anlage des Werkes. Deswegen sind vermutlich auch die Privilegiumszeilen, quasi als Überschrift, ins Bild gesetzt.
- Alternativer Titel
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The Adoration of the Shepherds
- Standort
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Georg-August-Universität Göttingen / Kunstgesch. Seminar und Kunstsammlung der Universität, Göttingen
- Inventarnummer
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D 4306
- Maße
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Höhe: 205 mm (Blattmaß)
Breite: 155 mm (Blattmaß)
- Material/Technik
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Papier; Kupferstich
- Inschrift/Beschriftung
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Aufschrift: Cum privil[egio]. S[errenissim]a[e]. Cae[saris]. M[aiesta]tis / HGoltzius Fecit / I. Matham exud[it]. / (nach Arwed Arnulf 2020 aus: Ausst.-Kat. Freiburg 2020, S. 174-177.)
Marke: Göttinger Bibliotheksstempel
- Verwandtes Objekt und Literatur
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Beschrieben in: F. W. H. Hollstein, „Goltzius-Heemskerck. Dutch and Flemish etchings, engravings and woodcuts ; 8“. . (Hollstein Dutch and Flemish VIII.6.15 II)
Beschrieben in: A. von Bartsch, „Le Peintre Graveur ; Troisième Volume“. De L'Imprimerie De J.V. Degen, A Vienne, 1803. (Bartsch III.16.21)
Beschrieben in: „Gott & die Welt : niederländische Graphik des 16. Jahrhunderts aus der Kunstsammlung der Universität Göttingen ; [Carsten-Peter Warncke zum 60. Geburtstag] ; [Kunstsammlung der Universität Göttingen, 10. Juni bis 8. Juli 2007, Emslandmuseum Schloß Clemenswerth, 2. September bis 31. Oktober 2007, Ostfriesisches Landesmuseum Emden, 17. Februar bis 30. März 2008]“. Cuvillier, Göttingen, 2007. (Gott und die Welt 2007.8.)
Veröffentlicht in: Ausst. Kat. Freiburg 2020: Stroh, Stephanie, Sors. Anne-Katrin, Thimann, Michael (Hg.): Meisterblätter von Hendrick Goltzius, Petersberg 2020.
- Klassifikation
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Zeichnung/Grafik (Hessische Systematik)
Kupferstich (Oberbegriffsdatei)
- Bezug (was)
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Anbetung der Hirten
Kerze
Christkind
die Anbetung des Christuskindes durch die Hirten (im Beisein Marias und Josephs)
- Ereignis
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Entstehung
- (wo)
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Niederlande
- (wann)
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ca. 1558 - 1617
- Ereignis
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Herstellung
- Ereignis
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Veröffentlichung
- (wann)
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1571 - 1615 (Lebensdaten des Herausgebers, Druck vor 1615 (vgl. Weblink: Virtuelles Kupferstichkabinett))
- Förderung
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Die Digitalisierung wurde gefördert durch die Deutsche Digitale Bibliothek aus Mitteln des Programms „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
- Letzte Aktualisierung
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24.04.2025, 12:58 MESZ
Datenpartner
Kunstsammlung der Universität Göttingen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Grafik
Entstanden
- ca. 1558 - 1617
- 1571 - 1615 (Lebensdaten des Herausgebers, Druck vor 1615 (vgl. Weblink: Virtuelles Kupferstichkabinett))