Bestand
Friedrich Quentin (1818-1899): Nachlass (Bestand)
Enthält u.a.: Notariatsinstrument
des Pethard Philipp Wetzell in Sachen der Herren von Dieden zum
Fürstenstein als Besitzer des Gutes Welligerode (1734)
Enthält u.a.: Bemerkenswert sind
ferner Quentin direkt betreffende gerichtliche Unterlagen aus den
Jahren 1845-1846. Sie enthalten ein Urteil (1845) über sechswöchige
Festungshaft des Angeklagten Friedrich Quentin wegen Herausforderung
zum Duell und mit Körperverletzung verbundener Realinjurie im Jahr
1843. Hintergrund war ein Streit zwischen Quentin und dem
außerordentlichen Pfarrer George Wilhelm Schindewolf aus Wellingerode,
in dessen Verlauf Quentin den Pfarrer u.a. „auf das linke Ohr
geschlagen“ habe, „so daß Blut aus demselben gelaufen sei“
(LWV-Archiv, Quentin, Nr. 18). Offenbar fürchtete Quentin, dass sich
die juristischen Konsequenzen dieses Vorfalls aus Studienzeiten
ungünstig auf seine berufliche Karriere auswirken könnten. Erhalten
hat sich nämlich auch ein Gnadengesuch um Erlass der Strafe, weil er
zwischenzeitlich seine Rechtspraktikantenstelle bzw. das
Bürgermeisteramt angetreten habe. Ob Quentin die Haft angetreten hat
oder ob sein Gnadengesuch erfolgreich war, geht aus den Unterlagen
nicht hervor.
Enthält u.a.: Friedrich Quentin
stand in einem familiären Verhältnis zu dem radikaldemokratischen
Journalisten Christian Elard Biscamp (* 1821 in Bischhausen, † 1882 in
London). Dessen Schwester Louise war eine verheiratete Quentin. Das
geht aus dem 1872-1873 in Erbschaftsangelegenheiten geführten
Briefwechsel hervor (vgl. LWV-Archiv, Quentin, Nr. 1). In der
politisch unruhigen Zeit um das Jahr 1848 begann Biscamp 1849 in
Kassel für die demokratische Zeitschrift „Hornisse“ zu schreiben. Nach
dem Scheitern der Revolution in Hessen Ende 1850 ging er aus Furcht
vor politischer Verfolgung zunächst nach Bremen, um nach einer
weiteren Station in Genf im März 1852 nach England zu emigrieren. In
prekären Verhältnissen lebend, gründete er dort 1859 die
deutschsprachige politische Zeitschrift „Das Volk“, für die er u.a.
den im Londoner Exil lebenden Karl Marx als Beiträger gewinnen konnte.
Die Beziehungen zur Familie Biscamp bestanden jedoch bereits durch die
Heirat Christoph Philipp Quentins und Charlotte Biscamps. Aus dieser
Ehe ging 1833 die Tochter Anna Christine Caroline hervor. Ob Charlotte
Biscamp auch die Mutter von Friedrich und Carl ist, geht aus den
Quellen nicht hervor.
Geschichte des Bestandsbildners:
Friedrich Quentin wurde um 1818 geboren und starb 1899. Er hatte
mindestens einen Bruder, Carl. Der Vater der beiden, Christoph Philipp
Quentin, war in den 1830er und 40er Jahren Oberförster in
Sontra.
Quentin legte Ende 1844 das juristische
Staatsexamen ab und trat im Januar 1845 die Stelle eines
Rechtspraktikanten beim Justizamt Sontra an. Schon ein Jahr später
wurde er daselbst zum Bürgermeister gewählt. Nachdem er 1851
wiedergewählt worden war, verzichtete er 1854 auf eine dritte
Amtszeit. Um 1850 herum nahm Quentin regen Anteil an der kurhessischen
Demokratiebewegung. Neben verschiedenen Korrespondenzen mit
Mitgliedern der Kurhessischen Ständeversammlung (namentlich Wilhelm
Manns, Friedrich Heisen, Friedrich Nebelthau) finden sich in seinem
Nachlass Parlamentsberichte, diverse Wahlunterlagen, Aufrufe, aber
auch das Manuskript einer Denkschrift „Gedanken über notwendige
Eigenschaften und Aufgaben eines Volksvertreters“. 1850 wurde er zum
Wahlmann des Wahlbezirks Sontra für die Wahl eines Abgeordneten für
das Volkshaus des Reichstags ernannt.
