Artikel

Lohneffekte der Zeitarbeit

Die gewerbliche Zeitarbeit ist eine der am stärksten expandierenden Beschäftigungsformen in Deutschland. Allein in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Zeitarbeitnehmer, trotz allgemeiner wirtschaftlicher Stagnation, auf 340 000 im Jahre 2001 verdreifacht. Damit ist auch die beschäftigungspolitische Bedeutung der Zeitarbeit gewachsen. Ausdruck dafür ist der schrittweise Abbau von Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) in den 90er Jahren, das dieses Segment des Arbeitsmarktes reguliert. Den vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung bildet das am 15. November 2002 im Bundestag verabschiedete erste Gesetzespaket zur Arbeitsmarktreform. Angelehnt an die Vorschläge der Hartz-Kommission beinhaltet es die an der gewerblichen Zeitarbeit orientierte flächendeckende Errichtung so genannter Personal-Service-Agenturen (PSA) in den bundesdeutschen Arbeitsamtsbezirken sowie die weitreichende Lockerung des AÜG.4 Dennoch ist die gewerbliche Zeitarbeit nach wie vor umstritten. Die Kritik gilt hierbei vor allem der vermeintlich geringeren Qualität der Beschäftigungsverhältnisse, die durch Zeitarbeit entstehen. Insbesondere wird auf die niedrige Entlohnung von Zeitarbeitern im Vergleich zu Nichtzeitarbeitern hingewiesen. Dieses Lohndifferential ist jedoch bis heute unzureichend quantifiziert, da in den bisher vorliegenden Untersuchungen lediglich einfache Durchschnittsvergleiche herangezogen werden. Wichtige beobachtbare Unterschiede und damit verbundene Produktivitätsunterschiede werden nicht berücksichtigt. Auch sind mögliche langfristige Effekte der Zeitarbeit auf die Einkommensverläufe ehemaliger Zeitarbeitnehmer gänzlich unerforscht. Im Folgenden werden erste ökonometrische Schätzungen5 des mit einer Tätigkeit in der Zeitarbeit verbundenen gegenwärtigen und langfristigen Lohndifferentials vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass Arbeitnehmer in Zeitarbeit einen Lohnabschlag hinnehmen müssen, der allerdings bis zu 50 % geringer ist als bislang angenommen. Ehemalige Zeitarbeitnehmer haben in der späteren Beschäftigung außerhalb der Branche im Durchschnitt keine Lohneinbußen gegenüber Arbeitnehmern, die niemals in der Zeitarbeit tätig waren. Verglichen mit ihrer relativen Einkommenssituation vor dem Eintritt in die Zeitarbeit können sich Zeitarbeiter in ihren Einkommensverläufen bei Wiedereintritt in reguläre Beschäftigungsverhältnisse sogar verbessern.

Sprache
Deutsch

Erschienen in
Journal: DIW Wochenbericht ; ISSN: 1860-8787 ; Volume: 69 ; Year: 2002 ; Issue: 49 ; Pages: 847-854 ; Berlin: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Klassifikation
Wirtschaft
Thema
Leiharbeit
Lohnstruktur
Westdeutsche Bundesländer
Deutschland

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Kvasnicka, Michael
Werwatz, Axel
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)
(wo)
Berlin
(wann)
2002

Handle
Letzte Aktualisierung
20.09.2024, 08:23 MESZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
ZBW - Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Artikel

Beteiligte

  • Kvasnicka, Michael
  • Werwatz, Axel
  • Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Entstanden

  • 2002

Ähnliche Objekte (12)