Bestand

Landesregierung Münster (Bestand)

Gesetze und Verordnungen 1794-1811 (8); Landeshoheit 1802-1811 (5); Organisation von Regierung und Gerichten 1802-1811 (11); Archive und Registraturen 1803-1811 (5); Justizpersonal 1804-1817 (3); Notariat 1810-1811 (2); Lehen (1706) 1707-1808 (87); Stände 1804 (2); Klöster und Stifte 1804 (3); Steuern und Zölle 1806-1811 (1); Domänen 1808-1811 (2); Markenteilung 1805-1811 (2); Militärwesen 1804-1807 (3); Depositen und Tresorscheine 1805-1810 (3); Erbkämmereramt 1807-1809 (1); Hypothekenwesen 1751-1811 (37); Testamente und Inventare 1789-1811 (9); Entmündigungen 1810 (1); Personenstand 1803-1811 (2); Juden 1808 (1); Prozesse (1610) 1797-1820 (26); Konkurs Sethe 1804-1808 (16); Konkurs von Wendt zu Crassenstein (1482) 1804-1825 (111); Ediktensammlung 1802-1810 (4).

Bestandsgeschichte: 1803 als Landesjustizkolleg in Münster errichtet; zuständig für das Erbfürstentum Münster, Grafschaft Mark, Abteien Essen, Werden und Elten sowie den preußischen Anteil an der Samtstadt Lippstadt; in französischer Zeit zunächst Weiterarbeit, 1811 als Großherzoglich-Bergische Regierung nach Hamm verlegt, mit Einführung des französischen Gerichtssystems 1812 aufgelöst.

Form und Inhalt: Mit den Vorarbeiten zur Organisation der für das Erbfürstentum Münster einzurichtenden Oberjustizbehörde wird im Frühjahr 1803 durch den Großkanzler v. Goldbeck der Geheime Regierungsrat Ludwig Wilhelm v. Sobbe betraut. Die Kabinettsorder vom 10. Mai 1803 bestimmt, daß das neue münsterische Landesjustizkolleg mit der kleve-märkischen Regierung in Emmerich zu vereinigen und mit dem Sitz in Münster eine Regierung in zwei Senaten einzurichten sei.

Der ihr zugeschriebene Sprengel erstreckt sich auf das Erbfürstentum Münster, das rechtsrheinische Kleve, die Grafschaft Mark, die Abteien Essen, Werden und Elten sowie die Samtstadt Lippstadt preußischen Anteils; von einer zunächst vorgesehenen Einbeziehung der Grafschaften Tecklenburg und Lingen wird Abstand genommen.

Mit dem 1. September 1803 tritt das neue Justizkollegium in Funktion. Als ”Landes-Regierung“ teilt es am 30. September seine Konstituierung den anderen Behörden mit. Dieser von dem offiziellen Titel ”Regierung“ abweichenden Bezeichnung bedient es sich auch weiterhin; zur Vermeidung von Verwechslungen mit der 1815 in Münster eingerichteten Regierung wurde sie als Bestandsname gewählt.

Die preußische Niederlage von 1806 läßt die Behörde unberührt. Am 5. Mai 1808 werden ihre Mitglieder auf den Großherzog von Berg vereidigt. Die Regierung überlebt selbst die Abtretung des größten Teiles des bergischen Emsdepartements mit der Stadt Münster an Frankreich im Gefolge des Senatskonsults vom 13. Dezember 1810. Ihre Zuständigkeit beschränkt sich fortan auf die dem Großherzogtum Berg verbliebenen westfälischen Gebiete. Nach Auseinandersetzung mit dem in Münster errichteten französischen Tribunal verlegt sie in der zweiten Aprilhälfte des Jahres 1811 ihren Sitz nach Hamm.

Zum 1. Februar 1812, mit dem auch im Bergischen die französische Gerichtsverfassung eingeführt wird, stellt sie dort als ”Großherzoglich-Bergische Regierung“ ihre Tätigkeit ein.

Zu ihrem Ressort gehören nach dem Ressortreglement für die Entschädigungsprovinzen vom 2. April 1803:
1. alle Justiz- und Prozeßsachen,
2. die geistlichen und Ehesachen der Protestanten,
3. die nicht den Offizialatgerichten beigelegten Rechtssachen der Katholiken
4. alle Lehnssachen,
5. die Kriminalgerichtsbarkeit,
6. alle Handlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, namentlich Leitung, Einrichtung und Bearbeitung des Hypothekenwesens,
7. die Vormundschafts-Angelegenheiten,
8. die Aufsicht über sämtliche Untergerichte.

