Bestand
Heiligenberg (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Als Erben der Grafen von Werdenberg nahmen 1534
die Grafen von Fürstenberg die Grafschaft Heiligenberg in Besitz.
Mit der Grafschaft war seit alters die Hochgerichtsbarkeit
verbunden. Wieweit der Geltungsbereich des Heiligenberger
Landgerichts reichen sollte, blieb jedoch zum Teil bis ins 18.
Jahrhundert zwischen den Fürstenbergern und den angrenzenden
Herrschaften umstritten (vgl. die umfangreiche Rubrik
"Gerichtsbarkeit"). Mit dem Fürstentum Fürstenberg fiel auch die
Grafschaft Heiligenberg 1806 an Baden. Nach der Aufhebung des
standesherrlichen Justizamts im Jahr 1849 gelangte das Archiv der
Grafschaft über das Oberamt Pfullendorf in das Generallandesarchiv.
Hier scheinen erst sehr spät Archivalien anderer Provenienz - vor
allem des Hochstifts Konstanz und badischer Zentral- und
Lokalbehörden - angeschlossen worden zu sein.
Einleitung: Die Grafschaft
Heiligenberg entwickelte sich im Bereich der früheren
Linzgaugrafschaft, die ursprünglich ein an wechselnde Familien
vergebenes Reichslehen war. Der erste des Geschlechtes dieses
Namens war Graf Heinrich von Heiligenberg, der im Jahr 1135
erstmals mit diesem Namen auftaucht. Da das Lehen im Laufe des 13.
Jahrhunderts erblich wurde, waren in der Folge die Grafen von
Heiligenberg Herren dieser Grafschaft, bis sie diese im Jahr 1277
an die Grafen von Werdenberg verkauften. Beim Aussterben des
letzten des Geschlechtes derer von Werdenberg-Heiligenberg im Jahr
1534 fiel die Grafschaft an Friedrich von Fürstenberg, der eine
Tochter des letzten Werdenbergers zur Frau hatte. Mit der
Grafschaft verbunden war der Vorsitz des Landtags oder Landgerichts
von Heiligenberg, eines Hochgerichts das im 12. Jahrhundert auch
für die Freien in seinem Bereich zuständig war. Die Grafen oder
Landgrafen, wie sie deshalb auch bezeichnet wurden, waren in dieser
Funktion Stellvertreter des Königs, die auch in anderen Bereichen
mit der Verwaltung von Rechten des Reiches betraut waren, die über
die Zuständigkeit eines Grafen hinausgingen. Es ist daher über eine
lange Zeit hinweg immer auch von der "Landgrafschaft" Heiligenberg
die Rede. Ursprünglich wurde das Landgericht unter persönlichem
Vorsitz des Grafen in Schattbuch oder Bitzenhofen abgehalten. Im
15. Jahrhundert wurde es in den Niedergerichtsbereich der
Grafschaft nach Beuren verlegt. Das Gericht wurde nun durch Beamte
des Grafen in dessen Auftrag geleitet und die Urteilsgewalt lag
nicht mehr bei der Gerichtsversammlung sondern bei vom Grafen
eingesetzen Urteilssprechern. So vollzog sich nach und nach ein
Absinken der Stellung und Bedeutung des Landgerichts von einer
Reichseinrichtung zu einem herrschaftlichen Hochgericht. Zu Beginn
des 18. Jahrhunderts kam das Landgericht schließlich ganz in Abgang
und die Hochgerichtsbarkeit wurde durch das Oberamt Heiligenberg
ausgeübt. Neben den Hochgerichtsrechten bestanden die Vorrechte der
Grafschaft noch im Recht, die Errichtung fester Häuser zu erlauben
oder zu verbieten, dem Mühlenbann, dem Geleitsrecht, dem Zollrecht,
dem Jagd- und Forstrecht und dem Bastarderbrecht. Alle diese
Rechte, besonders aber das Hochgerichtsrecht, hätten die Grundlage
zur Ausbildung eines bedeutenden Territoriums bieten können. Es
gelang den Grafen jedoch nicht, ihre Hoheitsrechte gegenüber den
Niedergerichtsherrschaften ihres Gebietes so durchzusetzen, dass
sie ein geschlossenes großes Territorium bilden konnten. Dies lag
vor allem daran, dass ihnen so wichtige Rechte wie die
Militärhoheit und das Steuerrecht fehlten. So gelang ihnen nur in
dem wesentlich kleineren Bereich, in dem sie selbst auch die
Niedergerichtsrechte innehatten, die Bildung eines Territoriums.
