Bestand

Bender, Annie (Bestand)

1. Übernahme des Nachlasses durch das Historische Archiv der Stadt Köln: Durch Vermittlung von Herrn Bibliotheksdirektor Dr. Tümmers und Frau Vilma Sturm übergab am 14. November 1975 Frau Studienrätin i. R. Gertrud Kemp dem Historischen Archiv der Stadt Köln als Geschenk den Nachlass von Frau Dr. Annie Bender, den diese vor ihrem Tod Frau Kemp mit der Bitte übergeben hatte, für die Erhaltung des Nachlasses zu sorgen.
2. Lebensabriss von Frau Dr. Annie Bender: Dr. Annie Bender wurde am 21. Mai 1890 zu Gieboldehausen/Harz, Kreis Duderstadt geboren. Der Vater, der die dortige Apotheke besaß, war rheinischer, die Mutter, Elisabeth geb. Volpert, westfälischer Abkunft. Nachdem der Vater die Apotheke abgegeben hatte, arbeitete er als Chemiker in Grevenbrück bei Altenhundem, wo er sich durch einen Betriebsunfall ein unheilbares Rückenmarksleiden zuzog. Er starb, als Annie, die jüngere der beiden Töchter, 10 Jahre alt war. Die Familie Bender war schon vor des Vaters Tod nach Köln gezogen, wo Annie von 1899 bis 1909 die Städtische Königin-Luise-Schule besuchte. Dort legte sie 1909 die Abschlussprüfung für die Lehrbefähigung an Volks- Mittel- und Höheren Schulen ab. Nach zweijähriger Praxis an der privaten Mädchenschule in Eitorf/Sieg studierte sie an der Universität Bonn Deutsch, Französisch, Latein und philosophische Propädeutik, 1916 erhielt sie in diesen Fächern die Lehrbefähigung für das Lehramt an Höheren Schulen. Nach kurzer Tätigkeit an der Kölner Kaiserin-Augusta-Schule erhielt sie 1917 eine Anstellung als Oberlehrerin am Privaten Oberlyzeum der
Dominikanerinnen in Euskirchen. 1921 promovierte sie an der Universität Bonn zum Dr. phil. Ab 1923 arbeitete sie als Studienrätin am damaligen Lyzeum III in Köln, der heutigen Elisabeth-von-Thüringen-Schule. 1929 wurde sie zur Oberstudiendirektorin am Staatlichen Oberlyzeum in Mönchengladbach ernannt, das sie bis November 1945 leitete. Um die Schule dem Zugriff der Nationalsozialisten zu entziehen, mußte sie 1937 in die Partei eintreten, wurde aber 1947 bei der Entnazifizierung in Gruppe V eingestuft und mit dem Titel Oberstudiendirektorin an die Staatliche Hildegard-von-Bingen-Schule in Köln berufen, wo sie bis zu ihrer Pensionierung im Jahre 1956 arbeitete. Ihre Hauptbeschäftigung im Ruhestand war die Arbeit für die Veröffentlichung des Briefwechsels mit Agnes Lingen aus den Jahren 1928 - 1932 und eines Lebensbildes derselben. Ihre zweite große Liebe war Griechenland. 1956 begann sie das Studium des Neugriechischen für die 16 Reisen, die sie noch dorthin machte. Sie starb am 9. Dezember 1973 in Köln.
3. Charakterisierung des Nachlasses: Der Nachlass ist im wesentlichen von dem Schriftwechsel zwischen Dr. Annie Bender und Agnes Lingen geprägt. Der tief religiöse Inhalt der Briefe ist für die Frömmigkeitsforschung von Interesse. Bemühungen, einen Teil des Schriftwechsels bei einem Verlag zum Druck zu bringen, scheiterten in Anbetracht des kleinen an der genannten Thematik interessierten Leserkreises. Nach einem Urteil von Pater Willehad Eckert O. P. hätte ein in der Mystik bewanderter Theologe eine Einleitung zu den Briefen verfassen müssen. Im Jahre 1968 ließ Dr. Annie Bender einen kleinen Teil der Briefe von Agnes Lingen drucken. Sie erschienen unter dem Titel: "Briefe aus der Zeit ins Zeitenlose. Aus Briefen von Agnes Lingen". Aus der Absicht, den Schriftwechsel und das Tagebuch der Agnes Lingen zu veröffentlichen, erklären sich die (handschriftlichen) Abschriften. Es erschien sinnvoll, sie im Nachlass zu belassen, da sie in Anmerkungen die Originalbriefe gelegentlich kommentieren.
