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Erblehenbrief

Regest: Martin Gruwer, zu Custertingen seßhaft, bekennt, daß er für sich und seine Erben zu einem steten Erblehen von Jerg Kaiser und Erhart Wölfflin, Pflegern der armen Sondersiechen zu Rewtlingen, bestanden hat Hof und Gut derselben Armen zu Custertingen, den er etliche Jahre gebaut und innegehabt hat. Darein gehören Haus, Scheuer und Hofraiti, 44 Juchart Ackers in den 3 Zelgen, 7 Mannsmahd 1 1/2 Viertel Baumgarten und Wiesen, wie solche Güter mit ihren Gelegern (= Lagen) und Anstößern von Stück zu Stück in der genannten Armen Register aufgeschrieben sind. Er hat den Hof als Erblehen empfangen um das Drittel aller Früchte, was auf den Äckern erbaut wird. Dieses Drittel sollen er, seine Erben und Nachkommen den genannten Armen und ihren Pflegern jährlich zu Landgarb geben und die Kornfrüchte, ohne alle Kosten für sie, abschneiden oder abmähen, ihr Drittel vor seinem eigenen, in die Scheuer führen und in einen eigenen Barn (= Fruchtstock, Teil der Scheuer) sonderlich (= besonders) legen. Desgleichen sollen er und seine Nachkommen von andern Früchten, wenn sie die in die Äcker des Hofs säen würden, den Armen ihr Drittel davon getreulich geben und darin durchaus keinen gefährlichen (= betrügerischen) Vorteil noch Arglistigkeit brauchen. Wenn sie in jedem Jahr schneiden wollen, so sollen sie es den Armenpflegern ungefähr 3 oder 4 Tage vorher zu wissen tun. Die Armenpfleger sollen alsdann einen Landgarber schicken, der ihrer Landgarbe wartet und sie empfängt. Den Landgarber sollen die Pfleger lohnen. Der Maier des Hofs soll ihm zu essen geben. Er, seine Erben und Nachkommen sollen den Armen ihr Drittel der Kornfrüchte, wenn es auf ihre Kosten ausgedroschen wird, gen Rewtlingen in der Armen Kasten führen ohne Kosten für die Armen und ihre Pfleger. Doch sollen die Armenpfleger den oder die, die diese Früchte abliefern, auch ihre Rosse mit Essen und Futter halten wie andere Maier der Armen. Der Maier und seine Nachfolger sollen jährlich die Drescher der Armen, solang sie ihr Drittel ausdreschen, beherbergen und ihre Speise kochen. Sie sollen auch jährlich auf St. Michels Tag den Armen 3 1/2 Pfund Heller zu Wieszins, 2 Hennen auf die Fastnacht 4 Hühner auf den Herbst und 1 Viertel Eier auf Ostern geben und diese Gülten gen Rewtlingen liefern ohne Kosten für die Armen. Sie sollen und wollen auch jährlich 1 Pfund Heller Zins, das den Frauen von Wittichen aus diesem Hof geht, bezahlen. Der Maier verspricht, den Hof mit aller seiner Zugehörde in guten Ehren, ziemlichem Bau und Wesen zu halten, die Äcker und Wiesen zu reuten, zu säubern, zu vermachen (= einzuzäunen) und an keinem Ort wüst liegen zu lassen. Jeder Maier soll Heu, Stroh, Mist und Kurzfutter, so auf diesem Hof wächst und gemacht wird, zum Nutzen der Güter dieses Hofes brauchen, nichts davon verkaufen oder anderswo verwenden. Falls er eigene Güter hätte, so soll er das Gestreu, das von solchen eigenen Gütern kommt und anfällt, auch für diesen Hof verwenden. Doch kann der Maier, der eigene Güter hat, auf jede Juchart seiner eigenen Äcker zu jeder Brach soviel Mist führen, wie er zu jeder Brach auf eine Juchart dieses Hofs führt. Wenn ein Maier diesen Verpflichtungen nicht nachkäme, dann soll er die Lehenschaft dieses Hofes verwirkt haben oder den Armen darum vollkommen Abtrag (= Entschädigung) tun nach Erkenntnis eines Gerichts zu Custertingen. Es ist auch bestimmt worden, daß dieser Hof nicht von Erbschaft wegen noch aus einem andern Grunde zerteilt werden, sondern allweg (= immer) in einer Hand bleiben soll. Der Maier darf die Lehenschaft des Hofs oder irgend ein darein gehöriges Gut nicht versetzen, verpfänden, verkaufen, mit Gülten oder Zinsen nicht beschweren noch sonst eine Änderung mit den Gütern tun ohne Erlaubnis der Armenpfleger. Wenn ein Maier solches täte, soll er darum strafbar sein und solcher Verkauf, Versetzung, Beschwerung nicht Kraft haben. Doch kann der Maier die Lehenschaft Samenkaufs (= als ganze) verkaufen an einen andern Maier, der den Armenpflegern gefällig und als Baumann anzunehmen ist. Wenn dieser Hof also verkauft wird, so können die Armenpfleger dem Käufer ihn leihen oder die Lehenschaft um das Geld, um das sie verkauft ist, zu ihren Händen lösen nach ihrem Belieben. So oft dieser Hof von einer Hand in die andere kommt, es sei wegen Verkaufs oder wegen Sterbens eines Maiers, soll der, der von diesem Hof kommt lebendig oder tot, den Armenpflegern 1 Pfund zu Weglöse und der, der darauf kommt, 1 Pfund Heller zu Handlohn geben und mit Verschreibung oder Bürgschaft Sicherheit und Tröstung tun, daß er diesem Brief gemäß leben werde. Das soll innerhalb Monatsfrist vollzogen werden. Würde es über einen Monat verzögert, so soll der Maier seine Lehenschaft verwirkt haben oder den Armen Abtrag tun nach Erkenntnis eines Gerichts zu Custertingen.

Dorsal-/Marginalvermerke: Auf der Rückseite: Der zweite Hof
Martin Gruwer zu Custertingen
Bartlin Grauwer zu Custerdingen
an jetzo Johannes Jung und Georg Jung, beide Maier.

Reference number
A 2 a (Kaufbriefe u.a.) Nr. A 2 a (Kaufbriefe u.a.) Nr. 1886
Formal description
Beschreibstoff: Pg.
Further information
Siegel (Erhaltung): beide Siegel vorhanden

Zeugen / Siegler / Unterschriften: Siegler: Michel Decker und Hans Hürter, beide Richter zu Rewtlingen

Genetisches Stadium: Or.

Context
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 1-6) >> Bd. 5 Armenpflege: Zinsbriefe, Kaufbriefe u.ä.
Holding
A 2 a (Kaufbriefe u.a.) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 1-6)

Date of creation
1503 November 17, Freitag nach St. Othmars Tag

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Last update
20.03.2025, 11:14 AM CET

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  • Archivale

Time of origin

  • 1503 November 17, Freitag nach St. Othmars Tag

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