Bestand

KM Kulturgutschutz NW 0649 (Bestand)

Kulturgutschutz: Erfassung des Kulturgutes, Denkmalpflege

Form und Inhalt: Die Haager Konvention über den Landkrieg von 1899 verpflichtete erstmals in der Geschichte des Völkerrechts ihre Vertragspartner, "Gebäude..., welche dem Gottesdienst, der Kunst, der Wissenschaft, der Wohltätigkeit gewidmet sind", sowie "geschichtliche Denkmäler" (Art. 27) im Kriegsfall zu schützen. 15 Jahre danach trat der Kriegsfall ein und nach dem Ersten folgte der Zweite Weltkrieg: zwei zivilisatorische Katastrophen. Insbesondere im Zweiten Weltkrieg traten zu menschlichem Leid gewaltige kulturelle Verluste: Archive, Bibliotheken, Kunstsammlungen, Gebäude und ganze Städte waren zerstört oder geplündert. Dem, was vor 1945 gerettet oder danach wiederaufgebaut worden war, drohte indes neues Unheil: Anfang der fünfziger Jahre war der Kalte Krieg in Korea in eine erste heiße Phase getreten. Auch die Lage in Mittel-Europa war gespannt. Die Vereinten Nationen initiierten daher 1954 eine Konferenz in Den Haag, um dem Raub von Kunstgegenständen und der Vernichtung von Baudenkmälern vorzubeugen. Die Versammlung beschloss dort die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten von 1954. Die Bundesrepublik Deutschland gehörte zu jenen 28 Staaten, die das Abkommen recht bald unterzeichneten. Die Ratifizierung des Protokolls stand jedoch aus. Sie sollte erst 1967 erfolgen.
Das internationale Abkommen drängte die Bundesrepublik, den Kulturgutschutz als bundesgesetzliche Aufgabe zu bestimmen. Der Bundestag novellierte 1957 in diesem Sinne das Gesetz über Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung. Die Novellierung nahm den Schutz des Kulturguts aus der Haager Konvention auf (Paragraf 1). Auch die weiteren Ausführungen des nationalen Gesetzes lehnten sich eng an die internationalen Absprachen an. Wie für die Umsetzung der Konvention so mussten auch für diese zivilen Luftschutzmaßnahmen in einem ersten Schritt schutzwürdige Kulturgüter bestimmt werden. Das erwies sich umso schwieriger, als diese nach ihrer Bedeutung zu bewerten waren. Es sollte erstens eine Liste mit Kulturgütern zusammengestellt werden, denen Sonderschutz zu gewähren war. Diese Objekte waren nach der Ratifizierung des Protokolls in ein internationales Register für Kulturgut unter Sonderschutz einzutragen. Darüber hinaus waren die dafür vorgesehenen Bergungsorte zu bezeichnen. Den militärischen Stellen oblag es, diese Liste zu prüfen und festzustellen, ob die Voraussetzungen zur Gewährung des Sonderschutzes vorhanden waren. Es sollte zweitens eine Liste mit Kulturgütern verfasst werden, denen einfacher Schutz zukommen sollte. Die Eigentümer dieser Objekte waren nach der Ratifizierung ermächtigt, das nach unten zugespitzte blau-weiße Schild anzubringen.
Die Durchführung der Maßnahmen war Aufgabe der Länder. Zuständig in Nordrhein-Westfalen war die Denkmalpflege im Kultusministerium unter Leitung von Prof. Bader (Gruppe III K 2 bzw. Referat III/2). Für Bader erwies sich die Finanzierung des Unternehmens als Problem. Die Mittel für das notwendige Personal waren zu gering und wurden überdies zu spät bewilligt. Daraus ergaben sich Verzögerungen. Erst seit 1961/62 arbeiteten zwei Kunsthistoriker und eine Sekretärin kontinuierlich an den erwähnten Listen. Für das Nordrhein-Gebiet war Dr. Depel angestellt worden, der seinen Arbeitsplatz im Schloss Brühl hatte; Dr. Mundt war für Westfalen-Lippe zuständig, wirkte aber vom rheinischen Schloss Kalkum aus. Die offizielle Bezeichnung für die beiden Kunsthistoriker lautete: Beauftragte des Kultusministers des Landes Nordrhein-Westfalen zur Erfassung des Kulturgutes im Rahmen des zivilen Luftschutzes. Die Arbeiten der Beauftragten waren 1966 im wesentlichen abgeschlossen, Depel war bereits 1965 ausgeschieden und übergab seine Papiere und Fotos Mundt in Kalkum.
