Bestand
Wiesensteig, Herrschaft (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Der Bestand enthält Archivalien des Obervogtamts und seiner Nachfolgebehörden aus bayerischer Zeit, der Amtsextraditions- und Organisationskommission, des Forstamtes sowie des Rentamts, ferner Rechnungen aus bayerischer Zeit. Er wurde größtenteils im Herbst 1923 vom Finanzamt Geislingen (Steige) abgeliefert.
Archivalien gleicher Provenienz enthalten die Bestände B 147 S, B 535 und H 27 des Staatsarchivs Ludwigsburg sowie H 144 des Hauptstaatsarchivs Stuttgart.
I: Bereits im Jahr 1356 hatten zwei Grafen Ulrich von Helfenstein ihren bis dahin gemeinsam verwalteten Besitz geteilt. Aus der einen Hälfte des Gebiets entstand - nach beträchtlichem Territorialverlust an die Reichsstadt Ulm im Jahr 1396 - die helfensteinische Herrschaft Wiesensteig. Ihr Gebiet umfasste die Orte Wiesensteig, Deggingen, Ditzenbach, Drackenstein, Gosbach, Hohenstadt, Mühlhausen, Reichenbach und Westerheim. Mit dem Tod Graf Rudolfs im Jahr 1627 starb der männliche Stamm dieser Wiesensteiger Linie aus. Rudolfs drei Töchter verwalteten zunächst gemeinsam bis 1642 die Herrschaft, um sie dann in drei Teile zu trennen. Die beiden ältesten Töchter traten dabei ihren Anteil käuflich an Kurbayern ab, während die jüngste Tochter ihrem Gatten Graf Wratislaus von Fürstenberg ihr Drittel als Mitgift zubrachte. Kurbayern und Fürstenberg beließen die Herrschaft Wiesensteig als eine Verwaltungseinheit und bildeten ein Kondominium, das Obervogtamt bzw. Oberamt Wiesensteig, welches ein kurbayerischer und ein fürstenbergischer Obervogt gemeinsam als oberste Beamte leiteten. Im spanischen Erbfolgekrieg besetzte zeitweilig (1704-1714) Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg Wiesensteig, beließ aber Fürstenberg in seinem Mitverwaltungsrecht. Der Friede von Baden (1714) beendete sehr bald dieses württembergische Intermezzo. Akten aus jener Zeit fehlen in diesem Verzeichnis. Im Jahr 1752 verkaufte Fürstenberg seinen Anteil an dem Oberamt Wiesensteig an Kurbayern, so dass die Herrschaft wiederum in einer Hand, diesmal als bayerisches Oberamt vereint war, unter Leitung eines Obervogts. Bereits 1762 änderte diese bayerische Behörde nachweislich ihren Namen in Administration Wiesensteig bzw. Administrationsamt bzw. -gericht. Ein Administrator (Administrationskommissär), welcher meist ein bayerischer Regierungsrat war, leitete dieses Amt, das seit dem Jahr 1801 als Landrichteramt und seit 1803 als Landgericht unter einem Landrichter in den Akten erscheint. Im selben Jahr bekam die Behörde noch die Aufgabe der Zivilbesitznahme des Stifts als provisorische Kollegiatsstiftskommission übertragen. Zur gleichen Zeit leitete eine bayerische Kommission, die Amtsextraditions- und Organisationskommission, in Wiesensteig die Neuorganisation der Verwaltung der Herrschaft Wiesensteig, welche nun das 22. Landgericht in der schwäbischen Provinz zusammen mit dem ehemals ulmischen Amt Nellingen bildete (vgl. Bekanntmachung vom 30.06.1804 im Reg.blatt für die bayerische Provinz Schwaben S. 496 über die Organisation der Landgerichte Geislingen und Wiesensteig). Bereits durch den Vertrag vom 3. Juni 1806 zwischen Bayern und Württemberg und die Rheinbundakte vom 12. Juli 1806 jedoch fiel Wiesensteig an das neugeschaffene Königreich Württemberg.
II: Infolge der Neuorganisation der bayerischen Verwaltung in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts verlor das Landgericht seine Funktion als Verwaltungsstelle der Kameralrenten. Diese Aufgabe übernahm das eigens hierfür gebildete Rentamt Wiesensteig.
III: Die Verwaltung des ausgedehnten Waldbesitzes der Herrschaft Wiesensteig blieb von der helfensteinischen bis in die württembergische Zeit hinein dem Forstamt Wiesensteig vorbehalten, dem ein Jagd- und Forstverwalter vorstand.
IV: Der größte Teil des vorliegenden Aktenbestandes kam im Herbst 1923 vom Finanzamt Geislingen (Steige) ein. Ein vorläufiges Teilverzeichnis davon legte Direktor K.O. Müller an. Den Gesamtbestand verzeichnete Dr. Helmut Schmolz im Frühjahr 1954. Ludwigsburg, 7. April 1954
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, B 147 L
- Umfang
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122 Büschel, 34 Bände (2,0 lfd. m)
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Neuwürttembergische Bestände vor 1803 bzw. vor 1806/10 >> Weltliche Herrschaften >> Sonstige weltliche Herrschaften
- Bestandslaufzeit
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1377-1826
- Weitere Objektseiten
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- Rechteinformation
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- Letzte Aktualisierung
-
18.04.2024, 10:40 MESZ
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1377-1826