Bestand
Altkreis Büren 1816 bis 1945 (Bestand)
Vorwort: Geschichte des Kreises Büren:
Der von 1816 bis 1974 bestehende Kreis Büren hat seinen Ursprung als eigenständiger Verwaltungsbezirk in der sogenannten "Herrschaft Büren". Bei der Herrschaft Büren handelte es sich um ein territorial zusammenhängendes Einflussgebiet der Edelherren von Büren, das 1195 aus der Gründung der Stadt Büren durch die Brüder Berthold und Dietmar von Büren erwachsen ist und im Laufe der nächsten Jahrhunderte durch den Erwerb von Besitzungen und Rechten seitens der Edelherren weiter ausgebaut wurde. Im Vergleich zu den Paderborner Bischöfen, die ebenfalls in der Herrschaft Büren begütert waren und über Jahrhunderte in diesem Verwaltungsdistrikt ihres eigenen Territoriums mit den Edelherren von Büren um Macht und Einfluss konkurrierten, schafften es Letztgenannte jedoch nicht, ihren Einflussbereich zu einer echten Territorialherrschaft auszubauen. Der letzte Edelherr von Büren, Moritz von Büren (1604 - 1661), war kinderlos und vermachte seine verbliebenen Besitzungen mit Testament von 1640 dem Jesuitenorden. Nach mehreren vorangegangenen Erbstreitigkeiten gingen die Besitzungen mit Auflösung des Jesuitenordens im Jahr 1773 auf den Paderborner Studienfonds über und gelangten somit letztendlich ausschließlich in den Machtbereich der Paderborner Fürstbischöfe. Fortan war die Herrschaft Büren wie die angrenzenden Ämter Wewelsburg und Wünnenberg nur noch ein gewöhnlicher Verwaltungsbezirk innerhalb des übergeordneten Fürstbistums Paderborn.
Dieses sollte sich jedoch schon sehr bald ändern. Nachdem Frankreich in seinen Revolutionskriegen das linksrheinische Ufer annektiert hatte, wurde seinen Kriegsgegnern im Frieden von Lunéville 1801 eine Gebietsentschädigung durch die Säkularisierung geistlicher Territorien zugesagt. Im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 erhielt Preußen dementsprechend unter anderem das bis dahin bestehende Fürstbistum Paderborn als Entschädigungsland zugesprochen, das der preußische König im Folgenden in ein Erbfürstentum umwandelte und bis 1806/07 regierte. Neben den bereits zu Zeiten der Fürstbischöfe existierenden übergeordneten Verwaltungsbezirken "Unterwaldischer Kreis" und "Oberwaldischer Kreis" schufen die Preußen im Gebiet des Erbfürstentums Paderborn einen dritten, sogenannten "Warburger Kreis". Die drei Kreise waren wiederum in kleinere Verwaltungsbezirke untergliedert, die oftmals an frühere Verwaltungsstrukturen aus fürstbischöflicher Zeit angelehnt waren. So bestanden im Unterwaldischen Kreis das sogenannte Oberamt Neuhaus und die kleineren Ämter Delbrück, Boke, Büren und Wewelsburg.
Mit dem Sieg Napoleons im sogenannten Vierten Koalitionskrieg zwischen dem französischen Kaiserreich und Preußen und Russland fiel das Erbfürstentum Paderborn durch den Frieden von Tilsit 1807 als preußische Besitzung an Frankreich und war fortan als Distrikt Paderborn im sogenannten "Departement der Fulda" Teil des von Napoleon als Satellitenstaat gegründeten Königreichs Westphalen. Innerhalb des Distrikts Paderborn wurden als kleinere Verwaltungsbezirke Kantone eingerichtet. Das Gebiet des späteren Kreises Büren setzte sich zu diesem Zeitpunkt aus den Kantonen Atteln, Büren, Lichtenau, Ringboke (später Boke), Salzkotten und Wünnenberg zusammen.
