Bestand

Sechzehnte Kurie des Bundestages zu Frankfurt a.M. (Bestand)

Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.

nach Altsignaturen bestellen; Bestand ist noch bei REST in Trockenreinigung bis Ende April 2023, kann dann in Jurismappen gepackt und erst neu etikettiertwerden

Behördengeschichte

Nach den Befreiungskriegen wurde durch die auf dem Wiener Kongress 1815 verabschiedete Bundesakte der Bundestag (offiziell: Bundesversammlung) in Frankfurt am Main gegründet. Das oberste Organ des Deutschen Bundes war die Bundesversammlung (BA Art. 4), in der die einzelnen Bundesglieder durch ihre Bevollmächtigten (Gesandten) vertreten waren. Es gab 17 Stimmen, davon elf Virilstimmen für jeweils einen größeren Staat und sechs Curiatstimmen für jeweils mehrere kleinere Staaten.
Die 16. Curie bestand aus den acht Kleinstaaten Lichtenstein, Schaumburg-Lippe, seit 1838/42 Hessen-Homburg, Reuß ältere und Reuß jüngere Linie, Waldeck und Lippe, ursprünglich auch Hohenzollern-Hechingen und Sigmaringen. Sie hatten einen gemeinschaftlichen Gesandten.
Ihre Stimme im Engeren Rat führte seit 1816 der Gesandte Freiherr Jacob Friedrich von Leonhardi (1778-1839) <1>. Ihm zur Seite stand von 1817 bis 1827 Legationsrat Friedrich Heinrich Wilhelm von Scherff (1789-1869) <2>.
Leonhardis Nachfolger waren 1839/40 Graf Carl Leopold von Beust (1780-1849) <3>, 1840/41 Graf Gottfried August Leonhard von Röntgen (1781-1865) <4> und schließlich 1841 Freiherr Adolph von Holzhausen (1799-1861). <5>

Als der Deutsche Bund seine Befugnisse 1848 an den Reichsverweser Erzherzog Johann übertrug, schied auch der gemeinschaftliche Gesandte aus. Bei der Wiederherstellung des Bundes durch den Bundesreaktionsbeschluss vom 23. August 1851 wählten die zur 16. Curie gehörigen Länder keinen gemeinschaftlichen Gesandten mehr, sondern ließen sich durch besondere Bevollmächtigte vertreten. Sie wechselten sich in der Stimmführung in einem vierwöchigen Turnus ab. Freiherr von Holzhausen war jetzt nur noch Vertreter der beiden Reuß, Lippe, Waldeck und Hessen-Homburg (1851-1861). Für Liechtenstein, Lippe, Reuß ältere Linie und Hessen-Homburg wirkte von 1861 bis 1866 Freiherr Dr. Justin von Linde (1797-1870), der einen dezidiert antipreußischen Kurs verfolgte <6>. Von 1853 bis 1866 war Victor Friedrich von Strauß und Torney (1809-1899) der Bevollmächtigte für das Fürstentum Schaumburg-Lippe beim Bundestage in Frankfurt. Er stimmte am 14. Juni 1866 für die Mobilmachung gegen Preußen, worüber er in der Abhandlung "Mein Antheil an der Abstimmung der Bundesversammlung" Rechenschaft ablegte. <7>

Für die Abgabe der Curiatstimme wurde vereinbart, dass die gemeinschaftliche Stimmführung für die Curie nach einem monatlichen Turnus unter den bevollmächtigten Gesandten abwechseln sollte. Die Bildung des gemeinschaftlichen Curiatvotums erfolgte nach Maßgabe des Curiatvertrages durch die Stimmenmehrheit der Bevollmächtigten. Aufgrund der Bundesakte von 1815 hatte der Bundestag v.a. folgende Aufgaben:
- Verabschiedung einer Militärverfassung <8>
- Einrichtung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Bundesgliedern
- Aufstellung von allg. Richtlinien für die Einrichtung landständischer Verfassungen in den Bundesstaaten (BA, Art. 13)
- Erleichterung von Handel und Verkehr zwischen den Mitgliedsstaaten.

Bis auf die gemeinsame Militärverfassung wurden die Aufgaben wurden kaum angegangen und infolgedessen auch nicht erledigt, bis 1866 der Preußisch-Österreichische Krieg den Deutschen Bund beendete. Bereits im Vorfrieden von Nikolsburg am 26. Juli 1866 hatte Österreich die Auflösung anerkannt. <9>



Gesandte
1816 - 1839 Jacob Friedrich von Leonhardi
1839 - 1840 Carl Leopold von Beust
1840 - 1841 Gottfried August Leonhard von Röntgen
1841 - 1861 Adolph von Holzhausen

Legationsräte
1817 - 1827 Friedrich Heinrich Wilhelm von Scherff
1828 - 1839 Adolph von Holzhausen


