Urkunden

Barbara Sturmfeder, geborene von Wernau, gibt bekannt, dass sie beschlossen hat, ein Testament in bester und beständiger Rechtsform aufzurichten und in einem verschlossenen Libell zu verfassen. Alle ihre bisherigen Testamente und Verordnungen werden daher aufgehoben und für ungültig erklärt. In ihrem neuen Testament wird bestimmt: (1) Die Ausstellerin verzeiht allen, die sie zeitlebens mit Worten oder Werken beleidigt haben und bittet auch alle, die sie beleidigt oder erzürnt hat, ihr christlich zu verzeihen. (2) Nach ihrem Tod bittet die Ausstellerin den allmächtigen Gott und ihren Erlöser Jesus Christus, ihre Seele barmherzig zu empfangen und in die Schar der hoch gelobten Königin und Gottesmutter Maria, ihrer Patronin, und aller lieben Heiligen einzuverleiben. Außerdem bittet sie darum, dem Provinzial des Kapuzinerordens zu berichten, dass sie die Patres und Brüder der ganzen rheinischen Provinz des Kapuzinerordens um ihr andächtiges Gebet bittet, um dadurch beim allmächtigen Gott Gnade zu erlangen. (3) Der Körper der Ausstellerin soll ohne besonderen Prunk bei den Dominikanern in der Erde bestattet werden. Wenn aber die Kapuziner wieder in ihr Kloster vor dem Altpörtel kommen sollten oder in der Stadt ein neues Kloster errichten werden, soll ihr Leichnam zusammen mit dem Leichnam ihres verstorbenen Ehemannes dort begraben werden, sobald es möglich ist. Dazu soll ein Doppelgrab (doppelte ladt) angefertigt werden, "damit solches hernacher desto besser geschehen khöndte." (4) Nach dem Tod der Ausstellerin sollen am ersten, siebten und dreißigsten Tag jeweils ein Malter Korn zu Brot gebacken und mit 10 fl an die armen Leute verteilt werden, die dafür für die Ausstellerin beten sollen. (5) Die Ausstellerin bestimmt, dass an die armen katholischen Leute, die von den Kapuzinern betreut werden, 40 fl verteilt werden sollen und dafür in ihren Gebeten der Ausstellerin eingedenk sein sollen. (6) Bei allen fünf Orden oder Klöstern zu Speyer, bei den Kapuzinern, den Konventualen, den Dominikanern, den Augustinern und Karmelitern, sollen zum Trost der Seele der Ausstellerin 50 Ämter mit der heiligen Messe gehalten werden. Jeder Orden soll dafür 10 Königstaler als Entschädigung erhalten. (7) Die Patres des Kapuzinerordens, die der Ausstellerin treueste geistliche Dienste geleistet und ihr Tag und Nacht in ihrer Krankheit beigestanden haben, sollen dafür 3 Fuder Wein und 1000 fl oder statt dessen 12 Fuder Wein erhalten, die ihr geistlicher Vater für ihre Bedürfnisse verwenden soll. Die Dominikaner sollen 1 Fuder Wein, die Konventualen, die Augustiner und die Karmeliter sowie die Frauenklöster Sankt Klara, Sankt Maria Magdalena und Sankt Martha jeweils 1/2 Fuder Wein erhalten. (8) Den Schmuck und die Kleinodien der Ausstellerin erhalten der Sohn ihrer verstorbenen Kousine Caecilia von Stadion, Anna Barbara Schenk von Stauffenberg, geborene von Wernau, und die Kinder von Veit Wolf von Wernau, wie sie es für jeden dieser Erben eigens beschrieben und besiegelt hat. Die Ausstellerin bittet die Erben, damit Vorlieb zu nehmen, da sie den übrigen Schmuck und die übrigen Kleinodien zu Lebzeiten zur Ehre Gottes und zum Kirchenschmuck verwendet hat. (9) Das Bett mit allen seinen Zugehörungen, alle Kleidungsstücke und 100 Reichstaler als Leutelohn vermacht die Ausstellerin ihrer treuen Dienerin Anna Maria Epplin. Ihrem Patenkind zu Deidesheim, der Tochter von Matthias Ramstetter (Rambstetter) vermacht die Ausstellerin einen Ring, der von ihr verzeichnet und mit ihrem Petschaftsiegel versiegelt sein wird. (10) Alle Dienstboten der Ausstellerin, die zur Zeit ihres Todes in Speyer in ihrem Dienst sein werden, sollen jeweils 10 fl Leutelohn erhalten. Falls das Geld, der Wein und die Früchte, die ihr Vetter Philipp Friedrich Sturmfeder von Oppenweiler nach dem Vergleich vom 28. November 1659 zur Übergabe der Güter in Deidesheim zu liefern schuldig ist, nach dem Tod der Ausstellerin noch nicht völlig bezahlt und geliefert sind und auch ihre Vettern Johann Georg von Wernau und Veit Wolfgang von Wernau ihre Zinsen noch nicht völlig bezahlt haben, sollen diese Ausstände die vertriebenen Kapuziner zum Bau ihres Klosters erhalten. Dafür soll nach dem Tod der Ausstellerin durch alle Priester der rheinischen Provinz eine Messe gelesen werden, bei der die Kleriker das Amt für die Verstorbenen begehen und die Laien 100 Vaterunser beten sollen. (11) Da die Einsetzung der Erben die Grundlage für jedes Testament ist und die beiden Söhne ihres verstorbenen Bruders Johann Martin von Wernau ihre rechtmäßigen Erben sind, setzt sie dessen Söhne Veit Wolfgang und Hans Georg von Wernau oder ihre rechtmäßigen Nachfolger zu gleichen Teilen als Universalerben für ihre bewegliche und unbewegliche Hinterlassenschaft ein. Bevor sie das Erbe antreten können, müssen aber erst alle vorher genannten Bestimmungen erfüllt werden. Falls dieses Verfügung über ihren letzten Willen wegen Rechtsmängeln nicht als schriftliches Testament anerkannt werden sollte, soll es als Kodizill von Todes wegen oder als andere Art und Weise der Bekundung ihres letzten Willens anerkannt und ausgeführt werden. Die Ausstellerin behält sich vor, dieses Testament zu erweitern, zu ändern, zu widerrufen oder ganz aufzuheben. Ein Zettel, den die Ausstellerin mit eigener Hand unterschreibt, oder eine Erklärung, die sie vor einem Notar oder Priester im Beisein von zwei Zeugen mündlich abgibt, soll ebenso gültig sein wie die bereits getroffenen Bestimmungen. Als Testamentsvollstrecker setzt die Ausstellerin Wolf Eberhardt Kammerer von Worms, Freiherr von Dalberg, Herrn zu Herrnsheim, fürstlich-speyrischer Rat, Hofmarschall und Amtmann zu Deidesheim, ein. Die Ausstellerin hat dieses Testament von eigener Hand unterschrieben und mit ihrem Petschaftsiegel bekräftigt, den Inhalt aber durch einen Vertrauten niederschreiben und den Inhalt nach abschließendem Vorlesen als ihren letzten Willen anerkannt.