Nachdem die verbündeten russischen, österreichischen, preußischen und schwedischen Truppen im Jahr 1813 die gegen Napoleons Vorherrschaft in Europa gerichteten Befreiungskriege durch den Sieg in der Völkerschlacht bei Leipzig gewinnen konnten, wurde aus den an Frankreich gefallenen früheren preußischen Gebieten im ehemaligen Großherzogtum Berg und im Königreich Westphalen sowie einigen vormals direkt zum Kaiserreich Frankreich geschlagenen Gebieten das sogenannte "Generalgouvernement zwischen Weser und Rhein" als neue provisorische preußische Verwaltungseinheit gebildet. Zu diesem zählte auch das zuvor im Königreich Westphalen aufgegangene Erbfürstentum Paderborn.
Durch den Wiener Kongress im Jahr 1815 wurde das durch die vorangegangenen Napoleonischen Kriege umstrukturierte Europa schließlich komplett neu geordnet. Preußen erhielt unter anderem eine offizielle Besitzbestätigung für seine bisher im Generalgouvernement zwischen Weser und Rhein zusammengefassten Gebiete, so dass es aus diesen noch im selben Jahr die fortan preußischen Provinzen Jülich-Kleve-Berg und Großherzogtum Niederrhein (ab 1822 zusammengefasst zur sogenannten Rheinprovinz) sowie die Provinz Westfalen bildete. Innerhalb der Provinz Westfalen wurden 1816 die drei Regierungsbezirke Arnsberg, Minden und Münster eingerichtet und unterhalb der Regierungsbezirke einzelne Kreise. Das Gebiet des vormals selbständigen Hochstifts Paderborn war von nun an Teil des preußischen Regierungsbezirks Minden und wurde zunächst in die Kreise Brakel, Büren, Höxter, Paderborn und Warburg aufgeteilt. Der Kreis Brakel verlor jedoch bereits 1832 seine Eigenständigkeit, da er zu Beginn dieses Jahres dem Kreis Höxter angegliedert wurde. Zur selben Zeit wurden die zuvor zum Kreis Paderborn gehörigen Gemeinden Oberntudorf und Niederntudorf dem Landkreis Büren angegliedert. Im Jahr 1844 bewirkte die Einführung der Landgemeinde-Ordnung für die Provinz Westfalen unter anderem auch in diesem eine Einteilung des bisherigen Kreisgebietes in einzelne Ämter. Dabei entstanden bei Ausschluss der Stadt Salzkotten als amtsfreiem Bezirk zunächst die Ämter Atteln, Boke, Büren, Lichtenau, Salzkotten und Wünnenberg. Im Laufe des folgenden Jahrhunderts sollten diese einige territoriale Änderungen erfahren. So wurden beispielsweise 1859 bzw. 1938 die bisherigen Ämter Boke und Salzkotten zum Amt Boke-Salzkotten bzw. zum Amt Salzkotten-Boke vereinigt (ab 1938 mit nun wieder zum Amt gehöriger Stadt Salzkotten), 1861 die bisherige Rebbeker Bauerschaft Mantinghausen zur eigenständigen Gemeinde erklärt, 1895 die Stadt Büren als amtsfreier Bezirk aus dem Amt Büren (fortan Amt Büren-Land) ausgegliedert, 1939 die Gemeinde Keddinghausen in die Gemeinde Hegensdorf eingegliedert und 1952 die bisherige Gemeinde Dalheim-Blankenrode in die einzelnen Gemeinden Blankenrode, Dalheim und Elisenhof aufgeteilt. Eine letzte größere Veränderung im Kreisgebiet vollzog sich am 01.10.1969 durch namentliche Umwandlung des bisherigen Landkreises in einen Kreis.
