Bestand
Heil- und Pflegeanstalt / Psychiatrisches Krankenhaus Eichberg: Sachakten (Bestand)
Bestandsgeschichte: Im Archiv
des Landeswohlfahrtsverbandes findet sich nur ein Bruchteil der
älteren Überlieferung der psychiatrischen Einrichtung auf dem
Eichberg. Bei Gründung des LWV-Archivs (1986) waren die Unterlagen der
Landesheilanstalt Eichberg bis 1945 bereits an das Hessische
Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden abgegeben worden, wo heute ca. 500
Verwaltungs- und ca. 12.500 Patientenakten archiviert sind (siehe
korrespondierende Archivalien).
Der LWV-Bestand wurde 1999
und 2009 vom Zentrum für Soziale Psychiatrie Rheinblick übernommen. Er
enthält einige Patientenakten, insbesondere von Menschen, die in den
1930er Jahren aus anderen Anstalten (vor allem dem St. Vinzenzstift in
Aulhausen) zur Zwangssterilisation vorübergehend in die
Landesheilanstalt Eichberg verlegt wurden. Darüber hinaus finden sich
im Sachaktenbestand zahlreiche Aufnahmebücher der Einrichtung aus den
30er und 40er Jahren, Sterbelisten und Belegungspläne des
Anstaltsfriedhofes.
Geschichte des Bestandsbildners:
Am 18. Oktober 1849 wurde die "Heil- und Pflegeanstalt Eichberg" auf
dem Gebiet der Gemeinde Erbach, heute Eltville-Erbach, eröffnet. Die
Trägerschaft hatte das Herzogtum Nassau. Als Vorläufereinrichtung
existierte 1815 bis 1848 die "Herzoglich Nassauische Irrenanstalt" im
nahe gelegenen säkularisierten Kloster Eberbach. Die Anstalt Eichberg
diente vor allem der Behandlung psychiatrischer Patientinnen und
Patienten aus dem Herzogtum Nassau, später aus dem preußischen
Regierungsbezirk Wiesbaden. 1865 errichtete die Anstalt Eichberg
wiederum in Kloster Eberbach eine Außenstelle. 1866 ging die Anstalt
Eichberg in preußischen Besitz über. 1872 übernahm der
"Kommunalständische Verband des Regierungsbezirks Wiesbaden" die
Trägerschaft, der 1885 zum "Bezirksverband des Regierungsbezirks
Wiesbaden" wurde. 1890 wurde das 1888 angekaufte Landgut Wacholderhof
als Außenstation der Anstalt bezogen und bis 1996 beibehalten. Ab 1928
hieß die Einrichtung "Landesheilanstalt Eichberg".
Ab 1934
wurden Patientinnen und Patienten Opfer der nationalsozialistischen
Zwangssterilisationen. 1934 bis 1938 unterhielt die Anstalt eine
eigene Sterilisationsabteilung, in der auch auswärtige Patientinnen
und Patienten zwangssterilisiert wurden. 1941 bis 1945 wurden
Patientinnen und Patienten der Anstalt im Rahmen der
nationalsozialistischen "Euthanasie"-Aktion verlegt und anschließend
ermordet. Ab 1941 diente der Eichberg auch als Zwischenanstalt für die
Verlegung auswärtiger Patientinnen und Patienten auf dem Weg in die
Mordanstalt Hadamar. 1939 bis 1945 starben zahlreiche Kranke in der
Anstalt Eichberg an Unterversorgung und durch Medikamententötungen.
Von 1941 bis 1945 existierte in der Anstalt Eichberg darüber hinaus
eine so genannte "Kinderfachabteilung", wo Hunderte von Kindern und
Jugendlichen im Rahmen der "Euthanasie"-Verbrechen ermordet wurden.
Zwischen 1943 und 1945 dienten große Teile der Einrichtung als
SS-Lazarett, als Tuberkulosesanatorium und als Ausweichkrankenhaus für
somatisch Kranke aus Wiesbaden und Frankfurt.
1953 übernahm
der Landeswohlfahrtsverband die Trägerschaft der Einrichtung. 1957
wurde diese in "Psychiatrisches Krankenhaus Eichberg" umbenannt. 1974
wurde auf dem Gelände zusätzlich die "Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie Rheinhöhe" eingerichtet. Dieser wurde als
Außenstelle die bisher eigenständige Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie in Idstein angegliedert. Seit 1994 unterhält das
Psychiatrische Krankenhaus die "Sektorklinik Wiesbaden" als
Außenstelle. Das Psychiatrische Krankenhaus Eichberg wurde 1998 in
"Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Eichberg" umbenannt und als
Betriebszweig in den neu gegründeten Eigenbetrieb "Zentrum für Soziale
Psychiatrie Rheinblick" integriert. Zu weiteren Betriebszweigen dieses
Zentrums wurden zugleich die nun umbenannte "Klinik für Psychiatrie
und Psychotherapie des Kindes und Jugendalters Rheinhöhe" sowie das
"Wohn- und Pflegeheim für Menschen mit seelischer Behinderung
Eltville", das bis dahin Teil des Psychiatrischen Krankenhauses
gewesen war. Vierter Betriebszweig wurde durch Beschluss der
LWV-Verbandsversammlung von 2002 die auf dem Eichberg gegründete
"Klinik für forensische Psychiatrie Eltville".
Findmittel:
Arcinsys-Datenbank
- Bestandssignatur
-
Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, B 10
- Kontext
-
Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (Archivtektonik) >> Gliederung >> Psychiatrische Krankenhäuser >> Eichberg
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Korrespondierende Archivalien: HHStAW Bestand 430/1 (Heil- und Pflegeanstalt Eichberg) (https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction.action?detailid=b5278)
Literatur: Schroeter, R[ichard]: Die Heil- und Pflegeanstalt Eichberg im Rheingau 18. Oktober 1849-1899, Wiesbaden 1899.
Literatur: Vanja, Christina / Haas, Steffen / Deutschle, Gabriela / Eirund, Wolfgang / Sandner, Peter (Hg.): Wissen und irren. Psychiatriegeschichte aus zwei Jahrhunderten - Eberbach und Eichberg ( Historische Schriftenreihe des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen 6), Kassel 1999.
- Bestandslaufzeit
-
1816-1992
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
14.11.2023, 10:28 MEZ
Datenpartner
Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1816-1992