Nachdem es schon im 13. und 14. Jahrhundert den Städten Überlingen,
Meersburg und Markdorf gelungen war, wenigstens für den engeren
Stadtbereich aus dem Hochgerichtsbereich der Grafschaft
freizukommen, gaben die Grafen nach langen Streitigkeiten und
Prozessen mit den anliegenden Niedergerichtsherrschaften
schließlich in 17. und 18. Jahrhundert ihre Hochgerichtsrechte in
deren Bereich gegen geringe Entschädigungen auf. 1637 kam es zu
einem entsprechenden Vertrag mit dem Kloster Salem, 1776 mit dem
Kloster Petershausen, 1779 mit dem Hochstift Konstanz, dem Kloster
Weingarten und der Reichsstadt Überlingen und 1783 mit der
Deutschordenskommende Mainau. Das verbliebene geschlossene
Territorium war nun eine ländliches Gebiet, in dem weder eine Stadt
noch ein reicheres Kloster gelegen war. Der Bedeutung der
Grafschaft entsprechend hielten sich die regierenden Herrscher
häufig auch nicht in ihrer Residenz auf, sondern sie traten in
fürstliche oder kaiserliche Dienste. 1559 hatte sich nach den
vielfachen Teilungen des fürstenbergischen Hauses eine eigene Linie
Fürstenberg-Heiligenberg gebildet, die bis zu ihrem Aussterben im
Jahr 1716 in Heiligenberg residierte. Dank ihrer Beziehungen zum
Kaiserhaus wurde sie 1664 in den Fürstenstand erhoben. Dieser Titel
ging nach 1716 auf die Linien Fürstenberg-Stühlingen und
Fürstenberg-Meßkirch über. Die Grafschaft selbst fiel an die
letztere Linie, die jedoch 1744 ebenfalls ausstarb. Erstmals seit
vier Jahrhunderten waren nun die fürstenbergischen Gebiete wieder
in einer Hand vereinigt. Das Fürstentum Fürstenberg konnte nun aus
dem Bereich der bedeutungslosen Zwergstaaten heraustreten und daran
gehen, das Fundament zu einem modernen, aufgeklärten
Territorialstaat zu legen. Regierungssitz war Donaueschingen, die
Grafschaft Heiligenberg wurde vom dortigen Oberamt verwaltet. 1806
fiel der größte Teil des Fürstentums und mit ihm die ganze
Grafschaft Heiligenberg an das Großherzogtum Baden. Das Archiv der
Grafschaft Heiligenberg kam zwischen 1849 und 1875 in das
Generallandesarchiv. Schriftverkehr hierüber ließ sich nicht
ermitteln, so dass das genaue Datum nicht festliegt. Als 1849 das
fürstliche Justizamt Heiligenberg aufgelöst und dessen Kompetenzen
größten Teils dem Oberamt Pfullendorf übertragen wurden, berichtete
das Amt Heiligenberg, dass in seiner Amtsregistatur neben der
laufenden Registratur die "ganz alte Registratur (d.h. die Akten
und Bücher des Oberamtes Heiligenberg von 1811 bis zurück in das
16. Jahrhundert) in 3 Kästen mit je 21 Schubladen und in 19
Brandkisten" verwahrt sei. Das fürstlich fürstenbergische Rentamt
Heiligenberg ließ sich lediglich den Wert der Archivkästen und
-kisten ersetzen aber gegen den Abtransport des gesamten
Archivgutes nach Pfullendorf hatte es nichts einzuwenden (Abt. 370
Zug. 1910/37 Nr. 96). Von dort muss es dann bis 1875 nach Karlsruhe
gekommen sein, denn in einer 1875 gefertigten Archivübersicht des
Generallandesarchivs (Abt. 68/872) ist es bereits verzeichnet. Die
Amtsbücher der Grafschaft Heiligenberg befanden sich dagegen noch
1876 auf dem Bezirksamt Pfullendorf, denn die dortige Registratur
berichtete dem Generallandesarchiv in diesem Jahr darüber und
lieferte die 360 Bände im selben Jahr auch ab (Abt. 450/502). Bis
zur Bestellnummer 310 wurde das alte Verzeichnis des Bestandes im
Jahr 1923 von Hermann Baier angefertigt. Bei der vorliegenden
Neubearbeitung dieses Bestandes ergab es sich, dass diese Akten
fast vollständig als Provenienzstelle die Grafschaft Heiligenberg
bzw. in wenigen Fällen das Justizamt Heiligenberg hatten. Die
Nummern 311 bis 390 waren jedoch bisher unverzeichnet und es
stellte sich heraus, dass es sich hierbei hauptsächlich um die aus
weiteren Archiven und Aktenablieferungen ausgesonderten Akten
anderer Provenienzen betreffend Heiligenberg handelte. Der Bestand
beinhaltet also zu etwa einem Viertel aus Fremdprovenienzen. Im
vorliegenden Verzeichnis wurde die Provenienz nur angegeben, soweit
es sich nicht um die Grafschaft Heiligenberg handelt. Die angefügte
Provenienzliste gibt Auskunft über die enthaltenen Provenienzen.
Die von Baier verzeichneten Akten enthielten im Zettelrepertorium
teilweise alte Signaturen, die erfasst wurden und in einer
Konkordanzliste im Anhang zusammengestellt sind. Die Ordnung des
Bestandes wurde im Wesentlichen belassen. Lediglich die Akten über
die laufenden Streitigkeiten und Prozesse, die die Grafschaft wegen
ihrer Hoheitsrechte mit ihren Nachbarn führte, die bisher unter den
Rubriken "Ansprüche", "Gerichtsbarkeit" und "Landeshoheit"
enthalten waren, wurden nun alle unter der Rubrik "Gerichtsbarkeit"
zusammengefasst. Diese Rubrik ist entsprechend der Geschichte der
Grafschaft (s.o.) auch die größte des Bestandes geworden.
Karlsruhe, den 16.3.1990 R. Rupp
- Bestandssignatur
-
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 114
- Umfang
-
390 Akten (Nr. 1-390)
- Kontext
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Ältere Bestände (vornehmlich aus der Zeit des Alten Reichs) >> Akten >> Kleinere weltliche Territorien >> Heiligenberg
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Rainer Brüning/Gabriele Wüst (Bearb.), Die Bestände des Generallandesarchivs Karlsruhe, Teil 6, Bestände des Alten Reiches, insbesondere Generalakten (71-228), Stuttgart 2006, S. 223.
- Bestandslaufzeit
-
1413-1860
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
03.04.2025, 11:03 MESZ
Datenpartner
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1413-1860