Dieser Kreis Büren bestand zum 31.12.1973 aus der amtsfreien Stadt Büren sowie den folgenden Ämtern und zugehörigen Orten:
Amt Atteln (mit den Orten Atteln, Blankenrode, Dalheim, Elisenhof, Etteln, Haaren, Helmern, Henglarn und Husen)
Amt Büren-Land (mit den Orten Ahden, Barkhausen, Brenken, Eickhoff, Harth, Hegensdorf, Siddinghausen, Steinhausen, Weiberg, Weine und Wewelsburg)
Amt Lichtenau (mit den Orten Asseln, Ebbinghausen, Grundsteinheim, Hakenberg, Herbram, Holtheim, Iggenhausen, Kleinenberg und Lichtenau)
Amt Salzkotten-Boke (mit den Orten Anreppen, Bentfeld, Boke, Garfeln, Hörste, Mantinghausen, Niederntudorf, Oberntudorf, Rebbeke, Salzkotten, Scharmede, Schwelle, Thüle, Upsprunge, Verlar und Verne)
Amt Wünnenberg (mit den Orten Bleiwäsche, Essentho, Fürstenberg, Leiberg, Meerhof, Oesdorf, Westheim und Wünnenberg)
Als weitere zum Kreisgebiet gehörige kleinere Bauerschaften, Domänen, Güter und Wohnplätze wurden 1895 unter anderem Altenböddeken, Barbruch, Böddeken, Bosenholz, Bülheim, Bumbamsmühle, Dalheim, Dedinghausen, Dreckburg, Edelborn, Eilern, Ellinghausen, Enkhausen, Erpernburg, Finkengrund, Friedrichsgrund, Gellinghausen, Graffeln, Heddinghausen, Heitwinkel, Holthausen, Holsen, Klein Verne, Leste, Marschallshagen, Mettinghausen, Mutlhäuper Hamme [Multhäupter Hammer], Neuböddeken [Neuenböddeken], Öchtringhausen [Oechtringhausen], Okenthal [Okental], Pankokenmühle, Ringelstein, Schönthal, Sudheim, Taubengrund, Tindeln, Untereichen, Vielser Hof, Volbrexen, Weltsöden, Winkhausen, Wohlbedacht und Wulfstal genannt.
Mit Ablauf des Jahres 1974 verloren die vorgenannten Ämter, Orte und Wohnplätze schließlich ihre Zugehörigkeit zum Kreis Büren. Durch das "Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes Sauerland/Paderborn" (Sauerland/Paderborn-Gesetz) vom 05.11.1974 wurde der Kreis zum 01.01.1975 aufgelöst und der größte Teil des Kreisgebietes mit dem ebenfalls seit 1816 bestehenden Altkreis Paderborn zum heutigen Kreis Paderborn zusammengelegt. Die Gemeinden Essentho, Meerhof, Oesdorf und Westheim kamen zu Marsberg (Hochsauerlandkreis), die Gemeinden Garfeln, Hörste und Rebbeke durch § 45 des "Gesetzes zur Neugliederung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes Münster/Hamm" (Münster/Hamm-Gesetz) vom 09.07.1974 zu Lippstadt (Kreis Soest), die Gemeinde Etteln zu Borchen und die Gemeinden Anreppen, Bentfeld und Boke zu Delbrück. Die übrigen Gemeinden wurden zu den vier Städten Büren, Lichtenau, Salzkotten und Wünnenberg zusammengefasst.
Aktenüberlieferung der Kreisverwaltung Büren:
Die im vorliegenden Aktenbestand BÜR A (Altkreis Büren 1816 bis 1945) des Stadt- und Kreisarchivs Paderborn verzeichneten 5582 Akten des Landratsamtes des Landkreises Büren enthalten vor allem Unterlagen zu Organisation, Geschäftsgang und allgemeinem Dienstbetrieb der Kreisverwaltung, Landrat, Oberkreisdirektor, Kreistag und Kreisausschuss, Statistik, Wahlen und Volksabstimmungen, Versicherungsangelegenheiten, öffentlichen Veranstaltungen, Orden und Ehrenzeichen, Personalangelegenheiten, Liegenschaften und Gebäuden des Kreises, Finanz-, Haushalts-, Kassen-, Steuer- und Rechnungswesen, Banken- und Sparkassenwesen, Kommunalaufsicht über Ämter, Städte, Gemeinden und kommunale Zweckverbände, öffentlicher Sicherheit und Ordnung, Meldewesen und Passangelegenheiten, Namensänderungen, Staatangehörigkeitswesen und Ausländerangelegenheiten, Standesamtsaufsicht, Vereinen, Friedhofswesen, Stiftungen und Schenkungen, Polizeiwesen, Zivilschutz, Feuerschutz und Katastrophenschutz, Elektrizitätswesen und Stromversorgung, Abfallbeseitigung, Handwerk, Industrie, Handel und Gewerbe (u.a. Apotheken, Gaststätten, Krankenkassen und Versicherungen), Marktwesen, Maß-, Gewichts- und Eichwesen, Preisaufsicht und Preisüberwachung, Überwachung von technischen Anlagen, Arbeitsvermittlung und Arbeitsbeschaffung, Eisenbahnverkehr und Straßenverkehr, Fremdenverkehr, Wasserwirtschaft (u.a. Wasserbau, Mühlen, Meliorationen, Wasser- und Bodenverbände, Be- und Entwässerungs- sowie Drainagegenossenschaften, Hochwasserschäden und Hochwasserschutz, Regulierung von Gewässern, Flussschauen, Brückenbau, Kanalisationen und Wasserleitungen, Wasserrechte, Wasserversorgung), Bauwesen (u.a. Straßenbau und Wegebau), Wohnungsbau und Siedlungswesen, Kataster-, Grundbuch- und Vermessungswesen (u.a. Gemeinheitsteilungen, Rezesse, Separationen, Ablösungen, Gerechtsame, Rechts- und Justizwesen (u.a. Schiedsmänner, Verwaltungsstreitverfahren zwischen Privatpersonen und Behörden), Naturschutz, Umweltschutz und Landschaftspflege, Landwirtschaft (u.a. Viehzählungen, Tierzucht, Obstbau, Schädlingsbekämpfung), Jagd- und Forstwesen, Fischerei, Schulwesen (u.a. Schulakten, Anstellung von Lehrpersonen, Ausbildung von Taubstummen), Kulturpflege (u.a. Heimatmuseum, Theater und Lichtspielvorführungen [Kino], Vereine, Denkmalschutz und Denkmalpflege, Heimatpflege, Führung der Ortschroniken), Kirchenangelegenheiten (u.a. jüdisches Kirchenwesen), Sozialwesen, Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge (u.a. Jugendpflege, Vormundschaften, Jugendherberge Wewelsburg), Sportpflege, Gesundheitswesen (u.a. Hebammenwesen, Anstellung von Ärzten und sonstigem medizinischen Personal, Bekämpfung einzelner Krankheiten), Lebensmittelüberwachung und Veterinärwesen (u.a. Körungen, Schlachtvieh- und Fleischbeschau, Tierschutz, Viehseuchen, Anstellung von Personal), Militär- und Kriegswesen (u.a. Demobilmachungsausschuss), Post-, Telegrafen- und Fernsprechwesen, Nationalsozialismus und Angelegenheiten der jüdischen Gemeinden.
Die Akten haben abgesehen von Abschriften aus den Jahren 1760 bis 1778 eine Gesamtlaufzeit von 1779 bis 1979. Dies liegt unter anderem daran, dass in der Vergangenheit wohl auch Akten aus der Zeit nach 1945 im Bestand verzeichnet wurden, soweit die Mehrzahl der in ihnen enthaltenen Schriftstücke aus der Zeit vor 1945 stammte. Da die genannten Akten einen nicht unerheblichen Teil des Bestands ausmachen, wurde darauf verzichtet, diese nachträglich in die ebenfalls im Stadt- und Kreisarchiv vorliegenden Bestände BÜR B (Altkreis Büren 1945 bis 1974) bzw. PB C (Kreis Paderborn ab 1975) zu überführen.
