Bestand
Eberhard (1907-1969) Fürst von Urach, Graf von Württemberg (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Sohn von Wilhelm (II.) Herzog von Urach (GU 117) und Amalie Herzogin von Urach geb. Herzogin in Bayern (GU 118), geb. 24. Januar 1907 in Stuttgart, seit 18. Mai 1948 vermählt mit Iniga Prinzessin von Thurn und Taxis, gest. 29. August 1969 in Aufkirchen/Bayern
Ab 1927 Dienst als Offizier in der Reichswehr bzw. in der Wehrmacht, 1931 Leutnant, 1934 Oberleutnant, 1938 Rittmeister, 1942 Major, 1943 Abteilungskommandeur; bewirtschaftete ab 1948 das Gut Niederaichbach bei Landshut/Niederbayern.
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1. Biografie: Rupprecht Eberhard Wilhelm Gero Maria Fürst von Urach Graf von Württemberg wurde am 24. Januar 1907 in Stuttgart als Sohn des Wilhelm (II.) Herzog von Urach Graf von Württemberg (1864-1928) und der Amalie Herzogin von Urach Gräfin von Württemberg (geb. Herzogin in Bayern) (1865-1912) geboren. Fürst Eberhard war der jüngste Sohn und das zweitjüngste Kind des herzoglichen Paares. Sein Taufpate war sein Onkel Rupprecht Kronprinz von Bayern (1869-1955). In den Jahren 1917 bis 1922 besuchte der junge Fürst das Karlsgymnasium in Stuttgart. Von 1922 bis 1927 war er Internatsschüler im Seminar Alte Kapelle bzw. im Neuen Gymnasium in Regensburg. Nach seiner Schulzeit trat Fürst Eberhard am 1. April 1927 in die Reichswehr ein. 1931 wurde er zum Leutnant ernannt. Drei Jahre später erfolgte die Beförderung zum Oberleutnant, 1938 die zum Rittmeister. Während des Zweiten Weltkrieges erhielt Eberhard im Jahre 1942 die Ernennung zum Major. Ein Jahr später wurde er mit den Aufgaben eines Abteilungskommandeurs betraut. Anhand der im vorliegenden Bestand verwahrten Unterlagen zum Militär- bzw. Kriegsdienst des Fürsten (in Unterrubrik 1.2) und der Lebenserinnerungen von Ursula von Kardorff (siehe unten) lassen sich die Einheiten und Orte, in denen Eberhard während des Krieges gedient hat, nur zum Teil ermitteln: Der junge Aristokrat war dem Kavallerieregiment 18 in Bad Cannstatt zugeteilt. Bis 1939 war Eberhard Chef der 8. Radfahrschwadron, die zur 2. Schwadron der Aufklärungsabteilung 35 in der 35. Infanterie-Division gehörte. Ab Oktober 1940 wurde der Fürst Kommandeur der 2. Schwadron in der Aufklärungsabteilung 94 der 4. Gebirgs-Division. 1942 diente Eberhard als Kommandeur der Aufklärungsabteilung 150 und später befehligte er die Kosaken-Kavallerie-Abteilung Fürst von Urach. 1943 war er im Kaukasus und bei Kämpfen am Kuban eingesetzt. Im Sommer 1943 wurde Eberhard, nachdem er die Schnelle Abteilung 505 aufgestellt hatte, als deren Kommandeur an die Westfront nach Frankreich geschickt. Als am 6. Juni 1944 die Alliierten in der Normandie landeten, befand sich der Fürst in Le Havre. Am 10. September 1944 kam Eberhard in britische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst 1947 zurückkehrte. Seit 1934 unterhielt Fürst Eberhard eine enge Beziehung zu der Journalistin Ursula von Kardorff (1911-1988). Sie war die Tochter des impressionistischen Malers Konrad von Kardorff (1877-1945) und hatte heimlich Kontakte zu mehreren Angehörigen von Widerstandsgruppen gegen das Nazi-Regime. In ihren später auch veröffentlichten Berliner Aufzeichnungen 1942 bis 1945 zeigte sich von Kardorff als ausgewiesene Gegnerin des Nazi-Regimes. Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1947 beendete Eberhard diese Beziehung. Ursula von Kardorff zufolge war die Familie des Fürsten gegen eine Heirat der beiden, da die Verbindung als nicht standesgemäß galt. Einzelne Briefe von Kardorffs an Eberhard von Urach haben sich in Büschel 19 des vorliegenden Bestandes erhalten. Die Briefe Fürst Eberhards an Ursula von Kardorff finden sich in deren Nachlass im Institut für Zeitgeschichte in München. Eberhard Fürst von Urach heiratete am 18. Mai 1948 Iniga Prinzessin von Thurn und Taxis (1925-2008), die Tochter von Ludwig (Louis) Philipp Prinz von Thurn und Taxis (1901-1933) und dessen Gemahlin Elisabeth Prinzessin von Thurn und Taxis (geb. Prinzessin von Luxemburg und Nassau) (1901-1950). Aus der Ehe gingen die Kinder Amelie (geb. 1949), verh. mit Curt-Hildebrand Freiherr von Einsiedel, Elisabeth (1952-2012), Karl Anselm (geb. 1955), Wilhelm (IV.) Albert (geb. 1957) und Inigo (geb. 1962) hervor. Damit sicherten der jüngste Sohn Wilhelms (II.), Fürst Eberhard, und dessen Gemahlin Fürstin Iniga mit ihrer Eheschließung und der Geburt von Söhnen den Fortbestand des Hauses Urach. Eberhards ältester Bruder Fürst Wilhelm (III.) verzichtete wegen einer nicht standesgemäßen Heirat auf seine Würde als Chef des Hauses und hatte aus dieser Verbindung nur Töchter. Die Ehe des zweitältesten Bruders Herzog Karl Gero, welcher 1928 bis 1981 der dritte Chef des Hauses Urach war, blieb kinderlos. Der nächstältere Bruder Fürst Albrecht heiratete zweimal ebenfalls nicht standesgemäß und hatte aus der zweiten Ehe den Sohn Peter, der bereits 1977 starb. Fürst Eberhard wurde somit zum Stammvater aller derzeit lebenden Agnaten des Hauses Urach. Nach seiner Heirat bewohnte Eberhard mit seiner Familie das von seiner Gemahlin in die Ehe eingebrachte Schloss Niederaichbach bei Landshut und bewirtschaftete das zum Schloss gehörige Landgut. Außerdem war er in der Erwachsenenbildung engagiert. Eberhard Fürst von Urach starb am 29. August 1969 in Aufkirchen/Bayern. Er wurde auf dem Friedhof in Aufkirchen begraben.
2. Zum Inhalt des Bestandes: Der vorliegende Bestand gliedert sich in sechs Rubriken. Den Auftakt bildet die Rubrik 1 mit den Unterlagen zu Eberhards Lebensstationen Schulzeit und Militär- bzw. Kriegsdienst. Darin finden sich in Unterrubrik 1.2 einzelne Materialien zum Militärdienst des Fürsten aus der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs. Rubrik 2, die mit Abstand umfangreichste, enthält die Korrespondenz des Fürsten Eberhard. Unterrubrik 2.1.1 umfasst die Briefe von Mitgliedern des Hauses Urach an den Fürsten. Es sind dies Eberhards Eltern Wilhelm (II.) Herzog von Urach Graf von Württemberg und Amalie Herzogin von Urach Gräfin von Württemberg (geb. Herzogin in Bayern), der Onkel Karl Fürst von Urach Graf von Württemberg und seine Geschwister. Briefe von Verwandten des Fürsten Eberhard weist auch Unterrubrik 2.1.2 auf. In dieser Unterrubrik sind Briefe von seiner (Stief-)Großmutter Maria Josepha (Marie José) Herzogin in Bayern (geb. Infantin von Portugal Prinzessin von Braganza) in Büschel 40, von Friedrich Viktor Fürst von Hohenzollern in Büschel 48 und von Angehörigen des Fürstenhauses Thurn und Taxis in Büschel 25 versammelt. Mit der Fürstenfamilie Thurn und Taxis hatte der junge Fürst von Urach bereits während seiner Schulzeit in Regensburg Kontakt und damit lange vor seiner Heirat mit Iniga Prinzessin von Thurn und Taxis. Es finden sich daher Briefe u. a. von Fürst Albert, Fürst Karl August, Fürstin Elisabeth von Thurn und Taxis sowie von Max Emanuel Prinz von Thurn und Taxis, der nach seinem Eintritt als Pater in den Benediktinerorden den Ordensnamen Pater Emmeram führte. Unterrubrik 2.1.3 besteht aus Briefen von Angestellten