Bestandsgeschichte

Der Bestand kam 1866 ins Geheime Staatsarchiv. Mit Auflösung des Deutschen Bundes und Gründung des Norddeutschen Bundes wurden jedoch einige Akten ausgesondert. So wurden 1866 alle elf Aktenbände zu Waldeck an die dortige Regierung und 1867 alle Aktenbände mit den Berichten der beiden Gesandten, von Fritsch und von Beaulieu-Marconnay, aus dem Zeitraum 1861 bis 1866 an die Fürstlich Reußische Regierung für beide Linien, an die Regierung von Lippe bzw. Schaumburg-Lippe sowie sieben Aktenbände an die liechtensteinische Hofkanzlei in Wien gesandt. Aktenbände, die im handschriftlichen Findbuch noch genannt werden, sind seitdem nicht mehr im Bestand, wie auch aus der ersten Revision von 1885 hervorgeht (Hasner, rot-oranger L-förmiger Haken). <10> Der verbleibende Rest wurde 1873 erschlossen. Der Verzeichnungsvermerk hält fest, dass die Gesandtenberichte nur die Zeit von 1816 bis 1828 sowie von 1839 bis 1866 umfassten, da die Jahrgänge von 1822 bis 1838 fehlten. Darüber hinaus seien die Angelegenheiten von Hohenzollern-Sigmaringen aus dem Zeitraum von 1816 bis 1850 nur sehr unvollständig vorhanden. <11>
Eine erste Revision des Bestands erfolgte 1885 (Hasner, rotes L vor der Signaturnummer), Im Rahmen des Archiv-Umzugs nach Dahlem erfolgte dann eine weitere 1923 (Meyer). <12> In der Bestandsübersicht von 1934 wird der Bestand mit Klassifikationspunkten genannt. <13>
Im Zweiten Weltkrieg wurden die Bestände des Geheimen Staatsarchivs in die Salzbergwerke von Staßfurt und Schönebeck verbracht. Nach Ende des Krieges wurden diese Archivalien von sowjetischen Truppen beschlagnahmt und nach Moskau überführt. Die Rückgabe der Archivalien an die Regierung der DDR erfolgte in den 1950er Jahren. Als Standort wurde das "Karteihaus der Landesversicherung Merseburg in Sachsen-Anhalt" ausgewählt, die administrative Unterstellung erfolgte unter das Zentrale Staatsarchiv Potsdam, Hist. Abt. II in Merseburg.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die meisten der beschlagnahmten Archivalien aus der Sowjetunion restituiert, daher wurde der rund 18 lfm umfassende Bestand 1959 revidiert, wobei auch die Laufzeiten ergänzt wurden (Kahle, roter V-förmiger Haken und blaue Tinte). <14> 1962 wurde das handschriftliche Findbuch verfilmt. Es blieb weiterhin gültig, da die 1979 von Dr. Joachim Lehmann (1933-1996) angelegte Klassifikation nicht umgesetzt wurde. <15>
Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung erfolgte gemäß Einigungsvertrag 1990 die Rückführung der Bestände des Zentralen Staatsarchivs in die Zuständigkeit des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz nach Berlin-Dahlem. <16>
Die Retrokonvertierung des alten Findbuchs erfolgte 2021/22 durch eine Schreibkraft. Bei der Kontrolle wurde der Bestand neu klassifiziert und nach numerus currens umsigniert, Laufzeiten korrigiert, die Titel modernisiert und vereinheitlicht. Soweit es in einem angemessenen Zeitaufwand ermittelbar war, wurden für Personen und Orte Verknüpfungen mit der Gemeinsamen Normdatei (GND) erstellt.
Die Revision soll nach der Reinigung der Archivalien bei der Neuverpackung in Jurismappen im Sommer 2023 vorgenommen werden.

Die Überlieferung im Bestand GStA PK, III. HA Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten ist heranzuziehen.
Darüber hinaus sind Bestände in anderen Archiven wie Staatsarchiv Sigmaringen (Bestand Ho 80 A T 2), Landesarchiv NRW, Abteilung Ostwestfalen-Lippe (Bestand L 78) und Landesarchiv Hessen, Abt. Staatsarchiv Marburg (HStAM Bestand 121) zu sichten.

Literatur und Nachschlagewerke
" Angelow, Jürgen: Der Deutsche Bund, Darmstadt 2003.
" Winfried Heinemann, Lothar Höbelt, Ulrich Lappenküper (Hrsg.): Der Preußisch-Österreichische Krieg 1866, Paderborn 2018.
" Bringmann, Tobias C.: Handbuch der Diplomatie 1815-1963. Auswärtige Missionschefs in Deutschland und deutsche Missionschefs im Ausland von Metternich bis Adenauer, München 2001.