Auch wenn der frühere Kreisoberamtsrat und Leiter des Kreiskulturamtes Helmut Tuchen vor dem Kulturausschuss des Kreises Paderborn am 27.02.1978 berichtete "Der frühere Kreis Paderborn hat sein Aktengut durch die Kriegsereignisse 1945 fast vollständig verloren […] die Akten des früheren Kreises Büren dagegen sind fast vollständig erhalten […]", so ist diese Aussage nur mit Vorsicht zu genießen. Unter anderem für die 1920er und 1930er Jahre sind bei der damaligen Kreisverwaltung Büren zahlreiche Aktenvernichtungen dokumentiert, die heutige Geschichtsinteressierte nichts Gutes erahnen lassen. So lautete zum Beispiel ein Schreiben des Bürener Kreiswohlfahrtsamtes an den Landrat vom 07.08.1925 wie folgt: "Auf dem Dachboden des Kreiswohlfahrtsamts-Gebäudes befinden sich etwa 30 - 50 Zentner Altpapier. Es handelt sich zumeist um bedeutungslos gewordene Akten des früheren Kriegswirtschaftsamtes. […] Ich schlage vor, die wichtigsten Akten durch Fr[äu]l[ein] Köhler, die früher beim Kreiswirtschaftsamte tätig war, aussuchen zu lassen und den übrigen Ballast zu Gunsten der Kreiskommunalkasse an eine auswärtige Papiermühle zu verkaufen. Die Veräußerung an eine Papiermühle im Kreise ist vielleicht deshalb nicht empfehlenswert, weil sich unter den Papieren aus der Zeit der Zwangswirtschaft viele Strafakten über Mühlen im Kreise befinden". Aus einer Anweisung des Landrats und Vorsitzenden des Kreisausschusses vom gleichen Tag geht hervor, dass damals wohl nicht nur Akten des Kriegswirtschaftsamtes von der Vernichtung betroffen waren: "Die alten Akten, Tagebücher, Listen usw. des Kreisausschusses, des Kreiswohlfahrtsamtes, des früheren Wirtschaftsamtes und der beiden Bauämter sind auszusondern und ebenfalls zum Verkauf zu bringen, damit Raum geschaffen wird. […] Die Angelegenheit ist nach Möglichkeit bis Ende September d[e]s J[ah]r[e]s zu erledigen". Da sämtliche Bauakten des Kreises Büren aus der Zeit vor ca. 1936 heute als verschollen gelten, könnte die zitierte Anweisung des Landrats ein Beleg dafür sein, dass diese in früheren Zeiten ebenfalls in regelmäßigen Abständen der Vernichtung zugeführt wurden, da sie von Amts wegen offensichtlich nicht mehr benötigt wurden. Dass der 1925 angeordnete Aktenverkauf an eine Papiermühle tatsächlich stattgefunden hat, belegt ein Schreiben des Kreiswohlfahrtsamtes an den Landrat vom 10.09.1926: "Am 8. und 9. d[es] M[ona]ts ist das hier im Bürogebäude lagernde Altpapier von der Papierfabrik Vollmer in Brenken abgeholt worden. Das Gesamtgewicht beträgt 51 Centner. Die Einstampfung bez[iehungs]w[eise] Einweichung erfolgte unter Aufsicht des Angestellten Zorn". Der auch leider heute noch in weiten Teilen der öffentlichen Verwaltung verbreitete nachlässige Umgang mit den für die alltägliche Arbeit nicht mehr benötigten Akten setzte sich auch in der Kreisverwaltung Büren in den kommenden Jahren fort. Vor allem der Umzug in neue Räumlichkeiten verleitete - und verleitet auch heute - oftmals zu rigorosen Aktenvernichtungen, die leider in zu vielen Fällen nicht von geschultem Registratur- bzw. Archivpersonal überwacht wurden und werden. Dies hatte und hat in der Regel auch immer einen Verlust von historisch bedeutsamen Akten zur Folge. Der folgende Inhalt eines Schreibens des Kreiswohlfahrtamtes Büren an den Landrat vom 24.03.1938 steht exemplarisch für die geschilderten Umstände: "Im jetzigen Verwaltungsgebäude - Bahnhofstr. 43 befinden sich viele Zentner Altpapier und wertlose Neben-Akten. Ein Mitschleppen in das neue Kreishaus hat keinen Zweck. Ich schlage vor, eine Generalreinigung bei allen Kreisämtern anzuordnen". Dass die seitens des Kreiswohlfahrtsamtes angedachte "Generalreinigung" zwar durchgeführt, aber zumindest in diesem Fall nicht vollständig an der Archivverwaltung vorbeigelaufen ist, belegt der mit dem Staatsarchiv Münster geführte landrätliche Schriftverkehr. Aus diesem geht hervor, dass dem Staatsarchiv mit Schreiben vom 20.07.1938 Listen mit ca. 500 zu vernichtenden Akten übersandt wurden, in denen das Archiv wiederum die Akten markieren konnte, die es für aufbewahrungswürdig hielt.