des Hauses Urach an Fürst Eberhard. Briefe von sonstigen Personen bilden die Unterrubrik 2.2. Darunter sind mehrere Briefe von Offizieren und Soldaten an den Fürsten in Büschel 30 zu erwähnen. Auf die Briefe der Ursula von Kardorff, der Journalistin und engen Vertrauten Eberhards, in Büschel 19 wurde bereits hingewiesen. In Büschel 19 ist auch ein Brief von Oberleutnant Jürgen von Kardorff (1918-1943) an seine Schwester Ursula und an seine Mutter enthalten. Jürgen von Kardorff fiel 1943 an der Ostfront. Sein Tod erschütterte U. von Kardorff sehr, wie aus ihren o.g. Aufzeichnungen hervorging. Rubrik 3 gibt ein wenig Einblick in das gesellschaftliche Leben des Fürsten. Die Speisekarten zu Diners in der Fürstenfamilie Thurn und Taxis (Büschel 28) beweisen einmal mehr die enge Verbundenheit Fürst Eberhards zu diesem Adelshaus. Die Mitgliedschaft des Fürsten Eberhard im Deutschen Automobil-Club e.V. spiegelt sich in einem Rundschreiben in Büschel 46 wieder. Drucksachen unterschiedlicher Art vereinigt Rubrik 4. Erwähnenswert sind hier das Kriegs-Nachrichtenblatt in Büschel 3 und die Zeitschrift Kämpfer im Kaukasus in Büschel 45. Außerdem sind noch einzelne Zeitungsartikel der Journalistin Ursula von Kardorff in Büschel 42 und Zeitungsartikel über Verwandte des Fürsten in Büschel 43 enthalten. Aufnahmen und Postkarten bilden die Rubrik 5. Hervorzuheben sind vor allem Aufnahmen von Eberhard Fürst von Urach Graf von Württemberg in Unterrubrik 51.1.1. In Büschel 16 ist ein Foto von Eberhard als Baby vorhanden: Die Gruppenaufnahme in Büschel 27 zeigt den jungen Fürsten im Kreise seiner Mitschüler, sehr wahrscheinlich des Neuen Gymnasiums in Regensburg. Eine Aufnahme des Fürsten als Offizier in Wehrmachtsuniform ist in Büschel 41 überliefert. Sterbebildchen von Fürst Eberhards Verwandte Wilhelmine Gräfin von Württemberg in Büschel 15 und von seiner (Stief-)Großmutter Maria Josepha Herzogin in Bayern in Büschel 39 sind Zeugnisse des tiefen katholischen Glaubens des Hauses Urach und der mit ihm verwandten Familien. Eine Aufnahme der bereits mehrfach genannten Journalistin Ursula von Kardorff wird in Büschel 49 verwahrt, eine weitere in der o.g. Korrespondenz in Büschel 19. Die in Büschel 56 enthaltenen Karikaturen stammen möglicherweise von Eberhards Bruder Albrecht Fürst von Urach. In einem Anhang (Rubrik 6) sind Milchzähne und eine blonde Haarlocke des Fürsten Eberhard aus dessen Kindheit aufgeführt (Büschel 57). Die insgesamt relativ wenigen Unterlagen dieses Bestandes sind nur ein kleiner Teil des schriftlichen Nachlasses von Eberhard Fürst von Urach Graf von Württemberg und vermitteln kein vollständiges Lebensbild des Fürsten. Vor allem aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg sind nur wenige Dokumente vorhanden. Archivalien über Fürst Eberhard sind außerdem in folgenden GU-Beständen im Hauptstaatsarchiv Stuttgart enthalten: GU 99 (Fotoarchiv der Herzöge und Fürsten von Urach Grafen von Württemberg), GU 117 (Wilhelm (II.) Herzog von Urach Graf von Württemberg), GU 118 (Amalie Herzogin von Urach Gräfin von Württemberg, geb. Herzogin in Bayern), GU 119 (Wiltrud Herzogin von Urach Gräfin von Württemberg, geb. Prinzessin von Bayern), GU 120 (Karl Fürst von Urach Graf von Württemberg), GU 123 (Carola Hilda Fürstin von Urach Gräfin von Württemberg), GU 128 (Margarete Fürstin von Urach Gräfin von Württemberg), GU 134 (Mechthilde Fürstin von Urach Gräfin von Württemberg, verh. Fürstin zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst) und GU 201 (Prälat Conrad Kümmel).
