Archivale

Gesuch des Papierers Enderis Mickh an den Rat zu Esslingen

Regest: Minckh ist früher neben andern redlichen Bürgern, weil sie, jedoch unwissend, von den ungetreuen Spitalsmüllern, deren fürnehmster mit dem Strang gerichtet worden ist, etliche Kernen zu verschiedenen Malen gekauft haben, gefänglich eingezogen worden. Man hatte sie, besonders ihn, der der Mühle am nächsten gesessen, im Verdacht, sie hätten von dem Abtrag (= Unterschleif, Unterschlagung) Kenntnis gehabt und seien zu ihrem Vorteil Hehler gewesen. Das hat sich aber weder aus des Gerechtfertigten (= vor Gericht Gestellten) Vergicht (= Aussage) noch anderer angestellter Inquisition (= Untersuchung) im geringsten befunden (= ergeben). Allein weil sie nicht zu offnem, feilem Markt gekauft haben, ist jedem von ihnen nach Vermögen ohne Abbruch an seiner Ehre eine Geldstrafe auferlegt worden, welche für ihn seine Verwandten ausgerichtet haben, worauf er ledig geworden ist.
Nun hat sich hernach zugetragen, dass er sich mit der Bruderschaft seines Handwerks zu Reutlingen, der sowohl sein Vater selig als er zugetan (= zugehörig), wegen des Tagwerks, das er frei ungemessen zu haben vermeint hatte, vertragen hat und sich hat strafen lassen. Solches aber haben etliche Unruhige wie David Gretzinger und sein Schwager Wolf Held zu Franckfurt hernach beim Wein zum ärgsten angezogen und gedeutet, als hätten Meister und Gesellen zu Reutlingen ihn nicht in ihre Bruderschaft, viel weniger in die Strafe nehmen sollen. Sie sind darüber mit Klemm, dem Vater des Handwerks daselbst, der die Bruderschaft gegen ihr Schimpfieren verteidigt hat, aufstössig geworden und zerfallen, dass Gretzinger ihn darauf gescholten (= für unredlich erklärt) und sein Gesind aufwögig (= aufrührerisch) gemacht hat. Deswegen hat er bei dem Handwerk geklagt. Beiden ist eine Strafe angeboten worden, worauf sie auch mit handgegebener Treu eingegangen sind. Als aber gegen jeden eine geringe Strafe erkannt wurde, hat Klemm derselben Folge geleistet, jedoch Gretzinger sich mit Trotz geweigert. So haben Meister und Gesellen wegen Ungehorsams und übertretener Handtreu sich entschlossen, ihn auf ihrem Handwerk nicht zu fördern noch zu dulden. Darauf schreibt Held an seinen Schwager Gretzinger unter dem 15. Oktober (15)93, Meister und Gesellen zu Franckfurt könnten nicht - wie zu glauben auf des Held als Gretzingers Consorten unbeständiges (= unzuverlässiges) Angeben - als recht erkennen, dass die Bruderschaft zu Reutlingen einen ehrlosen Mann strafe und in ihre Bruderschaft nehme. Sie halten es gar nicht für Handwerks Gebrauch, wenn sie einen Meister und Gesellen strafen und nehmen die Herren (d. h. die Obrigkeit) dazu. Mit dem beschliesslichen Anhang: Wenn die Gesellen etwan an dich begehren, den Brief zu lesen, so tu's!
Dessen unersättigt, hat nachmals ein Papierergesell, Erhart Straub, der bei Gretzinger eingezogen, sich an unterschiedlichen Orten - auf wessen Anstiften ist leichtlich zu erachten - vernehmen lassen, Meister und Gesellen zu Reutlingen seien nicht redlich. Denn sie haben einen Dieb, den Meister von Esslingen, gestraft und in ihre Bruderschaft genommen. Das hätten sie nicht tun sollen. Das sage er gut rund. Dieser hat gleichfalls seine Handtreu und Gelübd in den Wind geschlagen und ist aus dem Arrest flüchtig geworden. Darüber haben Meister und Gesellen ihn, Mickh, am 26. Mai jüngsthin als den Gehorsamen für redlich erkannt.
Samuel Hildbrand und Ludwig Samuel Hildbrand, Papierer zu Bomeß und Frankfurt, haben Gretzingers Frevel, Vergessenheit und Ungehorsam gebilligt und dagegen Klemm, Mickh und die Bruderschaft zu Reutlingen verdammt mit Befremdung (= Erklärung des Befremdens), dass man solches an den Rat zu Reutlingen habe gelangen lassen.
Diese Handlung, Beschreiung und Verdammung gereicht Mickh und den Seinen zu Abbruch der Nahrung und endlichem Verderben und der Bruderschaft zu merklichem Nachteil und ist ohne Zweifel weiter Unrat zu besorgen. Auch ist j[e]der Biedermann verpflichtet, seine Ehre als das höchste Pfand bis zum letzten Atem zu vertreten.
Mickh bittet daher, ihm zur Rettung seiner Ehre zu helfen und dem Rat zu Reutlingen gegenüber zu bestätigen, dass seine anfangs erwähnte Haft und Straf keine andere Ursach als die von ihm angegebene gehabt habe, so dass niemand ihn deswegen schmählich anzutasten oder als unredlich zu schelten und dadurch ihm die hergebrachte Förderung zu sperren oder abzustricken befugt sei.
Enderis Mickh, Bürger und Papierer allhie zu Esslingen.

Archivaliensignatur
A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 3190
Formalbeschreibung
Beschreibstoff: Pap.
Sonstige Erschließungsangaben
Bemerkungen: Ist wohl die Beilage zum Schreiben von Bürgermeister und Rat zu Esslingen vom 1. Juli 1594.

Genetisches Stadium: Wahrscheinlich Kopie

Kontext
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 9 Zünfte Papierer
Bestand
A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)

Laufzeit
1594 (ohne Datum)

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Letzte Aktualisierung
20.03.2025, 11:14 MEZ

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Objekttyp

  • Archivale

Entstanden

  • 1594 (ohne Datum)

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