In der Folge kam es 1938 zu einer Abgabe von zahlreichen archivwürdigen Akten des Landratsamtes Büren an das Staatsarchiv Münster. Ähnliche Abgaben an das Archiv sind für die Jahre 1930 (744 Aktenfaszikel) und 1940 belegt. Dass die Akten an ein staatliches Archiv abgegeben wurden, hängt damit zusammen, dass es sich bei den 1816 in der Provinz Westfalen eingerichteten Kreisen zunächst um rein staatliche Verwaltungsbezirke handelte. Die ersten vom preußischen König eingesetzten Landräte waren staatliche Kommissare und dementsprechend an die Weisungen der preußischen Regierung gebunden und dieser gegenüber berichtspflichtig. Erst 1886 wurden mittels der sogenannten "Kreisordnung für die Provinz Westfalen" innerhalb der bisher rein staatlichen westfälischen Kreisverwaltungen die Kreisausschüsse als Organe der kommunalen Selbstverwaltung eingerichtet. Da die Kreisverwaltungen jedoch erst durch die am 01.04.1946 seitens der britischen Militärregierung erlassene "Revidierte Deutsche Gemeindeordnung" und die damit zusammenhängende Instruktion Nr. 100 von August 1946 vollständig kommunalisiert wurden und erst 1964 nominell ein - zugegebenermaßen für längere Zeit nur auf dem Papier existierendes - eigenes Kreisarchiv bei der Kreisverwaltung Büren eingerichtet wurde, gelangten auch weiterhin Akten der Kreisverwaltung an ein staatliches Archiv. Die zuletzt im Jahr 1943 ausgesonderten, jedoch kriegsbedingt nicht an das Staatsarchiv Münster abgegebenen Akten wurden 1956 vom ehemaligen Lippischen Landesarchiv in Detmold übernommen. Dieses war seit 1955 für sämtliche Landesbehörden im 1947 aus dem bisherigen preußischen Regierungsbezirk Minden und dem vormals selbständigen Land Lippe gebildeten Regierungsbezirk Detmold zuständig und seit 1957 neben Düsseldorf und Münster als "Staatsarchiv Detmold" drittes staatliches Archiv in Nordrhein-Westfalen. In Folge des Zuständigkeitswechsels wurden auch die bis dahin im Staatsarchiv Münster vorliegenden Akten des Landratsamtes Büren 1963/64 an das Staatsarchiv Detmold abgegeben. Das Staatsarchiv Detmold (zwischenzeitlich Staats- und Personenstandsarchiv Detmold) wurde 2004 als Abteilung 6 in das neue Landesarchiv Nordrhein-Westfalen eingegliedert und trägt seit 2008 den Namen "Landesarchiv Nordrhein-Westfalen - Abteilung Ostwestfalen-Lippe". Der heute in dieser Abteilung vorliegende Aktenbestand der Kreisverwaltung Büren trägt die Bestandssignatur "M 2 Büren" und umfasst 1129 Archivbände mit einer Gesamtlaufzeit von 1815 bis 1937 (inklusive Abschriften aus der Zeit zwischen 1660 und 1814). Das Findbuch zum Aktenbestand ist auf der Internetseite "https://www.archive.nrw.de/archivsuche?link=FINDBUCH-Fb_d0975777-0d69-45b3-a1e0-d38880559f8b" einsehbar (Stand: 13.12.2023). Wie auch der Bestand BÜR A des Stadt- und Kreisarchivs Paderborn dürfte der Bestand M 2 Büren des Landesarchivs NRW sowohl staatliche als auch kommunale Akten der ehemaligen Kreisverwaltung Büren enthalten.
Die indes heute im Stadt- und Kreisarchivs Paderborn vorliegenden alten Bürener Kreisakten lagerten noch bis mindestens 1978 unverzeichnet in den Aktenkellern der Nebenstelle Büren der Kreisverwaltung Paderborn. So berichtet der Paderborner Kreiskulturamtsleiter Tuchen am 27.02.1978 vor dem Kreiskulturausschuss "[…] die Akten des früheren Kreises Büren […] lagern in den Kellern der Kreisnebenstelle. […] Es muß zunächst gelten, unser archivwürdiges Aktengut aus der Fülle unseres Schriftgutes 1. zu ermitteln 2. zu erfassen 3. zu erschließen".
