Bestand

Standesamt Frankfurt (O) (mit Vorakten) (Bestand)

Bestandsbeschreibung: Vorwort

Tektonikgruppe:
1.1 Stadtverwaltung

Bestandsnummer:
StAFF 1-101
Laufzeit:
ab (1845) 1874

Bestandsart:
Register und Akten
Durch das "Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung" vom 9. März 1874 wurde in Preußen zum 1. Oktober 1874 das staatliche Personenstandswesen eingeführt. Auf Gemeindeebene wurden Standesämter eingerichtet, um Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle zu beurkunden und in sogenannte Personenstandsregister einzutragen. Bis zur Gründung der Standesämter waren die Pfarrämter der Kirchengemeinden mit der Beurkundung und der Registerführung beauftragt. Für die nicht-protestantischen Gemeinden übernahmen dies ortspolizeiliche Organe. Neben der Beurkundung und Registrierung der Personenstandsfälle, umfassen die Kernaufgaben der Standesämter auch die Vorbereitung der Eheschließung, das sogenannte "Aufgebot", die Entgegennahmen und Beurkundungen bei Angelegenheiten der Vaterschaftsanerkennung, der eidesstattlichen Versicherungen, der namensrechtlichen Erklärungen, der Erklärungen zum Kirchenaustritt sowie die Mitteilungen an andere Standesämter oder auch die Mitwirkung bei der Erstellung von Bevölkerungsstatistiken. In der DDR waren die Standesämter bei Namensweihen, Eheschließungen und Bestattungen im Rahmen sozialistischer Feierlichkeiten beteiligt und nahmen auch Aufgaben in Bezug auf die DDR-Staatsbürgerschaft wahr. Ehescheidungen und Verwitwungen wurden durch sogenannte Beischreibungen, in der Regel in Form von Randvermerken, dokumentiert. Auf Antrag stellte das Standesamt Familienbücher bzw. Familienstammbücher aus und beglaubigte Personenstandsurkunden.

Das Standesamt Frankfurt (Oder) begann im Oktober 1874 mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben. Seitdem werden die drei Registerserien A = Geburten, B = Heiraten und C = Sterbefälle geführt. Zu den drei Registern werden sogenannte Sammelakten geführt, die die Belege zu den Registern - in der Regel Anzeigen, Aufgebote und Totenscheine - enthalten. Das Standesamt war bis 1945 eine Organisationseinheit des Magistrats und bis 1990 eine Organisationseinheit des Rates der Stadt. Ab 1990 ist das Standesamt eine Organisationseinheit der Stadtverwaltung und bildet dort eine Abteilung im Amt für Ordnung und Sicherheit. Mit den Eingemeindungen endete die eigenständige Registerführung der Standesämter in den Ortsteilen, zunächst im Jahr 1947 in Kliestow, Güldendorf (bis 1937 Tzschetzschnow) und Lichtenberg-Rosengarten sowie im Jahr 1973 in Hohenwalde-Markendorf und in Booßen im Jahr 1974. Das Standesamt Hohenwalde war zwischen 1962 und 1973 dem Standesamt Müllrose beigeordnet. Das Standesamt der Gemeinde Lossow schloss am 1. September 1965 und damit auch die eigenständige Registerführung. Bis zur Eingemeindung als Ortsteil 1972, übernahm das Standesamt Brieskow-Finkenheerd die Aufgaben. Die Register und Sammelakten der Ortsteile sind dem Standesamt Frankfurt (Oder) übergeben worden. Durch das Personenstandsreformgesetz (PStRG) vom 19. Februar 2007 werden die Personenstandsunterlagen des Standesamtes Frankfurt (Oder) einschließlich der eingemeindeten Ortschaften regelmäßig an das Stadtarchiv abgegeben, die Geburtsregister nach 110 Jahren, die Eheregister nach 80 Jahren und die Sterberegister nach 30 Jahren.

Die ersten Übernahmen erfolgten bereits in den 1960er Jahren als Depositum. Gemäß den Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätzen für die Staatlichen Archive der Deutschen Demokratischen Republik aus dem Jahr 1964, waren die Archivalien des Standesamtes nach Kapitalismus und Sozialismus getrennt zu erschließen. Da die Akten und Register des Standesamtes über die Epochengrenzen fortgeführt worden sind, waren auch die Register und Sammelakten nach 1945 dem Magistratsbestand zugeordnet. Einige wenige Akten zur Verwaltung des Standsamtes sowie zu Amtshandlungen im Rahmen sozialistischer Feierlichkeiten befanden sich im Bestand des Rates der Stadt. Im Juli 2019 wurden die Archivalien des Standesamtes aus der historischen Magistratsüberlieferung und der historischen Überlieferung des Rates der Stadt herausgelöst und als Einheitsbestand neuformiert. Dabei wurde die Klassifikation und die daran geknüpfte Signaturenvergabe beibehalten. Dem Bestand angereichert wurden als Vorakten im Jahr 2019 die Geburten-, Heirats- und Sterberegister der katholischen und jüdischen Gemeinde sowie der Dissidenten, die ab 1847, bis zur Gründung des Standesamtes im Jahr 1874, bei der städtischen Polizei geführt worden sind. Im Jahr 2022 erfolgten redaktionelle Überarbeitungen von Aktentiteln und Enthält-Vermerken.

