Archivalie
L.H.M.- gestern montag kam der schein der mir erlaubte...
Oskar Schlemmer äußert sich über das Glasfenster, das Meyer-Amden für die Zwinglikirche in Zürich-Wiedikon gestaltet hat, und zu Schweizer Künstlern u.a. Hermann Huber. Einen Berliner Kunsthändler, gemeint ist vermutlich die Galerie Nierendorf, habe er auf ihn, Meyer-Amden, und die Gruppe Schweizer Künstler aufmerksam gemacht und fragt, ob Meyer-Amden dem Galeristen nicht ein paar Foto schicken könne.
Transkription: 3.11.25 L.H.M.- gestern montag kam der schein der mir erlaubte auf dem zollamt das paket entgegenzunehmen. aber nicht wahr, sie vergessen das photo ? ich suchte vergeblich. ich verschlang die abblildungen und erschrak über die grässliche (indertat) wiedergabe des fensters. freilich innerhalb der eben doch sehr reminizierenden fresken und plastiken eine abstrakte oase, nur bedauerlich dass die spannung bis zu jenen so gross ist. mittels der sehr schönen farbstiftzeichnung und dem gesamtbild rekon- struiere ich mir also den effekt. neu ist mir die glas kugel wir- kung des fensters, die glabe ich nicht von anfang beabsichtigt war. neu ist der stern der verbindungslinien, technisch bedingt? - aber nicht [...] stern wirkend sondern assymetrisches gerippe. ist es durch andere mittel zum stern ergänzt? neu betr. kugel infolgedessen die schleifung des gestühle und anderes fenster im grund links oben, geschweifte form rechts seite, die übrigens eigentümlich korrespondiert zur orgelschweifung oben. zum thema: bildformen lassen die verwandten formen der umgebung in beziehung treten. neu die nicht perspektife der figuren- war es immer so? - starke ornamentwirkung und das sehr allmähliche des in erscheinung tretens der details, des eigentlichen gehalts. symbol: man sieht erst nur nichts, und erst allmählich immer mehr das wesen. da das fenster brenn- punkt des saales ist und sich die blicke also dort festsaugen, und es also immer mehr und immer neues enthüllt, ist wol der effekt so vollkommen. viel gäbe ich um den ersten eindruck bei betreten des raums, wie ist dessen gesamtstimmung? hell? farbig? ich finde den bau aussen gut, innen in seiner vielteilung, ornamentirungs- tendenz (im schlechten sinne) nicht gut. reminiszenzen. dadurch erinnern [...] an alles alte bessere, echtere, religiösere, bei kapperls mandarin darf man eben nicht - ja nicht! - an ähnliches der deutschen dome denken. es ist ein ferner abklatsch, kuchenbäckerei. huber immer noch am besten. obwol die symmetrie, einrahmumg, nochmals rahmung, nochmals formen und förmchen mir nicht das ist was ich unter wandbild verstehe. sie könnten auch im atelier gemalt und aufgepappt sein. seine innigkeit etwas marréeshaft dargebracht ist natürlich gut und schön. doch: man darf nicht an die alten denken. das darf man eben bei ihrem fenster und einzig und allein bei diesem. es ist nicht reminiszenz sondern erneuerung im besten sinn. auch wagnis - was die andern so gar nicht sind. kündig freier, moderner aber auch formloser als huber. unmittelbarkeit der gesten bei adam und eva, aber wie bring ich diese figurenauffassung zu dieser landschaft? im Heft. lebt, der mann 2 leben? roesch maniriert, unzerträglich. es giebt auch deut- sche dieses schlags. bodmer erscheint auch zahm. kann indessen nichts sa- gen, zu klein.- ich finde gegenüber dem frohen wagemut in der Universität ein en ziemlichen rückschritt, leider nicht im guten sinne der konsolidierung, der 'verdichtung' und intensität. sind es bewusste brav- heiten, kompromisse? ist es der zug der zeit, verismus in der schweiz? dann muss ich doch rühmlich an pfullingen denken, an die anfänge boll- manns, - und mit schmerz und bedauern an die resultate ihres nun sogar öffenltich dokumentierten einflusses auf die generation.- ich habe einen kunsthändler in berlin auf sie und die schweizer gruppe, wozu mit distanz auch vielleicht ich und baumeister zu rechnen wären aufmerksam gemacht; er ist interessiert und möchte photos sehen. ist nicht möglich das zu tun um endlich einmal Berlin von der existenz dieser gemeinschaft kunde zu geben. ich denke in erster linie an sie allein. wollen sie nicht eine reihe bilderphotos einmal zusammenstellen? - ich sehe sie nach babel- berlin hin abwinken oder ist es eine optische täuschung? akt auffassen dafür dass mein bruder in allerdings nicht einwandfreier weise ihm einmal sagte, was er denkt. "ich kann nicht meines bruders hüter sein" versuchte ich dam
- Collection
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Archiv Oskar Schlemmer
- Inventory number
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AOS 2012/1022
- Measurements
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Höhe: 29.7 cm, Breite: 22.8 cm
- Material/Technique
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Papier; Tinte; maschinenschriftlich
- Event
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Herstellung
- (who)
- Provenance
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Abschrift vorhanden; Ordner 1920-1926
- Rights
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Staatsgalerie Stuttgart
- Last update
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28.03.2025, 12:10 PM CET
Data provider
Staatsgalerie Stuttgart. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Archivalie
Associated
- Oskar Schlemmer (04.09.1888 - 13.04.1943)
- Otto Meyer-Amden (20.02.1885 - 15.01.1933)