1996 fanden Mitarbeiter des NRW Hauptstaatsarchivs die Hinterlassenschaft des Beauftragten Mundt in den historischen Räumen von Schloss Kalkum. Sie übergaben Schriftgut und Bildmaterial der Abteilung 3. Die insgesamt 73 Einheiten erhielten die Bestandssignatur NW 649 (Akzessions-Nr. 49/96) Bei der Erschließung stellte sich heraus, dass über den Kulturgutschutz hinausführende Bereiche dokumentiert waren. Dazu zählten Depels Arbeiten an der Publikation "Kunst in Gefahr". Sie unternahmen den Versuch, die durch den Rheinischen Braunkohle-Tagebau gefährdeten Baudenkmäler durch Listen zu inventarisieren und durch Fotografien zu dokumentieren. Zum andern sind denkmalpflegerische Angelegenheiten überliefert. Sie betreffen Maßnahmen zur Beseitigung von Kriegsschäden sowie denkmalpflegerische Sicherungsmaßnahmen. Es lässt sich nur vermuten, dass sie dazu herangezogen wurden, die Kulturgüter-Listen zu fertigen. Schließlich birgt der Bestand jenes Foto-Material, das Depel als Leiter des Sekretariats für die Ausstellung "Kurfürst Clemens August". Landesherr und Mäzen des 18. Jahrhunderts" und den gleichnamigen Begleitband von 1961 verwandt hatte. Die Klassifikation orientiert sich im wesentlichen an diesen thematischen Einheiten der überlieferten Akten: Kulturgutschutz und Denkmalpflege.
Vorgänge der Beauftragten, welche zur Geschäftsführung angelegt wurden, Durchschläge, die Mehrzahl der Unterlagen zur Ausstellung ”Kurfürst Clemens August“ und Doppelstücke waren verzichtbar. Insgesamt wurden 33 Einheiten kassiert. Die Laufzeit des Bestands erstreckt sich auf die Jahre 1949 bis 1967. Der Bestand NW 649 ist ohne Einschränkungen benutzbar. Verzeichnet wurde er im Sommer 2002 von Uwe Zuber.
Fotos, Dias, Negative, Dia-Positive und Bild-Platten wurden der Abteilung 4 übergeben, sie werden dort unter der Signatur RWB gelagert. Das Bildmaterial ist daher unter dieser Signatur zu bestellen, das Schriftgut hingegen unter NW 649 Nr. ... Die Springnummern-Folge des Bestands erklärt sich aus dieser ursprünglichen Zusammensetzung.
Die hier verzeichnete Überlieferung des Beauftragten zum Kulturgutschutz wird durch Akten des Kultusministeriums ergänzt. Für das Thema des Kulturgutschutzes sind das aus der Arbeit der Abteilung III die Archivalien NW 69 Nr. 229 und 230 (Findbuch 330.14.1), NW 393 Nr. 877 (Findbuch 330.42) und NW 489 Nr. 1-4 (Findbuch 330.42). Von den Kultusminister-Konferenzen ist die 28. Sitzung in Wiesbaden und dabei der TOP 26 einschlägig (Findbuch 330.14.2). Darüber hinausführende Informationen liefert der Bestand NW 19 Nr. 727 (Kulturgutschutz bei Gemeinden und Gemeindeverbänden, Findbuch 330.04.1) Für die Angelegenheiten der Denkmalpflege, des Denkmalschutzes und der Beseitigung der Kriegsschäden an Denkmälern können die folgenden Bestände herangezogen werden: NW 60 (Findbuch 330.21.1, S. 68-124), NW 69 (Findbuch 330.14.1, S. 51-53) und NW 256 (Findbuch 330.37, S. 17-47)

Reference number of holding
NW 0649 330.64.00
Extent
84 Einheiten; 7 Kartons
Language of the material
German

Context
Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland (Archivtektonik) >> 4. Oberste und obere Landesbehörden NRW >> 4.2. Oberste Landesbehörden >> 4.2.5. Kultusministerium >> 4.2.5.4. Kulturpflege
Related materials
Bekanntmachung der Gesamtverzeichnisse national wertvollen Kulturgutes und national wertvoller Archive vom 19. April 1999, in: Bundesanzeiger, Jg. 51, Nr. 97a
Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten, 5. Auflage, hg. vom Bundesverwaltungsamt, Zentralstelle für Zivilschutz, Bonn 2002
St. Kraus, Walter Bader. Denkmalpflege in schwerer Zeit, Bielefeld 2001
Ph. Zorn, Die beiden Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907, Stuttgart 1915

Date of creation of holding
1962-1968

Other object pages
Delivered via
Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
Last update
23.06.2025, 8:11 AM CEST

Data provider

This object is provided by:
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Rheinland. If you have any questions about the object, please contact the data provider.

Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1962-1968

Other Objects (12)