Bestand
Inventuren und Teilungen (Bestand)
Laufzeit: 1502-1769 (16. Jh. nur wenige)
Umfang: 3853 Nrr.
Findmittel: HEUSS (Objekttyp Personenakten)
Die Schreibweise der Namen ist wie üblich in dieser Zeit uneinheitlich: es kommen also verschiedene Varianten vor und sind bei der Suche zu berücksichtigen. Die Nummerierung folgt im wesentlichen der alten Lagerung, das heißt alphabetisch und innerhalb des Anfangsbuchstaben chronologisch.
Bei mehreren Inventuren zu den gleichen Personen (auch Ehepaare) in zeitlicher Nähe sind diese von Fall zu Fall unter einer Nr. zusammengefasst. Dadurch kann z. B. eine Kindersatzinventur und eine Realabteilung (im Todesfall) zusammenkommen, was dann nicht immer im einzelnen aufgenommen wurde. Ein Kreuz (Pluszeichen) gibt an, dass eine Person verstorbenen ist. Dies ist allerdings nicht in allen Fällen vermerkt.
Vereinzelt sind Stücke durch Schimmel stark beschädigt und in diesen Fällen nicht benützbar.
Allgemein zu den Inventuren und Teilungen (aus einem Aufsatz von Petra Schad 1997 über Bietigheim-Bissingen):
Zu Beginn jeder Ehe wurden - getrennt für Braut und Bräutigam - jeweils ein "Beibringens-" oder Zubringensinventar" erstellt. Neben einer detaillierten Besitzauflistung erfährt man auch Angaben zu Herkunft und Beruf des Bräutigams und dessen Vater, den Beruf des Brautvaters - bei Witwen den Beruf des verstorbenen Ehemannes. Beim Tod eines der beiden Ehepartner wurde das gesamte Vermögen in einem weiteren Inventar erneut aufgelistet. Lebten neben der hinterlassenen Witwe bzw. dem Witwer noch leibliche Kinder, so kam es zu einer "Eventualteilung", d.h. die Erbansprüche eines jeden - Kinder und Witwe(r) - wurden auf dem Papier festgehalten, der überlebende Elternteil hatte jedoch lebenslange Nutznießung des Gesamtbesitzes. Zur Verteilung kam der persönliche Besitz des Verstorbenen. Er bestand zum einen aus dem Beibringen, also aus dem, was er an Besitz mit in die Ehe gebracht hatte, vermehrt um die zu Lebzeiten erhaltenen Erbschaften und gegebenenfalls um die Hälfte des in der Ehe erwirtschafteten Zugewinns. Erlitt der ursprüngliche Besitz im Laufe der Ehe eine "Einbuße", ging ebenfalls die Hälfte davon zu Lasten des/der Verstorbenen.
Starb nun eine ledige Person mit Besitz, ein Ehepartner einer kinderlosen Ehe oder einer Witwe bzw. Witwer mit Kindern, kam es zu einer "Realteilung", d.h. das Vermögen des Toten wurde nicht nur auf dem Papier, sondern realiter an die Erben verteilt.
Der formale Aufbau eines solchen Inventars war schematisiert. Nach den Angaben zu Datum, Art des Rechtsgeschäfts und den beteiligten Personen wird in relativ systematischer Reihenfolge unter einzelnen Rubriken der gesamte Besitz aufgelistet.
Natürlich finden sich nicht in allen Haushalten zu jeder dieser Rubriken tatsächlich auch Gegenstände. Deshalb läßt sich die Vermögenssituation einer Person nicht allein an der Menge der in Truhen und Schränken liegenden Leinwand, an der Zahl der in Hosen und Hemden , der Röcke und Schürzen ablesen, deren Material, Farbe sowie Erhaltungszustand im übrigen zumeist sehr genau beschrieben werden, sondern noch besser an der Wertangabe, die hinter dem jeweiligen Gegenstand genau vermerkt ist.
In den zu Beginn der Ehe erstellten Beibringensinventaren erscheinen in der Regel nur die notwendigsten Bedarfsgegenstände. Unter der Rubrik "Schreinwerk" finden sich etwa als Standardausstattung häufig nur ein Bett, zwei oder drei "ohngelehnte Schrannen" (Holzbänke ohne Rückenlehnen), ein Tisch und eine Truhe oder ein Schrank. Der Hausvorstand und Ernährer brachte auch sein Handwerkszeug mit in die Ehe.
Fragt man nun nach der Bedeutung dieser Quelle für die Erforschung der Lebensbedinungen vergangener Zeiten, so ist als erstes die große Zahl der für alle Bevölkerungsschichten in jeder Gemeinde über Jahrhunderte hinweg relativ einheitlich abgefaßten Inventuren bemerkenswert. Dies eröffnet dem Historiker nich nur die Möglichkeit, den materiellen Besitz einer einzelnen Person in den verschiedenen Lebensphasen zu verfolgen, sondern bietet auch die Basis für lokale oder regionale Vergleiche. Neben der Wohnsituation können anhand der Auflistung von Kleidungsstücken mit Angaben zu Farben, Muster und Stoffqualität Modetrends erforscht werden. Über den Inhalt des Vorratskellers und der Speisekammer erhält man Einblick in die zeittypische, eventuell sogar schichtenspezifische Ernährung und in die landwirtschaftliche Anbauweise. Die Rubrik "Handwerkszeug" gibt Aufschluß über die Produktionsmittel, die den Handwerkern zur Verfügung standen.
Aus den Inventaren ist ablesbar, mit welcher Zeitverzögerung sich Neuerungen in Südwestdeutschland durchsetzen konnten und welche Schichten diese Neuerungen als erstes übernahmen. So können wir feststellen, wer in Bissingen Silberbestecke auf dem Tisch hatte oder wer sich den Modegetränken Kaffee oder Kakao öffnete. Auch die Vererbung von Familienbesitz wie Schmuck, Liegenschaften und nicht zuletzt Bücher kann über Generationen hinweg verfolgt werden. Freilich bleibt ein Rest von Unsicherheit bestehen, denn einerseits kann die Vollständigkeit der Inventare nicht geprüft werden, andererseits sind nur die Begriffe, nicht die Dinge selbst überliefert. Und es ist gut möglich, dass zu verschiedenen Zeiten mit dem gleichen Begriff durchaus unterschiedliche Dinge gemeint waren.
- Bestandssignatur
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003
- Kontext
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- Rechteinformation
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Rechteinformation beim Datengeber zu klären.
- Letzte Aktualisierung
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30.06.2025, 10:32 MESZ
Datenpartner
Stadtarchiv Heilbronn / Otto Rettenmaier Haus - Haus der Stadtgeschichte. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand