Bestand
Generalinspekteur für die Spruchgerichte in der britischen Zone (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Die Aburteilung aller Mitglieder derjenigen Organisationen, die vom
Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg für verbrecherisch
erklärt worden waren (Korps der Politischen Leiter, Gestapo, SD, SS),
war in der Britischen Zone Aufgabe von besonderen Spruchgerichten. Für
die Insassen jedes der sechs britischen Internierungslager
(Neuengamme, Eselsheide, Staumühle, Fallingbostel, Recklinghausen und
Sandbostel) wurde durch allgemeine Verfügung des Präsidenten des
Zentral-Justizamtes vom 1. Juni 1947 je ein Spruchgericht in
Hamburg-Bergedorf, Bielefeld, Hiddesen bei Detmold, Benefeld-Bomlitz,
Recklinghausen und Stade errichtet. Als Spruchgericht des zweiten
Rechtszuges wurde der Oberste Spruchgerichtshof in Hamm
errichtet.
Für den reibungslosen Ablauf der
Verfahren hatte ein Generalinspekteur für die Spruchgerichte in der
Britischen Zone in Hamburg zu sorgen, dessen Anweisungen die
öffentlichen Ankläger bei den Spruchgerichten Folge zu leisten hatten.
Die Dienststelle des Generalinspekteurs wurde vom Präsidenten des
Zentral-Justizamtes errichtet durch die "Verordnung über die
Errichtung der Dienststelle des Generalinspekteurs in der Britischen
Zone für die Spruchgerichte zur Aburteilung der Mitglieder der in
Nürnberg für verbrecherisch erklärten Organisationen" vom 17. Februar
1947. Aufgabe der Dienststelle des Generalinspekteurs war es nach der
o. a. Verordnung, für die Einrichtung der Spruchgerichte und den
reibungslosen Ablauf der Verfahren zu sorgen. Die Beamten der
Spruchgerichte (mit Ausnahme der Richter) sowie die Beamten und
Angestellten seines Stabes wurden vom Generalinspekteur ernannt bzw.
verpflichtet. Der Generalinspekteur übte die oberste Dienstaufsicht
über die Spruchgerichte aus. Einfluss auf die richterliche Tätigkeit
hatte er nicht; er besaß aber gegenüber den öffentlichen Anklägern
Anweisungsbefugnis und war unmittelbar dem Präsidenten des
Zentral-Justizamtes unterstellt.
Der
Amtsbereich des Generalinspekteurs erstreckte sich auf die gesamte
Britische Zone; Sitz der Dienststelle war Hamburg.
Inhaber des Amtes des Generalinspekteurs war Dr. Meyer-Abich,
dessen Stellvertreter war Regierungsdirektor Dr. Schierholt. Die
Dienststelle des Generalinspekteurs war in fünf Abteilungen
gegliedert:
1.) Zentralabteilung
(Organisations- und Verwaltungsangelegenheiten, Haushaltswesen)
2.) Personalabteilung (Personal- und
Verwaltungsangelegenheiten, Beamten- und Dienststrafrecht)
3.) Rechtsabteilung (Prüfung der eingeleiteten
Verfahren und Auswertung der Entscheidungen, Strafrecht)
4.) Wirtschaftsabteilung (Unterkunfts-,
Beschaffungs-, Verpflegungs-, Kfz- und Transportwesen)
5.) Inspektoratsabteilung (Inspektionen der
Spruchgerichte und Anklagebehörden).
Im Jahr
1949 begann ein schrittweiser Abbau der Spruchgerichtsbarkeit.
Die Dienststelle des Generalinspekteurs in Hamburg
existierte ab 1. Januar 1950 nur noch als Reststab und wurde mit der
Restbehörde des Zentral-Justizamtes zusammengezogen. Der
Generalinspekteur Dr. Meyer-Abich selbst leitete seine Geschäfte
zunächst von Oldenburg aus weiter, wo er als Generalstaatsanwalt tätig
war. Etwa 1953 war er Staatssekretär im Niedersächsischen
Justizministerium und übte gleichzeitig noch das Amt des
Generalinspekteurs aus.
