Archivale

Urgichten

Regest: Die folgenden 3 Personen haben vor und nach der Peinigung nicht nur einmal, sondern oft das folgende bekannt.
Sabina Stirm.
1) Vor ungefähr 18 Jahren, nämlich ehe die Spanier ins Land kamen, habe sie sich mit einem hiesigen Bürger in fleischlicher Liebe vermischt und die Ehe mit ihm gebrochen. Bald hernach sei der Satan auf ihrer Wiese vor Norschel in solcher Gestalt zu ihr gekommen, dass sie meinte, es sei ihr Buhle, und habe sie überredet, mit ihm in den Norschelwald zu gehen. Daselbst hätten sie Unzucht miteinander getrieben. Erst nachher habe er sich zu erkennen gegeben, dass er ein Teufel sei. Da habe er sich mit ihr vereinigt, dass sie sich ihm ganz und gar ergeben habe. Ausserdem habe sie Gott und seine grundlose Barmherzigkeit verleugnet ...
2) Wenn sie habe fahren wollen, habe jedesmal ihr Buhle ihr ein Hütlein oder Steckelein gegeben, dass sie fahren konnte, wohin und worauf sie wollte.
3) Sie sei mit anderen Gespielen in der Frissana (?) Keller gefahren und habe darin gezecht.
4) Sie sei oft hinter die Achel (= Achalm), an das Rangenberglein, auf die Scheibe, unter unser Hochgericht, unter des Bläsins Steig und an andere Orte gefahren mit ihren Gespielen (= Freunden, Freundinnen). Daselbst haben sie gegessen, getrunken, Unzucht getrieben und ihres Bedünkens Hagel und Reif gemacht und damit das Gewächs und die Früchte auf dem Feld verderbt.
5) Vor etlichen Jahren habe sie einem Kind, Jacob Thrumether, an die Seite gegriffen, es geleumbdt (= gelähmt) und schliesslich getötet.
6) Vor ungefähr 7 Jahren sei sie dem Claus Linder etlich Geld um Wein schuldig gewesen, welches sein Weib verlangte. Sie habe ihr das Geld in die Hand gedrückt, sie damit gelähmt und verderbt, dass sie ungefähr 4 Jahr lag und schliesslich deshalb sterben musste.
7) In den letztvergangenen Fasten sei der Knecht des Vogts Kartenmalers bei ihrem Knecht gelegen. Als er am Morgen aufgestanden sei, habe sie ihn mit den Armen umfangen und gelähmt. Doch sei ihm wieder geholfen worden.
8) Sie habe oft der Hausfrau des Johim (Joachim) Schreck selig, wenn sie schwanger gewesen, die Milch genommen, dass sie nachher die Kinder nicht säugen konnte.
9) Sie bekennt, es reue nun ihren frommen Mann und ihre Kinder, dass sie ihr so wohl vertrauten und sie an ihnen so übel getan habe.

Anna Schengkel.
1) Ungefähr 1/2 Jahr nach ihres Bechtolds Tod sei der Satan zu ihr gekommen in eines schönen Mannes Gestalt in ihre Kammer und habe mit ihr Unkeuschheit zu pflegen begehrt. Das habe sie ihm bewilligt. Da habe er ihr zugesagt, es müsse ihr glücklich und wohl gehen, und er wolle ihr verschaffen, dass sie vor andern hochgehalten werden müsse. Darauf habe sie Gott und alle Christgläubigen verleugnet.
2) Sie sei oft mit ihren Gespielen hinter die Achel (Achalm), ans Rangenberglein, zum Hochgericht, auf die Scheibe und an andere Orte gefahren. Daselbst haben sie gegessen, getrunken, getanzt und andere Unzucht getrieben, auch Hagel und Reif gemacht.
3) Sie sei oft über Rottenburg, zum Hohenschild gefahren, an viel ihr nicht bekannte Orte. Daselbst habe sie dann ihr unchristlich, heillos Wesen getrieben.
4) Sie habe ihrem Mann Jacob Beecht selig in einem grünen Kraut vergeben (= Gift gegeben) und ihn getötet.
5) Vor ungefähr 7 Jahren habe sie mit ihren Gespielen am heiligen Abend getanzt am Rangenberglein. Da habe sie ihrem Spielmann einen Goldgulden geschenkt.

Hans Leser.
1) Er habe vor 26 Jahren zu Markgrafen-Baden ein Hemd gestohlen.
2) Vor 27 Jahren habe er bei dem alten Schultheissen zu Bernloch gedient. Da habe er seinem Gesellen 7 Schilling aus dem Säckel genommen.
3) Ein Jahr nach dem Baurenkrieg habe er bei dem genannten Schultheissen seine unnatürliche Unzucht mit einer Kalbel getrieben.
Der Rat hat ihnen zu Straf und andern zu einem abscheulichen (= abschreckenden) Exempel zu Recht erkannt, dass diese 3 Personen dem Nachrichter überantwortet, von ihm gebunden, hinaus zu dem Hochgericht geführt, mit dem Feuer vom natürlichen Leben zum Tode gerichtet, ihre Leiber zu Pulver und Asche verbrannt werden sollen. Alles nach kaiserlichem und des heiligen Reichs Recht.
Am 20. Juni (15)65 vollstreckt.

Reference number
A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7732
Formal description
Beschreibstoff: Pap.
Further information
Genetisches Stadium: Or.

Context
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 23 Hexenprozesse
Holding
A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)

Date of creation
(15)65 Juni 18

Other object pages
Last update
20.03.2025, 11:14 AM CET

Data provider

This object is provided by:
Stadtarchiv Reutlingen. If you have any questions about the object, please contact the data provider.

Object type

  • Archivale

Time of origin

  • (15)65 Juni 18

Other Objects (12)