Auf eine inhaltliche Erschließung des Nachlasses mußte in Anbetracht seines Umfanges verzichtet werden. Doch soll der Kurzverzeichnung des Nachlasses ein Lebensabriss der Agnes Lingen vorangestellt werden. Wegen des besonderen Gewichtes der Korrespondenzen etc. der Agnes Lingen sind diese in der Kurzverzeichnung als besonderer zweiter Teil des Nachlasses aufgeführt.
4. Lebensabriss von Agnes Lingen: Agnes Lingen wurde am 7. September 1889 als ältestes Kind der Eheleute Jakob und Elisabeth Lingen zu Köln-Ehrenfeld geboren. Sie erhielt ihre Schulausbildung bei den Schwestern vom "Armen Kinde Jesu" in Ehrenfeld und im Antoniuspensionat zu Godesberg. Ihre tief religöse Einstellung wurde gefördert durch Pater Willigis O. P. in Köln, der 1914 in der Nähe von Venlo (Niederlande) das Kloster "Bethanien" gründete. Agnes Lingen, begeistert für die Aufgabe, gefährdete Mädchen zu betreuen, trat 1918 in dieses Kloster ein, in dem Unschuldige und Büßende ohne Unterscheidung des Gewandes aufgenommen wurden. Die Eltern hatten große Bedenken, weil ihre Tochter von Kind an gesundheitlich geschwächt war. Aufenthalte in Davos und Flüeli (Schweiz) sowie Reisen ans Meer, ins Gebirge und ins Ausland sollten der Gesundheit von Agnes Lingen dienen, sie aber zugleich von ihren Klosterplänen abbringen. Doch Agnes Lingen ließ sich nicht beirren, schied dann aber wegen einer schweren Krankheit aus dem Kloster aus, lag
in einer Klinik in Bonn und diente nach der Genesung als einfache Haustochter ihren pflegebedürftigen Eltern. Pater Willigis gab ihr den Auftrag, von Köln her für Bethanien zu sorgen und junge Mädchen, die dort eintreten wollten, zu prüfen. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe entwickelte sie ein tiefes Verständnis für die Seelen erwachsener Menschen. In zahlreichen Gesprächen und Briefen (u.a. mit der Dichterin Ruth Schaumann) erteilte sie geistliche Belehrung. Am 19. März 1932 starb Agnes Lingen. (Obiger Darstellung liegt der Lebensabriss zugrunde, welcher der Publikation "Briefe aus der Zeit ins Zeitenlose. Aus Briefen von Agnes Lingen" beigegeben ist; eine erweiterte Darstellung ihres Lebens ist erschienen in der Zeitschrift "Bethanien" Jg. 1962, Heft 4).
Köln, den 26.11.1975.

Enthält u.a.: Briefwechsel theologisch-, religiös-mystischen Inhalts mit Agnes Lingen (1889-1932); Manuskripte von Veröffentlichungen, Vorträgen, Erzählungen, u. a. über Käthe Kollwitz, Romano Guardini, Rainer Maria Rilke, Reinhard Johannes Sorge, Teresa von Avila, Jeanne d' Arc, Hildegard von Bingen, Katharina von Siena; Lebenserinnerungen, Tagebuch von A. Lingen; der Nachlass enthält Briefe von Agnes Lingen an Elsbeth Brandts, Mönchengladbach, an ihren Beichtvater Pater Willigis Even OP und an den Maler Camillo Kutz.

Bestandssignatur
Historisches Archiv der Stadt Köln, Best. 1231

Kontext
Historisches Archiv der Stadt Köln (Archivtektonik) >> Nachlässe und Sammlungen >> Nachlässe, Partei-, Vereins-, Familienarchive >> Buchstabe B

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Letzte Aktualisierung
31.10.2023, 14:07 MEZ

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