Mit dem Zweiten
Bundesgesetz zur Aufhebung des Besatzungsrechts vom 30. Mai 1956 wurde
die Auflösung der Spruchgerichtsbarkeit geregelt. Mit diesem Gesetz
wurden die sich aus den Verordnungen Nr. 69 und 131 ergebenden
Rechtsgrundlagen für die Aufgaben der Spruchgerichtsbarkeit gemäß
Artikel 3 des Zweiten Bundesgesetzes zur Aufhebung des
Besatzungsrechts den ordentlichen Gerichten und den
Staatsanwaltschaften übertragen.
Die endgültige
Abwicklung der Spruchgerichtsbarkeit wurde durch die nicht
veröffentlichte Verwaltungsvereinbarung der Regierungen der Länder in
der ehemaligen Britischen Zone vom 20. Januar 1957 geregelt. Der
Landesjustizverwaltung Hamburg wurde die geschäftsmäßige Abwicklung
der Dienststelle des Generalinspekteurs übertragen. Als Datum der
Auflösung der Dienststelle des Generalinspekteurs ist in dessen
Dienstakten Ende September 1956 angegeben.
Bestandsbeschreibung:
Bestandsgeschichte
Die Unterlagen des
Generalinspekteurs (Z 42 I) gelangten über das Staatsarchiv Hamburg
1974 in das Bundesarchiv.
Archivische Bewertung
und Bearbeitung
Die Akten des
Generalinspekteurs wurden im Staatsarchiv Hamburg in Anlehnung an den
"vorläufigen Aktenplan" der Behörde provisorisch aufgelistet und
signiert.
Bei der Bearbeitung im Bundesarchiv
wurden die - vom Generalinspekteur - vorgegebenen Akteneinheiten
beibehalten und das Aktenzeichen als alte Signatur mit aufgenommen;
nur für einen kleinen Teil der Akten war das Aktenzeichen nicht mehr
zu ermitteln. Die Klassifikation folgt dem "vorläufigen Aktenplan" der
Dienststelle des Generalinspekteurs.
Hinweis
für die Benutzung:
Für den Fall, dass keine
Treffer über eine Recherche gefunden wurden, lohnt sich ein Blick in
die Kartei zum Bestand (auch die übrigen Teilbestände), da Hinweise
aus der Kartei hervorgehen können, die an anderer Stelle nicht zu
finden sind.
Inhaltliche Charakterisierung:
Verfassung und Verwaltung (102); Rechts- und Dienstverhältnisse der
Bediensteten (36); Gerichtsorganisation (111); Strafrecht (363),
dabei: Zentralkartei des Generalinspekteurs; Haushaltsangelegenheiten
(28).
Erschließungszustand:
Vollständig erschlossen; Online-Findbuch.
Vorarchivische Ordnung: Die
Aktenführung lehnte sich im wesentlichen an den Generalaktenplan der
Reichsjustizverwaltung an.
Zitierweise: BArch Z
42-I/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch Z 42-I
- Extent
-
623 Aufbewahrungseinheiten; 19,3 laufende Meter
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Bundesrepublik Deutschland mit westalliierten Besatzungszonen (1945 ff) >> Westalliierte Besatzungszonen (1945-1949) >> Justiz
- Related materials
-
Amtliche Druckschriften: Die Spruchgerichte zur Aburteilung von Mitgliedern der in Nürnberg verurteilten Organisationen. Merkblatt und Gesetzessammlung, hrsg. Von der Dienststelle des Generalinspekteurs in der Britischen Zone für die Spruchgerichte, ohne Datum
Die Spruchgerichte (Sammelband der im Zentral-Justizblatt für die Britische Zone als Beilage erschienenen Nummern "Die Spruchgerichte"), hrsg. vom Generalinspekteur für die Spruchgerichte in der Britischen Zone, Jg. 1 - 3, 1947 - 1949.
Literatur: Heiner Wember: Umerziehung im Lager: Internierung und Bestrafung von Nationalsozialisten in der britischen Besatzungszone Deutschlands. Essen, 3. Auflage 2007.
- Provenance
-
Generalinspekteur für die Spruchgerichte in der britischen Zone, 1947-1956
- Date of creation of holding
-
1947-1955
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
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Object type
- Bestand
Associated
- Generalinspekteur für die Spruchgerichte in der britischen Zone, 1947-1956
Time of origin
- 1947-1955