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Wer versteht sich als Akteur? Max Webers Kausalitätsverständnis und die Herausforderung der Neurowissenschaft

"Die Neurowissenschaft scheint das Bild vom Menschen zu revolutionieren. Die Fortschritte bei Bild gebenden Verfahren und kernspintomografischen Abbildungen präsentieren das Gehirn als gigantische Metropole mit Milliarden von Verkehrswegen. Hirnforscher glauben nun offenbar, den zugrunde liegenden Fahrplan der Megametropole freilegen und damit die 'eigentlichen' Ursachen menschlichen Verhaltens finden zu können. Dazu werden mit Hilfe der Kernspintomographie Hirnaktivitäten experimentell kontrolliert abgebildet. Bei der Messung gewisser Aktivitäten können sie inzwischen sagen, ob es einen Straßenmusiker am Werk zeigt oder einen Hinweisschilder lesenden Passanten. Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass der Hirnforscher bald in das Verkehrssystem der Megametropole Gehirn eingreifen könne. Kann etwa unerwünschtes Verhalten, etwa Aggressionen, durch gezielte Neu-Verschaltungen der Knoten verhindert werden? Lässt sich die Denkleistung genetisch 'tunen', damit in Zeiten der PISA-Bildungskatastrophe die für Erfolg auf unsicheren Arbeitsmärkten notwendigen Bildungsziele von mehr Menschen erreicht werden können? Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus für die Soziologie als Wissenschaft vom Sinnverstehen? In der Auseinandersetzung wird Max Webers Kausalitätsverständnis in Erinnerung gerufen und betont, dass ein 'Akteur' nicht eine gleichsam in Fleisch und Natur verfasste Entität ist, sondern eine sprachlich geformte Abstraktion, die die Ursachen menschlichen Handelns selektiv intern zurechnet. Deshalb stellt die Bedeutung des 'Akteurs' eine empirische Frage dar: Wann werden menschliches Verhalten und seine Folgen in der Praxis als durch 'Akteure' verursacht gedeutet, d.h. kausal zugerechnet, und wann gerade nicht? Welche sozialstrukturellen Regelmäßigkeiten haben solche Deutungen? Wie verändern sie sich im Lebensverlauf anlässlich welcher Probleme? Da diese Fragen nur empirisch entschieden werden können, werden Ergebnisse einer Umfrage vorstellen, die auf den praktischen Ort des Akteurs im Sinne Webers zielte. Auf dieser Basis soll deutlich werden, warum die Neurowissenschaft keine Herausforderung für die Soziologie ist, diese gleichwohl auf durchaus unangenehme Weise an einige nicht erledigte Aufgaben erinnert." (Autorenreferat)

Wer versteht sich als Akteur? Max Webers Kausalitätsverständnis und die Herausforderung der Neurowissenschaft

Urheber*in: Nollmann, Gerd

Rechte vorbehalten - Freier Zugang

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Weitere Titel
Who regards themself as an actor? Max Weber’s concept of causality and the challenge of neuroscience
ISBN
978-3-593-38440-5
Umfang
Seite(n): 656-670
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion; begutachtet
33. Kongress "Die Natur der Gesellschaft". Kassel, 2006

Erschienen in
Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2

Thema
Naturwissenschaften
Sozialwissenschaften, Soziologie
Soziologie, Anthropologie
Naturwissenschaften, Technik(wissenschaften), angewandte Wissenschaften
Generelle Theorien der Sozialwissenschaften
Allgemeine Soziologie, Makrosoziologie, spezielle Theorien und Schulen, Entwicklung und Geschichte der Soziologie
soziologische Theorie
Handlung
Problemlösen
Akteur
Auswirkung
Menschenbild
Gehirn
Soziologie
Aktivität
Lebensalter
Verhalten
Weber, M.
Grundlagenforschung
Dokumentation

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Nollmann, Gerd
Ereignis
Herstellung
(wer)
Rehberg, Karl-Siegbert
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
Campus Verl.
(wo)
Deutschland, Frankfurt am Main
(wann)
2008

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-153162
Rechteinformation
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:27 MESZ

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Objekttyp

  • Sammelwerksbeitrag
  • Konferenzbeitrag

Beteiligte

  • Nollmann, Gerd
  • Rehberg, Karl-Siegbert
  • Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
  • Campus Verl.

Entstanden

  • 2008

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