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Eingabe der Balbierer an den Rat zu Reuttlingen

Regest: Folgende Artikel sind wegen eingerissener Unordnungen und Stümpeleien für notwendig erachtet und dem Magistrat übergeben worden.
1) Dieser sehr notwendige Artikel ist in den andern Artikeln der Balbierer ausgelassen worden:
Wenn ein Balbierer oder Wundarzt bei Tag oder Nacht oder im Fall der Not in der Stadt oder auf dem Land zu einem Patienten erfordert wird, der durch Schlagen, Stechen oder Hauen freventlicher Weise gefährlich oder nicht gefährlich (= absichtlich oder unabsichtlich) blessiert (= verwundet) worden ist, so soll der Balbierer verbunden sein, solches alsbald dem Herrn Amtsbürgermeister anzuzeigen bei unablässlicher Straf.
2) Wegen der Lehrjungen ist es in unserer kaiserl. freien Reichsstadt Reuttlingen fast bei allen Hantierungen herkömmlich, dass ein Lehrmeister, wenn er einen Jungen ausgelernt hat, solang zurückhalten soll, als der Lehrjunge gelernt hat. Aber in jetziger Zeit wird das bei dem einen und anderen nicht gehalten. Dadurch werden grosse Stümpeleien und Unordnungen verursacht. Deswegen ist es noch vonnöten, eine rechte Ordnung zu halten und diesen Artikel wohl in Acht zu nehmen.
3) Wegen der Reis und Wanderschaft. Wenn ein Junge seine 3 Jahr lang erstreckt und ausgelernt hat und darüber ledig gesprochen worden ist, so ist es notwendig, dass der Junge sich alsbald in die Wanderschaft begibt. Ist er eines Meisters Sohn, so soll er 3 Jahr, ein fremder 4 Jahr wandern und sich ledigerweise examinieren lassen. Denn daran ist des Menschen Heil und Wohlfahrt gelegen. -
Dazu auf dem Rand Nota: Ein Meistersohn soll ebenfalls gehalten sein, 4 Jahr zu reisen wie ein fremder, welches ihnen ebenso nötig ist.
4) Wegen Stümpeleien und Unordnungen. Wenn man mit Verdruss täglich erfährt, dass der eine oder andere Meister sich unterfangen tut, viele Leute an sich zu bringen und einem andern Mitmeister seine Kundschaft abzuspannen und also alle Leute nur um 1 Kreuzer balbiert, welches vor den ausländischen Balbierern im Land gar schimpflich und spöttlich ist, die die Reuttlinger Balbierer deswegen nur für Stümpler (= unzünftige Pfuscher) halten und nicht praktizieren lassen wollen, so soll auf inständiges Begehren von einer Person zu balbieren nicht weniger genommen werden als 2 Kreuzer.
5) Wenn einer sein Examen nicht ausgestanden hat, so soll er nicht befugt sein, mehr als ein Becken auszuhenken. Auch soll ein junger Balbierer oder Wundarzt, der erst sein Examen gemacht oder ausgestanden hat, vor 3 Jahren nicht befugt sein, einen Lehrjungen anzunehmen.
Die Gesuchsteller bitten um Bestätigung dieser Artikel.
Bürger und Balbierer allhier.

Dorsal-/Marginalvermerke: Auf der Rückseite: 6 Februar 1686 vor Rat eingegeben, verlesen und darauf confirmiert worden.

Reference number
A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 3001
Formal description
Beschreibstoff: Pap.
Further information
Genetisches Stadium: Or.

Context
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 8 Zünfte Bader und Barbierer
Holding
A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)

Date of creation
1686 Januar 15

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Last update
20.03.2025, 11:14 AM CET

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  • Archivale

Time of origin

  • 1686 Januar 15

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