Diese Aufgabe sollte ab 1980 der erste hauptamtliche Kreisarchivar des Kreises Paderborn, Gerhard Schmitz, übernehmen. Archivar Schmitz bewertete die in Büren noch vorhandenen Altaktenbestände der ehemaligen Kreisverwaltung und verzeichnete die archivwürdigen Unterlagen zunächst in vier Aktenbeständen. Am 08.08.1984 umfasste der von ihm gebildete Aktenbestand A (Kreis Büren 1816 - 1875) 60 laufende Meter Akten, der Bestand B (Kreis Büren 1875 - 1930) 26 laufende Meter, der Bestand C (Kreis Büren 1933 - 1945) sechs laufende Meter und der Bestand D (Kreis Büren ab 1945) fünf laufende Meter. Die bewerteten und verzeichneten Unterlagen lagerten zu diesem Zeitpunkt bereits im Aktenkeller des im vormaligen Amtshaus des Amtes Büren an der Lindenstraße 12 in Büren untergebrachten Kreisarchivs. Allein in den Jahren 1984 und 1985 betrug dessen Zuwachs an Archivalien rund 40 laufende Meter, was einer Menge von ca. 3000 zu verzeichnenden Akten entsprach. Unter diesen befanden sich damals auch ca. 300 Akten des Landratsamtes Büren aus der NS-Zeit, die ebenfalls von Gerhard Schmitz verzeichnet wurden. Vor 1984 hatte er bereits ca. 110 laufende Meter archivwürdiger und überwiegend aus dem 19. Jahrhundert stammender Akten der Kreisverwaltung in geeigneten Archivkästen magaziniert. Aus der Niederschrift einer Sitzung des Personalausschusses des Kreises Paderborn vom 23.04.1985 geht hervor, dass Schmitz bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt "ca. 6000 Bände von 1816 bis 1975 archivmäßig aufgearbeitet und im Aktenmagazin deponiert" hatte - Eine beachtliche Leistung angesichts der teilweise mit Fotos dokumentierten chaotischen Zustände in den Altregistraturen des Kreises zur damaligen Zeit.
Unter der Leitung des neuen Archivleiters Wilhelm Grabe wurden die oben genannten Aktenbestände der ehemaligen Kreisverwaltung Büren nach dem Jahr 2000 neu geordnet. Die Akten aus der Zeit von 1816 bis 1945 sollten in einem neuen Bestand BÜR A (Altkreis Büren 1816 bis 1945) und die Akten aus der Zeit von 1945 bis 1974 in einem Bestand BÜR B (Altkreis Büren 1945 bis 1974) zusammengefasst werden. Da es bis zum Jahr 2017 keine Klassifikation zu den nunmehr im Stadt- und Kreisarchiv Paderborn vorliegenden Aktenbeständen der Kreisverwaltungen Büren und Paderborn gab, wurde diese im Jahr 2018 vom Unterzeichner für fünf verschiedene Kreisbestände angelegt. Da nicht jeder dieser Bestände Akten zu den angelegten Klassifikationspunkten enthält, wurde bei der Onlinestellung des vorliegenden Findbuchs zum Bestand BÜR A auf die Darstellung von Klassifikationspunkten ohne zugeordnete Akten verzichtet. Bei der grundlegenden Überarbeitung des Findbuchs durch den Unterzeichner im Jahr 2020 wurden zudem Aktentitel und Laufzeiten sowie Enthält- und Darin-Vermerke angepasst und wenn nötig korrigiert. Vormalige Aktensignaturen aus der Zeit der aufgelösten Altbestände A, B, C und D wurden in das Verzeichnungsfeld "Altsignatur" der betroffenen Verzeichnungseinheiten übertragen.
Die im vorliegenden Bestand BÜR A verzeichneten Unterlagen sind nach den Regelungen des Gesetzes über die Sicherung und Nutzung öffentlichen Archivguts im Lande Nordrhein-Westfalen (Archivgesetz Nordrhein-Westfalen - ArchivG NRW) vom 16.03.2010 in seiner derzeit gültigen Fassung nutzbar sowie nach der Benutzungsordnung für das Stadt- und Kreisarchiv Paderborn vom 01.01.2017.
Es ist nach der Bestellsignatur zu zitieren (Beispiel: Stadt- und Kreisarchiv Paderborn, BÜR A 4839).