3. Zur Ordnung und Verzeichnung des Bestandes: Teile des vorliegenden Bestandes gelangten zusammen mit dem Archiv der Herzöge und Fürsten von Urach Grafen von Württemberg als Depositum unter Eigentumsvorbehalt im Jahre 1987 ins Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Dort bildet das Archiv des Hauses Urach innerhalb der Beständegliederung (Tektonik) die GU-Beständeserie. Bei der Neuordnung des Archivs durch Ltd. Archivdirektor Wolfgang Schmierer erhielten die Unterlagen zu Eberhard Fürst von Urach Graf von Württemberg die Signatur GU 132. Im Jahre 2004 entstand ein Repertorium zu diesem Bestand, der damals nur drei Büschel im Umfang von 0,05 lfd. m umfasste. Im Zuge der Ordnungs- und Erschließungsarbeiten in den GU-Beständen wurden seit 2004 einzelne Unterlagen, die aus dem schriftlichen Nachlass von Fürst Eberhard stammen, aus anderen Beständen entnommen und dem Bestand GU 132 zugewiesen. Dabei handelt es sich um Büschel 4 bis 18 des vorliegenden Bestandes. Außerdem gab S. D. Karl Philipp Fürst von Urach Graf von Württemberg im Auftrag seines Vaters, S. D. Wilhelm Albert Herzog von Urach Graf von Württemberg, im Oktober 2020 weitere Materialien aus dem schriftlichen Nachlass des Fürsten Eberhard dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart zur Verwahrung. Es sind dies die Büschel 19 bis 57 und 59 des Bestandes GU 132. Die in Büschel 58 vorhandenen Milchzähne und die Haarlocke Fürst Eberhards wurden dem Bestand GU 117 (Wilhelm (II.) Herzog von Urach Graf von Württemberg) entnommen. Archivalien des Bestandes GU 132, die älter als 100 Jahre sind, dürfen nur mit Genehmigung der Direktorin des Hauptstaatsarchivs Stuttgart eingesehen werden. Die Einsichtnahme in Materialien des Bestandes, die jünger als 100 Jahre sind, bedürfen der Genehmigung des Chefs des Hauses Urach. Der Bestand GU 132 wurde im Oktober 2004 und im Dezember 2020 von dem Unterzeichneten erschlossen. Er umfasst 0,2 lfd. Meter mit 59 Nummern. Dieses Repertorium ersetzt das im Oktober 2004 erstellte Findbuch GU 132. Eberhard Merk Stuttgart, im März 2021
4. Literatur: Kardorff, Ursula von: Berliner Aufzeichnungen von 1942 bis 1945. München 1962. Kardorff, Ursula von: Berliner Aufzeichnungen 1942-1945. Unter Verwendung der Original-Tagebücher neu hg. und kommentiert von Peter Hartl. München 1992. Schmierer, Wolfgang von: [Artikel über] Eberhard Fürst von Urach Graf von Württemberg. In: Das Haus Württemberg. Ein biographisches Lexikon. Hg. von Sönke Lorenz/Dieter Mertens/Volker Press. Stuttgart 1997. S. 393f. Genealogisches Handbuch des Adels. Fürstliche Häuser Bd. XVIII. Gesamtreihe Bd. 141 S. 430-438. Wikipedia-Artikel über Ursula von Kardorff
- Reference number of holding
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, GU 132
- Extent
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59 Büschel (0,22 lfd. m)
- Context
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Archiv der Herzöge von Urach
- Related materials
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Ursula von Kardorff: Berliner Aufzeichnungen 1942-1945. München 1992; Das Haus Württemberg. Ein biographisches Lexikon. A. a. O. S. 393.
- Indexentry person
- Date of creation of holding
-
1907-1947 und o. J.
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- Last update
-
20.01.2023, 3:09 PM CET
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1907-1947 und o. J.