Neben diesen
Aktivitäten war er weiterhin juristisch tätig und arbeitete von 1851
bis Ende 1854 dem Amtsadvokaten Gleim in Sontra zu. Gegen Ende seiner
dortigen Tätigkeit bewarb er sich auf eine Stelle als Actuar beim
Justizministerium und auf die Stelle eines Secretars beim Hospital
Haina.
Die Stelle eines Actuars trat er im Januar 1855 für
wenige Wochen beim Justizamt Steinbach-Hallenberg im heutigen
Thüringen an, bevor er im Februar desselben Jahres als
Hospitals-Sekretar nach Haina bestellt wurde. Im September 1869
übernahm er dort zunächst vertretungsweise die Aufgaben des
Obervorstehers, bevor er im Oktober das Amt des Vorstehers antrat, das
durch Zusammenlegung der Tätigkeitsbereiche des Secretars und des
Obervorstehers neu geschaffen worden war. In diesem Amt versah er
verschiedenste Tätigkeiten, von der Aufsicht über die
Hospitalsangelegenheiten bis hin zu den Geschäften der Ortspolizei
(vgl. z.B. Kartensammlung, Nr. 1920), des Standesamtes und der
Kranken- und Unfalls-Cassen. Zusätzlich führte er historische
Recherchen durch und beschäftigte sich mit der Geschichte des
Hospitals in Haina, aber auch mit seinem mutmaßlichen Heimatort
Sontra, wie zahlreiche Exzerpte von bis ins 16. Jahrhundert
zurückreichenden Quellen belegen. Im September 1876 wurde er zum
Geschworenen am Schwurgericht berufen.
Im März 1891 bat er
aus Alters- und Gesundheitsgründen um seine Pensionierung: aufgrund
starken Zitterns der Hand, könne er die notwendigen Schreibarbeiten
nicht mehr verrichten.
Findmittel:
Arcinsys-Datenbank
Bearbeiter: Johannes Christof
(Hessisches Landesarchiv), 2021
Zusatzinformationen:
Korrespondenten:
Friedrich August Wilhelm Nebelthau, * 1806
Kassel, † 1875 Kassel, Jurist, Politiker, Abgeordneter.
Ab
1841 Oberpostmeister (Übernahme der Posthalterei seines Vaters);
1845-1852, 1856-1863 Beigeordneter; 1864-1875 Oberbürgermeister der
Stadt Kassel; seit 1836 Mitglied der Ständeversammlung; 1860-1861
Präsident der Kammer
Zusatzinformationen: Jacob
Christian Carl Baumann, * 27.6.1800 Melsungen, † 29.5.1880
Melsungen
Bürgermeister, Abgeordneter
ab 1835
Bürgermeister von Melsungen (konservativ)
1852-1854
Mitglied der Zweiten Kammer der Kurhessischen Ständeversammlung für
Melsungen
1853-1854 Vizepräsident der Zweiten Kammer der
Kurhessischen Ständeversammlung
- Bestandssignatur
-
Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, Quentin
- Umfang
-
0,33 lfm
- Kontext
-
Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (Archivtektonik) >> Gliederung >> Sammlungen >> Nachlässe und Handakten
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Korrespondierende Archivalien: LWV-Archiv, P 13 Nr. 141 (Personalakte) (https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v7217405)
Korrespondierende Archivalien: LWV-Archiv, B 13 (Verwaltungsakten Landeshospital Haina)
Literatur: Werner Simon: Christian Elard Biscamp. Leben und Wirken eines vergessenen hessischen Journalisten in der schweizerischen und englischen Emigration, in: Zeitschrift des Vereins für hessisches Geschichte und Landeskunde 1980/81, Bd. 88, pp. 169-194.
Literatur: Hessische Biografie (https://www.lagis-hessen.de/pnd/104055642)
- Bestandslaufzeit
-
(1734), 1802-1899
- Weitere Objektseiten
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- Letzte Aktualisierung
-
14.11.2023, 10:28 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- (1734), 1802-1899