Handschriften
Schweig an Karl Weltzien
Enthält: (1r) Schweig erhielt einen Brief Weltziens. Abgesehen von einigen unvorhergesehenen Entwicklungen kann Weltzien das Hauptziel seines (Berliner) Aufenthalts verfolgen, die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens zu erlernen. Weltzien lernt darüber hinaus die "großen Männer" der Zeit, die "Art ihres Denkens", "ihre Ansichten und die Grenzen ihres Wissens" kennen. Weltziens Aussagen über (Eilhard) Mitscherlich überraschten Schweig. Sie decken sich nur teilweise mit denen (Friedrich August) Walchners. Mitscherlich übertrifft (Heinrich) Rose, da er auch in anspruchsvolles und "unbekanntes Terrain" vordringt. Rose bereitet Bekanntes auf, ordnet und präzisiert es. Schweig misst beiden gleichermaßen Bedeutung zu, auch und gerade für Weltziens "Fortschritt". Weltziens Interesse für die organische Chemie beweist nach Schweig dessen gesteigertes Wissen. Schweig bemühte sich vormals vergeblich, Weltzien von den Leistungen der "Wissenschaft der jüngsten Zeit" zu überzeugen. Die bisherigen Leistungen der organischen Chemie erweiterten zwar nicht die "Fundamentalprincipien", aber sie führten zur Erkenntnis einer Reihe von Gesetzmäßigkeiten, die sowohl "Hergänge in der unorganischen Chemie erläutern, vervollständigen" als auch erste Grundlagen physiologischer Vorgänge ("Thatsachen [...] in Rücksicht auf chemische Operationen in dem lebenden Organismus") aufzeigen. Schweig erkennt Weltziens einstige Hindernisse an. Die "organischen Körper" sind reich an "Mannigfaltigkeit der Form". Daher können die Gesetzmäßigkeiten (1v) "nach allen Seiten" hin angewandt werden. Weltzien las die "Rothenfelsser Lobhudelei". (Friedrich August) Walchner erregte sich, so erfuhr Schweig, über die "Galvanotechniker, über die Unwahrheit der Analyse, über die Fehler contra regulas artis chemicae". Der Vorwurf der Unwahrheit sowie die in der Zeitung angegebenen und sehr bekannten Zahlen veranlassten Schweig zu einer Recherche. Schweig vermutete hinter den angegebenen Zahlen richtigerweise eine Arbeit Weltziens. Schweig referiert ein Gespräch mit Walchner. Es wurde dabei deutlich, dass Walchner Weltziens fragliche Arbeit kennt und auf der Position beharrt, dass Weltzien die Anwesenheit von "kohlensaure[m] Alkali in dem Wasser" übersah. Demnächst wird eine Arbeit Walchners "über Rothenfels" erscheinen. Schweig freut sich auf die Möglichkeit zur (2r) Gegenkritik. Walchner unterbreitete Schweig seine "Theorie der warmen Quellen"; bei "Rothenfels, Baden[-Baden], Wildbad, Cannstatt, Liebenzell" sind die geologischen Verhältnisse ausschlaggebend. Bei Interesse Weltziens wird Schweig mehr darüber berichten. Zu dem Fehler contra regulas artis ist nur zu bemerken, dass "phosphorsaure Bittererde" nach (Wilhelm Ludwig) Kölreuters Analyse im Rotenfelser Mineralwasser enthalten ist, "was allerdings bei Ueberschuss von vorhandendem Kalk eine Unrichtigkeit ist". Jedoch kommen "phosphorsaure Bittererde und kohlensauer Kalk [...] in den Knochen" zusammen vor. Die Weltzien und Schweig bekannten ("unsere") "Sicilianer" reisten wegen "der bekannten fatalen politischen Conjunctur" früher ab. Sie brachten "etwa 1500 Stücke" "des Tertiaergebirges von Palermo" sowie "eine große Zahl Land- und Seeconchylien". Die in der Erde gefundenen Conchylien zeichnen sich durch ihre natürliche Farbenpracht aus. "Freund [C.] Sauerbeck" in Rippoldsau hat sich verlobt. Er beabsichtigt, die jüngste Tochter des "Domänenraths" (Carl Hubert?) Dilger aus Donaueschingen zu heiraten. Beide passen zusammen. Sauerbeck ist "so glücklich und poetisch geworden", dass er selbst die Briefe an Schweig reimt. Dem "beiderseitigen Freund" ist "zu seiner Wahl nur [zu] gratulieren". Schweig sah Weltziens eigene Familie, der es gut geht, vor einigen Tagen. "Dina" ist von Mumps kuriert, Weltziens Ehefrau "sieht besonders gut aus" und das "kleinste Töchterchen entwickelt sich sehr brav". In Karlsruhe gehen die Dinge ihren gewohnten Gang, ohne nach Berlin Mitteilenswertes. E(mil August) Groos lässt grüßen. Groos beschäftigt sich mit der "Verfertigung der Abdrücke der Münzen et cetera durch galvanische Kraft" nach (Moritz Hermann von) Jacobi. Die "Jacobische Erfindung" wird auch in Berlin bekannt sein. Schweig will die Nutzung dieser Methode "zur Darstellung der chemischen Verbindungen" in einem anderen Brief thematisieren. "Freund Neubronn" nimmt den gegenwärtigen Brief mit nach Berlin.
- Reference number
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27072/451
- Extent
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2 Blatt
- Context
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27072 Nachlass Karl Weltzien >> 1 Korrespondenzstücke in der alphabetischen Folge der Absender >> 1.149 Schweig
- Holding
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27072 Nachlass Karl Weltzien
- Indexentry person
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Weltzien, Karl (*1813, +1870)
Dilger, Carl Hubert (+1846)
Groos, Emil August (*1804, +1858)
Jacobi, Moritz Hermann von (*1801, +1874)
Kölreuter, Wilhelm Ludwig (*1784, +1848)
Mitscherlich, Eilhard (*1794, +1863)
Neubronn (Nachname)
Rose, Heinrich (*1795, +1864)
Sauerbeck, C.
Schweig (Nachname)
Walchner, Friedrich August (*1799, +1865)
Weltzien (geb. König), Leontine
- Indexentry place
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Baden-Baden/DE
Bad Cannstatt (Cannstatt)/DE
Cannstatt (Bad Cannstatt)/DE
Bad Liebenzell/DE
Bad Rippoldsau (Rippoldsau)/DE
Bad Rotenfels/DE
Bad Wildbad/DE
Berlin/DE
Donaueschingen/DE
Karlsruhe/DE
Palermo/IT
Rippoldsau (Bad Rippoldsau)/DE
- Date of creation
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1840 Juni 16, Karlsruhe
- Other object pages
- Last update
-
07.03.2025, 9:23 AM CET
Data provider
Karlsruher Institut für Technologie, KIT-Archiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Handschriften
Time of origin
- 1840 Juni 16, Karlsruhe