Paderborn, den 13.12.2023
gez. Ralf Schumacher
Archivalische Quellen:
Stadt- und Kreisarchiv Paderborn, BÜR A 1773 (Altpapier, Kassation von Altakten und Übernahme von archivwürdigen Akten ins preußische Staatsarchiv Münster, 1936 - 1947)
Stadt- und Kreisarchiv Paderborn, BÜR A 2010 (Aufbewahrung und Vernichtung von Akten aus der Kriegs- und Zwangswirtschaft, 1916 - 1934)
Stadt- und Kreisarchiv Paderborn, BÜR B 1117 (Aktenbestände des Kreisarchivs Büren in fremden Archiven, 1963 - 1972)
Stadt- und Kreisarchiv Paderborn, BÜR B 1125 (Aufbewahrung und Kassation von Schriftgut, 1937 - 1964)
Stadt- und Kreisarchiv Paderborn, GH 174-1985 (Verwaltungsbericht des Kreises Paderborn für die Jahre 1984 und 1985, 1986)
Stadt- und Kreisarchiv Paderborn, PB C 39 (Einrichtung eines Kreisarchivs, 1975 - 1979)
Stadt- und Kreisarchiv Paderborn, PB C 2505 (Niederschriften über Sitzungen des Personalausschusses, des Kreisausschusses und des Kreistages, 1985 - 1986)
Stadt- und Kreisarchiv Paderborn, PB C 4799 (Bericht des Kreisarchivars Gerhard K. Schmitz über seine bisherige Tätigkeit im Kreisarchiv Paderborn, 1984)
Gedruckte Quellen:
Königliches statistischen Bureau (Bearb.): Gemeindelexikon für das Königreich Preußen. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 2. Dezember 1895 und anderer amtlicher Quellen bearbeitet vom Königlichen statistischen Bureau. X. Provinz Westfalen. Mit einem Anhange, betreffend die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont, Berlin 1897
Wilhelm Grabe: Das Kreisarchiv Paderborn, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte an der Universität Paderborn, Nr. 14, Heft 1, Paderborn 2001, S. 40-43
Internetseiten (Abruf: 13.12.2023):
https://www.archive.nrw.de/archivsuche?link=FINDBUCH-Fb_54fc8146-8177-4faa-9929-a0ec3f48467e (Findbuch zum Bestand "B 801u / Herrschaft Büren - Urkunden" der Abteilung Westfalen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen)
https://www.archive.nrw.de/archivsuche?link=FINDBUCH-Fb_d0975777-0d69-45b3-a1e0-d38880559f8b (Findbuch zum Bestand "M 2 Büren / Kreisverwaltung Büren" der Abteilung Ostwestfalen-Lippe des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen)
https://www.archive.nrw.de/sites/default/files/media/files/Wiech_Transferarbeit%202001%20-%20Kommunales%20oder%20staatliches%20Archivgut%20-%20Zur%20%C3%9Cberlieferung%20der%20%28Land-%29%20Kreisverwaltungen%20in%20Westfalen.pdf (Transferarbeit "Kommunales oder staatliches Archivgut? Zur Überlieferung der (Land-) Kreisverwaltungen in Westfalen" von Martina Wiech)
https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCren_(Adelsgeschlecht)
https://de.wikipedia.org/wiki/Moritz_von_B%C3%BCren
https://de.wikipedia.org/wiki/Hochstift_Paderborn
https://de.wikipedia.org/wiki/Koalitionskriege
https://de.wikipedia.org/wiki/Friede_von_Lun%C3%A9ville
https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsdeputationshauptschluss
https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCrstentum_Paderborn
https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nigreich_Westphalen
https://de.wikipedia.org/wiki/Generalgouvernement_zwischen_Weser_und_Rhein
https://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Kongress
https://de.wikipedia.org/wiki/Provinz_Westfalen
https://de.wikipedia.org/wiki/Regierungsbezirk_Minden
https://de.wikipedia.org/wiki/Kreis_B%C3%BCren
https://de.wikipedia.org/wiki/Landesarchiv_Nordrhein-Westfalen_Abteilung_Ostwestfalen-Lippe
- Bestandssignatur
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BÜR A
- Umfang
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5582 AE, Findbuch
- Kontext
-
Stadtarchiv Paderborn (Archivtektonik)
- Bestandslaufzeit
-
(1760 - 1778) 1779, 1795 - 1979
- Weitere Objektseiten
- Geliefert über
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
23.06.2025, 08:11 MESZ
Datenpartner
Stadt- und Kreisarchiv Paderborn. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- (1760 - 1778) 1779, 1795 - 1979