Die demgemäß in den Aufgabenbereich der Kriegs- und Domänenkammer fallenden kleve-märkischen Landeshoheits-, geistlichen, Armen- und Schulsachen werden von den vormals klevischen Räten zunächst weiter bearbeitet. Erst im Mai 1804 werden sie an die Kriegs- und Domänenkammer Hamm abgegeben.

Vom 28. Juli 1804 datiert die Dienstinstruktion der Regierung, die v. Sobbe in Anlehnung an die des Kammergerichts entworfen hatte. Nach ihr ist der Instruktionssenat als Plenum für die Aufsicht über die Untergerichte, die Obergerichtsbarkeit, die freiwillige Gerichtsbarkeit, insbesondere die Leitung des Hypothekenwesens, und die Prüfung und Ausbildung der Referendare und Auskultatoren zuständig. In einer Kriminaldeputation hat er erstinstanzliche Kriminalerkenntnisse und Gutachten abzufassen, eine weitere Deputation entscheidet minder wichtige Zivilsachen in erster und zweiter Instanz. Sessionstage sind Dienstag und Freitag. Dem Oberappellationssenat kommt die Abfassung von Erkenntnissen in zweiter und dritter Instanz zu, und zwar als Revisionsinstanz für Entscheidungen der Regierungen in Lingen, Minden und Paderborn. In seine Zuständigkeit fallen ferner die Lehnssachen und das Vormundschaftswesen, für welches der Präsident und vier Mitglieder als Pupillenkolleg eine besondere Deputation bilden. Sessionstag des Plenums ist der Sonnabend, das Pupillenkolleg tritt jeden Mittwoch zusammen. Beide Senate sind voneinander ganz unabhängig und haben ihre eigenen Subalternbeamten.

Auf Grund des ”Publicandum wegen besserer Einrichtung der Criminal-Collegiorum“ vom 14. Januar 1805 wird im Frühjahr 1805 ein fünfköpfiger Kriminalsenat eingerichtet.

In den Instruktionssenat unter dem Präsidenten v. Sobbe († April 1810) wurden berufen: der klevische Geh. Regierungsrat v. Bernuth (zuletzt Präsident), der Regierungsrat Engels aus Moers (Commissarius perpetuus in Essen), und die kleve-märkischen Assessoren Bölling (April 1804 Rat) und Jacobi; aus münsterischen Diensten der Geheime Rat Johann Peter v. d. Becke, die Räte und Referendare Hermann Callenberg, Paul Ludolf Hüger, Franz Theodor Scheffer gt. Boichorst, der Rat und Professor Josef Ludorff sowie der Hofgerichtsassessor Caspar Erich v. Schelver. Ihm gehörte auch der zunächst formell dem Appellationssenat zugewiesene Geh. Rat Christoph Wilhelm Heinrich Sethe an, der später die Leitung des 1805 eingerichteten Kriminalsenats übernimmt. Als Assessoren treten hinzu Sybel (Mai 1804, seit 1807 Inquisitor), Schütz (März 1805 bis April 1810) und v. Schücking (Okt. 1805 bis Ende 1806). Als Advocatus Fisci fungierte Jonas († 1809), als Procurator Fisci v. Renesse und als märkischer Anwalt Landrichter Goecke in Altena.

Den Appellationssenat bildeten unter dem Präsidenten v. Rohr neben den münsterischen Regierungs- und Hofräten, Prof. Christian Meyer und Prof. Anton Matthias Sprickmann, die folgenden Mitglieder der klevischen Regierung: Geh. Regierungsrat v. Müntz, v. Grolman (tritt 1804 in den Ruhestand), v. Hymmen, v. Diest und Wurm († 1809). Dazu tritt vom 1. Mai 1805 bis Ende 1806 Geheimrat v. Bülow. Als ständisches Mitglied gehörte ihm bis zum Ende der preußischen Zeit v. Wylich an. Dazu kommen mehrere Korreferenten in Kriminalsachen.

Unbesoldet arbeiten bei beiden Senaten etwa 8-12 Referendare und 12-16 Auskultatoren.

An Subalternen sind beim Instruktionssenat unter dem Kanzleidirektor Justizrat v. Rappard tätig: vier Sekretäre, zwei Registratoren, ein Registraturassistent, ein Kalkulator, zwei Kassenrendanten, ein Kassierer, ein Kassenschreiber, ein Kanzleiinspektor, drei Kanzlisten, zwei Kopisten, ein Botenmeister, zwei Boten und ein Landreuter. Der Appellationssenat, dessen Kassensachen beim Instruktionssenat mit bearbeitet werden, zählt dagegen neben dem im November 1804 als Kriegs- und Domänenrat nach Hamm berufenen Archivar und Kriminalrat Maassen nur einen Lehnssekretär und Registrator, einen Archivassistenten und Kanzlisten, einen Pedell und Botenmeister und einen Boten.