<1> Vgl. Dölemeyer, Barbara: Frankfurter Juristen im 17. und 18. Jahrhundert, Frankfurt / Main 1993, S. 110, Nr. 368; Art. Leonhardi, Jakob Friedrich Freiherr von, in: Hessische Biografie, URL https://www.lagis-hessen.de/pnd/116919590 (Stand: 6.10.2021).
<2> Art. Scherff, Friedrich Heinrich Wilhelm von, in: Hessische Biografie, online unter https://www.lagis-hessen.de/pnd/117219606 (Stand: 21.10.2022)
<3> Margret Friedrich, Beust, Carl Leopold Graf von, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: https://historisches-lexikon.li/Beust,_Carl_Leopold_Graf_von (Stand: 31.12.2011)
<4> Otto, Friedrich: Art. Röntgen, August von, in: Allgemeine Deutsche Biographie, hrsg. v. d. Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 29, Leipzig 1889, S. 137, URL https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:R%C3%B6ntgen,_August_von&oldid=- (jüngster Abruf 02.11.2021)
<5> Hock, Sabine: Holzhausen, Adolph von (1799-1861), in: Frankfurter Personenlexikon online unter https://frankfurter-personenlexikon.de/node/9408 (jüngster Abruf 21.12.2022)
<6> Wanger, Harald: Linde von Linden zu Dreys, Justin Timotheus Balthasar Freiherr von, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online unter https://historisches-lexikon.li/Linde_von_Linden_zu_Dreys,_Justin_Timotheus_Balthasar_Freiherr_von (jüngster Abruf 02.11.2021)
<7> Vgl. Strauß und Tornay, Victor von: Mein Antheil an der Abstimmung der Bundesversammlung, [Bückeburg] 1866. Vgl. Strauß und Tornay, Lulu von: Vom Biedermeier zur Bismarckzeit. Aus dem Leben eines Neunzigjährigen, Jena 1933, S. 158-160.
<8> Vgl. "Bundesgesetz über die Kriegsverfassung des Deutschen Bundes", 1821.
<9> Vgl. Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band III: Bismarck und das Reich. 3. Auflage, Stuttgart 1988, S. 542-554. Ludwig Karl Aegidi / Alfred Klauhold: Das Staatsarchiv. Sammlung der officiellen Actenstücke zur Geschichte der Gegenwart, 11. Band: 1866. Juli bis December, Hamburg 1866, S. 166-168.
<10> Vgl. GStA PK, Altfindmittel, Nr. 2316: handschriftliches Findbuch zum Bestand, S. 394-399, 401.
<11> Vgl. GStA PK, I. HA Rep. 178, Nr. 1974, Bl. 18 und 20v. Altfindmittel, Nr. 2316.
<12> Vgl. GStA PK, Altfindmittel, Nr. 2316.
<13> Übersicht über die Bestände des Geheimen Staatsarchivs zu Berlin-Dahlem, I. Hauptabteilung, hrsg. von Ernst Müller und Ernst Posner, Leipzig 1934, S. 152.
<14> GStA PK, I. HA Rep. 178 E, Nr. 20, Plan der Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten für die Jahre 1959-1965: Referat 4 unter der Leitung von Dr. Welsch, 1960/61.
<15> GStA PK, I. HA Rep. 178 E, Nr. 567.
<16> Vgl. Art. 35 Abs. 5 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) vom 31. August 1990 (BGBl. 1990 II S. 889), zuletzt angepasst durch Art. 122 G v. 8. Juli 2016 (BGBl. 2016 I, S. 1594). Carl Ahlgrimm, Rückführung der Bestände des Geheimen Staatsarchivs nach Berlin, in: Der Archivar 48 (1995), Sp. 251-258; Höroldt, Ulrike / Marcus, Paul (Hrsg.): Preußens Akten sind zurück. 25 Jahre Rückkehr der Archivalien des Geheimen Staatsarchivs aus Merseburg nach Berlin, Berlin 2019.

Laufzeit: 1816 - 1867

Bestandsumfang: 491 VE

Letzte vergebene Signaturnummer: 491


Der Bestand lagert derzeit im Westhafen.

Die Akten sind auf gelben Leihscheinen wie folgt zu bestellen: I. HA Rep. 118, Nr. #

Die Akten sind zu zitieren: GStA PK, I. HA Rep. 118, 16. Curie des Bundestags zu Frankfurt/M., Nr. #

Zitierweise: GStA PK, I. HA Rep. 118

Reference number of holding
I. HA Rep. 118
Extent
Umfang: 8 lfm (497 VE); 8 lfm (497 VE)
Language of the material
deutsch

Context
Tektonik >> STAATSOBERHAUPT UND OBERSTE STAATSBEHÖRDEN, MINISTERIEN UND ANDERE ZENTRALBEHÖRDEN PREUSSENS AB 1808 >> Auswärtige und Bundes-Angelegenheiten >> Angelegenheiten des Deutschen Bundes

Date of creation of holding
Laufzeit: 1816 - 1866

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Last update
19.08.2025, 12:19 PM CEST

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  • Bestand

Time of origin

  • Laufzeit: 1816 - 1866

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