Journal article | Zeitschriftenartikel

Selbstbestimmung durch politische Vergemeinschaftung

Jedes Gemeinwesen muss auf die Frage, wie es der Fürsorgeverpflichtung für seine Bürger nachkommen, wie es ihre Integrität schützen und damit ihre Handlungsfähigkeit stärken kann, eine tragfähige Antwort finden. Eine konkrete Lösung im einzelnen ist stets mit der grundlegenden Frage verbunden: Wie will ein Gemeinwesen leben, welche Lebensentwürfe erkennt es an, welche Vorstellung von einem sinnerfüllten Leben prämiert es? Vor diesem Hintergrund wird deutlich, und es scheint eine Banalität, dies zu konstatieren, dass die Auseinandersetzung um Reformen der sozialen Sicherungssysteme, wie sie in den letzten Jahren in Deutschland geführt worden ist, eine Auseinandersetzung darum ist, worin eine legitime Lebensführung erkannt wird. Charakteristisch für die Diskussionen um eine Reform des 'Sozialstaats' ist die sowohl den Gesetzen über moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wie auch den Stellungnahmen ihrer Kritiker innewohnende Deutung davon, wie die Autonomie der Bürger sich konstituiert. Will man zu einer Krisendiagnose der gegenwärtigen Lage in Deutschland gelangen, bedarf es einer Rekonstruktion der dominanten Deutungsmuster und daraus möglicher Schlussfolgerungen auf Habitusformationen, die die politische Kultur prägen. Es bedarf also einer Rekonstruktion des Krisendiskurses auf die schon aufgeworfenen Fragen hin. Für die Überlegungen, die der Autor hier darlegt, ist entscheidend, dass mit der Herausbildung der Volkssouveränität für den modernen Nationalstaat sich eine entscheidende legitimatorische Umwälzung vollzogen hat. Herrschaft legitimiert sich im Nationalstaat aus einer Verantwortungsdelegation, die dem Wohl des Allgemeinen dienen muss. Die Bürger, Staatsbürger eines territorialen Herrschaftsgebildes, delegieren in der parlamentarischen Demokratie ihre Verantwortung an gewählte Vertreter, damit Handlungsprobleme des Gemeinwesens für das Gemeinwesen stellvertretend gelöst werden. Dazu bedarf es immer ihrer Gefolgschaft, ihrer Loyalität, sollen Entscheidungen auch tatsächlich folgenreich werden. (ICD2)

Selbstbestimmung durch politische Vergemeinschaftung

Urheber*in: Liebermann, Sascha

Rechte vorbehalten - Freier Zugang

0
/
0

Weitere Titel
Self-determination through political communitization
Umfang
Seite(n): 9-26
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion

Erschienen in
Sozialwissenschaftlicher Fachinformationsdienst soFid(Politische Soziologie 2006/2)

Thema
Politikwissenschaft
politische Willensbildung, politische Soziologie, politische Kultur
Bundesrepublik Deutschland
Erwerbsarbeit
Krise
Arbeitsgesellschaft
Sozialstaat
soziale Integration
politische Reform
Selbstbestimmung
soziale Sicherung
Gemeinwohl
Sozialpolitik
deskriptive Studie

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Liebermann, Sascha
Ereignis
Veröffentlichung
(wo)
Deutschland
(wann)
2006

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-206155
Rechteinformation
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:26 MESZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Zeitschriftenartikel

Beteiligte

  • Liebermann, Sascha

Entstanden

  • 2006

Ähnliche Objekte (12)