Reference number
Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, Dep. 38 T 1 Nr. 1193
Former reference number
II Baisingen d 136
28.
A.
N[umer]o 56.
Language of the material
Deutsch
Further information
Ausstellungsort: Speyer

Zeugen: 8 Zeugen: (1) Johann Konrad Albrecht von Lauterburg der Jüngere. - (2) Franz Eberhard Albrecht von Lauterburg. - (3) Johann Jakob Albrecht von Lauterburg. - (4) Wendelin Stumpff, Notar und Leser des Reichskammergerichts. - (5) Markus Selzer. - (6) Heinrich Wilhelm Lier. - (7) Heinrich Geiger. - (8) Johann Wolfgang Fabri, Dormenter des Domstifts Augsburg.

Siegler: (1) Ausstellerin. - (2) bis (9) die Zeugen (1) bis (8).

Überlieferungsart: Ausfertigung

Siegelbeschreibung: 9 Petschaftsiegel.

Besonderheiten: Libell, 9 Blatt.

Context
Gf. und Frh. Schenk von Stauffenbergische Archive: Urkunden >> Baisingen
Holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, Dep. 38 T 1 Gf. und Frh. Schenk von Stauffenbergische Archive: Urkunden

Indexbegriff subject
Begräbnis
Bett
Brot
Dienstboten
Dominikanerorden
Gebete
Kapuzinerorden
Kapuzinerorden; Rheinische Provinz
Kirchenschmuck
Kleider
Kleinodien
Kodizill
Leutelohn
Libelle
Messe
Petschaftsiegel
Ring
Schmuck
Seelenamt
Testamente
Testamentsvollstrecker
Wein
Indexentry person
Epplin; Maria (Speyer SP)
Fabri, Johann Wolfgang (Augsburg A)
Geiger; Heinrich (Speyer SP)
Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg; Wolf Eberhardt, zu Herrnsheim
Lauterburg, von; Franz Eberrhard Albrecht
Lauterburg, von; Johann Konrad Albrecht, der Jüngere
Lier, Heinrich Wilhelm (Speyer SP)
Maria
Ramstetter; Matthias (Deidesheim DÜW)
Ramstetter; Matthias, Tochter (Deidesheim DÜW)
Selzer, Markus (Speyer SP)
Stadion, Freiherren und Grafen von; Caecilia
Stumpff, Wendelin (Speyer SP)
Sturmfeder von Oppenweiler; Barbara, geborene von Wernau
Sturmfeder von Oppenweiler; Philipp Friedrich
Wernau, Anna Barbara von; 1632-1681
Wernau, Hans Martin von
Wernau, von; Barbara, verheiratete Sturmfeder von Oppenweiler
Wernau, von; Johann Georg (+1696)
Wernau, von; Veit Wolf, zu Pfauhausen, Bieringen und Steinbach
Wernau, von; Veit Wolfgang
Indexentry place
Augsburg A; Domstift; Dormenter
Deidesheim DÜW; Amtmänner
Deidesheim DÜW; Gemeinde; Einwohner
Deidesheim DÜW; Güter
Speyer SP (Ausstellungsort)
Speyer SP; Altpörtel
Speyer SP; Hochstift; Hofmarschälle
Speyer SP; Hochstift; Räte
Speyer SP; Klöster; Augustiner
Speyer SP; Klöster; Dominikaner
Speyer SP; Klöster; Frauenkloster Sankt Klara
Speyer SP; Klöster; Frauenkloster Sankt Maria Magdalena
Speyer SP; Klöster; Frauenkloster Sankt Martha
Speyer SP; Klöster; Kapuziner
Speyer SP; Klöster; Karmeliter
Speyer SP; Klöster; Konventualen
Speyer SP; Notare
Speyer SP; Reichskammergericht; Leser

Provenance
Gesamtarchiv Schenk von Stauffenberg
Date of creation
1661 Juli 7

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Rights
Last update
03.04.2025, 1:40 PM CEST

Data provider

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Object type

  • Urkunden

Associated

  • Gesamtarchiv Schenk von Stauffenberg

Time of origin

  • 1661 Juli 7

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