Die nachstehend aufgeführten Akten entstammen zum kleineren Teil (25 Nummern) dem bisher in Rep. B 201a: ”Vorbehörden der Regierung Münster“ von den Staatsarchivräten Dr. Kochendörffer (1929) und Dr. Bauermann (1933) verzeichneten Bestand ”Kgl. Preußische Regierung in Münster“, der sich aus den Zugängen 1/1897 (Landgericht Münster; alte Nr. 1-17) und 6/1933 (Oberlandesgericht Hamm; alte Nr. 18-20) zusammensetzte.

Dieser alte Bestand konnte durch Einarbeitung
1.) von Akten der bei seiner Verzeichnung nicht berücksichtigten Zugänge 25/1898 (Landgericht Münster: 11 Bände Hypotheken-Ingrossationsbücher), 5/1909 (Amtsgericht Münster), 5/1913 (Landgericht Münster) und 3/1916 (Oberlandesgericht Hamm),
2.) von Akten der später eingegangenen Zugänge 26/1939 (Staatsarchiv Düsseldorf), 50/1944 (Staatsanwaltschaft Münster), 5/1949 (Landgericht Arnsberg), 17/1950 und 5/1953 (Staatsarchiv Düsseldorf) sowie namentlich des Zugangs 1/1958 (Amtsgericht Warendorf: 111 Nummern betr. Konkurs v. Wendt),
3.) von anderen Beständen entnommenen Akten (Kleve-Mark, Landesarchiv, Grafschaft Mark, Lehen, Regierungen Arnsberg II A und III A und Münster II A und repon. Lehensregistratur, Fürstentum Münster, Edikte) und
4.) bisher unverzeichneter Akten von einzelnen nicht mehr ersichtlichen Zugängen
auf 240 Nummern vermehrt werden. Die Herkunft der einzelnen Stücke ist jeweils vermerkt.

Nicht in den Bestand aufgenommen wurden bei der Klevischen Regierung begonnene und bei der Regierung Münster fortgesetzte und abgeschlossene Märkische Spezialia und Kleve-Märkische Lehnsakten; diese sind in den Beständen Kleve-Märkische Regierung, Landessachen (”Landesarchiv“) und Kleve-Märkische Regierung, Lehnssachen verblieben.

März 1963
gez. Dr. Helmut Richtering


Aus dem Bestand Fürstentum Münster, Lehen wurden im Dez. 1967 folgende 70 Nummern nachgetragen: Nr. 37-44, 48-50, 52-109 u. 146


Literatur:
··Keinemann, Friedrich, Von den Freiheitskriegen zur Julirevolution - Westfalen im frühen 19. Jahrhundert, Norden 2006.
·Kloosterhuis, Jürgen / Neitzel, Sönke (Hgg.), Krise, Reformen - und Militär. Preußen vor und nach der Katastrophe von 1806 (Forschungen zur brandenburgischen und preussischen Geschichte / Beiheft N.F. 10), Berlin 2009.
·Kloosterhuis, Jürgen: Das Generaldirektorium als Kultusbehörde, in: Holtz, Bärbel / Kloosterhuis, Jürgen, Krise, Reformen - und Kultur. Preußen vor und nach der Katastrophe von 1806 (Forschungen zur brandenburgischen und preussischen Geschichte / Beiheft N.F. 11), Berlin 2010, 23-46.
·Wemhoff, Matthias (Hg.), Säkularisation und Neubeginn - die Kultur der Klöster in Westfalen (Dalheimer Kataloge 2), Regensburg 2007.

Bestandssignatur
G 004
Umfang
348 Akten.
Sprache der Unterlagen
German

Kontext
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (Archivtektonik) >> 2. Behörden der Übergangszeit 1802-1816 >> 2.1. Preußische Entschädigungslande (G) >> 2.1.1. Erbfürstentum Münster
Verwandte Bestände und Literatur
Wilhelm Kohl u. Helmut Richtering, Behörden der Übergangszeit 1802-1816, Münster 1964, S. 20-25.

Bestandslaufzeit
1794-1820

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Letzte Aktualisierung
23.06.2025, 08:11 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1794-1820

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