Bei kriegsbedingten Verlusten der Personenstandsregister der Ortsteile fertigte das Standesamt Frankfurt (Oder) Zweitregister an. Die Register und Sammelakten des abgewickelten Standesamtes Lichtenberg-Rosengarten weisen teils starke Verschmutzungen auf. Deren restauratorisch-konservatorische Behandlung ist veranlasst worden. Mit Fördermitteln des brandenburgischen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur sind im Jahr 2022 die Register ab 1847 größtenteils digitalisiert worden. Wichtiges Hilfsmittel für die Recherche in den Personenstandsregistern sind die von den Standesämtern erstellten alphabetischen Namensverzeichnisse, die die Namen der Betroffenen mit zugehöriger Registernummer enthalten. Die digitalisierten Namensverzeichnisse zu den Personenstandsregistern der Stadt Frankfurt (Oder) von 1874 und 1931 sind als Recherchehilfsmittel dem Bestand angereichert worden.

Für die Zeit vor der Gründung der Standesämter sind die Kirchenbuchüberlieferungen zu nutzen. Mikrofilme der Kirchenbuchregister zwischen 1593 und 1945 können im Evangelischen Landeskirchenarchiv in Berlin-Kreuzberg eingesehen werden. Im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem sind die Militärkirchenbücher des in Frankfurt stationierten Grenadier-Regiments Nr. 12 (2. Brandenburgisches) Prinz Carl von Preußen, des Leib-Grenadier-Regiments Nr. 8 (1. Brandenburgisches) König Friedrich Wilhelm III. sowie das Feldkirchenbuch des Besatzungs-Bataillons der Garnison im Bestand "GStA PK, VIII. HA Militärkirchenbücher" überliefert. Im Bestand "StAFF 1-100 Magistrat Frankfurt (Oder)" sind Einbürgerungsakten und Testamente bis zum Jahr 1945 überliefert, aus denen Verwandtschaftsbeziehungen hervorgehen. Meldedaten können in der zwischen 1950 bis 1992 geführten Kreismeldekartei im Bestand "StAFF 2-122 Rat der Stadt Frankfurt (Oder)" recherchiert werden. In diesem Bestand befindet sich zudem die Überlieferung der Abteilung Inneres, die die Dienstaufsicht über das Standesamt in der DDR ausübte und in der sich Grundsätzliches zur standesamtlichen Arbeit befindet, bspw. der Umgang mit im Ausland Verstorbenen oder Eheschließungen über die Staatsgrenzen der DDR hinweg. Die Regelungen zur Beurkundung von Kriegsopfern oder auch die Einrichtung besonderer Trauungsorte, wie z. B. dem Stadtarchiv in der Collegienstraße 8/9, ist darin überliefert. In der Überlieferung der Friedhofsverwaltung befinden sich Karteien, Register und Übersichten über Bestattungen und Umbettungen von Verstorbenen. Die Archivbibliothek verwahrt das "Frankfurter patriotische Wochenblatt" und dessen Nachfolgerin die "Frankfurter Oder-Zeitung". Dort wurden von 1818 bis 1879 sogenannte "Kirchenzettel", ab 1880 "Standesamtsmitteilungen" mit personenbezogenen Informationen veröffentlicht. In der Archivbibliothek befinden sich auch die Wohnungs- und Adressbücher von 1846 bis 1940/41 sowie historische Telefonbücher, die für genealogische Forschungen relevant sein können.

Die standesamtliche Überlieferung ist gemäß brandenburgischer Archivgesetzgebung eingeschränkt nutzbar. Archivalien mit personenbezogenem Inhalt dürfen frühestens zehn Jahre nach dem Tod der betroffenen Person benutzt werden. Ist das Todesjahr nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand feststellbar, endet die Schutzfrist neunzig Jahre nach der Geburt. Ist auch das Geburtsjahr dem Archiv nicht bekannt, endet die Schutzfrist für personenbezogenes Archivgut sechzig Jahre nach Entstehung der Unterlagen. Die standesamtliche Überlieferung ist mit derzeitigem Bearbeitungsstand bis zum Jahr 1932 in der Regel für die Nutzung freigegeben. Archivalien, deren Laufzeit nach 1932 endet, bedarf vor der Nutzung einer Einzelfallprüfung, ggf. wird ein Antrag auf Schutzfristenverkürzung erforderlich.

Frankfurt (Oder), im Dezember 2022



Dr. Denny Becker
(Wissenschaftlicher Archivar)

Zitierweise: Bestandsnummer zzgl. Archivaliensignatur, bspw.: StAFF 1-101 06.02.05.01.a Nr. 1

Reference number of holding
Stadtarchiv Frankfurt (Oder), StAFF 1-101
Extent
Stand Dezember 2022, 84 lfd. Meter = 2.333 AE

Context
Stadtarchiv Frankfurt (Oder) (Archivtektonik) >> Stadtregierung, -verwaltung und -parlament >> Stadtparlamente und obere Stadtverwaltung

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17.07.2023, 7:53 AM CEST

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