Bestand
Stadtarchive: Stadt Volkmarsen (Krs. Waldeck-Frankenberg) (Bestand)
Enthält: Akten der Kernstadt (A),
v.a. 19. und 20. Jh.: Staatsverfassung und Hoheitswesen; Stadt- und
Gemeindeverwaltung; Liegenschafts-, Finanz- und Steuerverwaltung;
Gerichts- und Prozeßwesen; Polizei; Kirche und Schule; Fürsorge und
Gesundheitswesen, Versicherungen; Kultur- und Heimatpflege;
Bauwesen; Landwirtschaft und Forsten; Handel und Gewerbe; Militär-
und Kriegswesen; Karten und Pläne
Bestandsgeschichte: Der
Bestand 330 Volkmarsen der sich in die Abteilungen A (Akten), B
(Amtsbücher) und C (Ortsteile) gliedert, gelangte vom 30.-31.
August 1994 ins Hessische Staatsarchiv Marburg. Die Stadtverwaltung
Volkmarsen hatte im Dezember 1993 mit dem HStAM Kontakt aufgenommen
und um Hilfe bei der korrekten archivfachlichen Behandlung ihrer
Altaktenbestände gebeten, die bis dahin auf dem Dachboden und
zeitweise auch im Keller des Rathauses untergebracht waren und nun
aufgrund von Umbaumaßnahmen an einem neuen Ort unter besseren
Bedingungen aufbewahrt werden sollten. Nach eingehenden Gesprächen
mit dem zuständigen Archivar Armin Sieburg wurde die Variante einer
Deponierung im HStAM gewählt und eine Übergabe mittels
Verwahrungsvertrag vorgenommen.
Nachdem im Jahr 2003
zunächst Pläne bestanden, in Volkmarsen ein Stadtarchiv
einzurichten, in das die in Marburg lagernden Akten rücküberführt
werden sollten, wurde 2007 aus Kostengründen die Auflösung des
Depositalvertrags und die Eigentumsübergabe der Archivalien an das
HStAM gem. § 4 III HArchG (Fassung vom 18. Oktober 1989 – GVBl. I
S. 270) beschlossen. Seitdem gilt für die Benutzung das Hessische
Archivgesetz.
2009 wurden die Findkarteien durch Sabine
Dietzsch-Uhde im Rahmen der Einheitsklassifikation für
Kommunalarchivbestände vollständig klassifiziert, die
Titelbildungen und Enthält-Vermerke überprüft, Serien nachgebildet
sowie Schutzfristen und Veröffentlichungssperren gesetzt. Ein Jahr
später erfolgte im Rahmen eines Projekts der Deutsche
Forschungsgemeinschaft (DFG) die Retrokonversion der Findkarteien
in das Hessische Archiv-Dokumentations- und Informationssystem
(HADIS). Letzte Aktualisierungen wurden im Zuge einer
Ordnungsarbeit im Rahmen der Laufbahnprüfung für den gehobenen
Archivdienst am 28. Juli 2016 vorgenommen. Hierbei wurden u.a. die
Bestands- und Behördengeschichte verfasst, sowie die Gliederung
überarbeitet.
Geschichte des
Bestandsbildners: Die Ersterwähnung Volkmarsens findet sich in
einer Urkunde Papst Adrians IV. vom 25. Februar 1155 für das
Kloster Corvey, in der er diesem u.a. den Zehnten am Klosterhof in
Volkmarsen („decimam de curia volkmaressen“) bestätigt. Der Name
des Hofs geht womöglich auf den Corveyer Abt Volkmar II. von
Bomeneburg (1129-1138) zurück. Die Entwicklung des Hofs bzw. der
ihm zugehörigen Siedlung hin zur Stadt war spätestens im Jahr 1233
abgeschlossen. Ein wiederum für das Kloster Corvey ausgestellter
Schutzbrief Papst Gregors IX. vom 30. September 1233 bezeichnet die
Siedlung nunmehr als „oppidum de volcmerressen“. Ein eigenes
Stadtsiegel ist ab 1257 bzw. 1272 überliefert, von denen nur das
jüngere Exemplar erhalten ist. Anfang des 14. Jahrhunderts begann
sich das Erzbistum Köln mehr und mehr Einfluss in der Region zu
sichern. So verpfändete Abt Heinrich von Corvey 1304 je die Hälfte
der Stadt Volkmarsen und des nahen Kogelsbergs an den Erzbischof
von Köln, der damit faktisch die politische Kontrolle über die
Stadt ausübte. Diese vermochte Kur-Köln auch gegen den sich
vergrößernden Einfluss der hessischen Landgrafen zu behaupten. 1358
schlossen sich die Städte Hofgeismar, Wolfhagen, Marsberg, Warburg,
Brakel und Volkmarsen u.a. zu ebendiesem Zweck zu einem Städtebund
zusammen. 1503/07 verkaufte Corvey schließlich seine verbliebenen
Rechte und Besitzungen an Volkmarsen unter Rückkaufvorbehalt an das
Erzbistum.
Ab dem Jahr 1600 findet sich der Name
„Volkmarsheimb“ in den Dokumenten der kurfürstlich-westfälischen
Verwaltung, innerhalb derer die Stadt eines von 24 Ämtern auf dem
Gebiet des Herzogtums Westfalen bildete. Erst die Umwälzungen im
Zuge der Französischen Revolution 1789 brachten wieder größere
landesherrschaftliche Veränderungen mit sich, die die Stadt direkt
betrafen. Durch die Auflösung der geistlichen Territorien im Zuge
des Reichsdeputationshauptschlusses erhielt die Landgrafschaft
Hessen-Darmstadt das Herzogtum Westfalen, deren Truppen Volkmarsen
1802 besetzten. Bereits 1806 trat der nunmehr zum Großherzogtum
erhobene Staat die Stadt jedoch wieder an den Prinzen von
Oranien-Nassau-Corvey ab und nur ein Jahr später wurde sie zusammen
mit Kurhessen dem Königreich Westphalen, das von Napoleon
Bonapartes jüngerem Bruder Jérôme regiert wurde, angegliedert. Die
Stadt bildete in dieser Zeit einen eigenen Kanton in der
Unterpräfektur Kassel. Die bis dahin die Geschicke der Stadt
lenkenden Institutionen des Bürgermeisters und des Stadtrats wurden
nun vom Maire und vom Municpalrat abgelöst, dessen Mitglieder alle
zwei Jahre zur Hälfte neu zu wählen waren. Nach der Auflösung des
Königreichs 1813 wurde Volkmarsen gemäß der Artikel 23 und 47 der
Wiener Kongressakte Preußen zugeschlagen. 1817 trat Preußen die
Gebiete im Rahmen eines Defizit-Vertrags wieder an das
Kurfürstentum Hessen-Kassel ab, innerhalb dessen sie dem Amt
Wolfhagen in Niederhessen angegliedert wurden. 1821 wurde aus der
Stadt und den sie umgebenden Gebieten kurzzeitig ein eigenes Amt,
nur um dann im selben Jahr zum neugeschaffenen Landkreis Wolfhagen
in der Provinz Niederhessen gerechnet zu werden. Mit Einführung der
kurhessischen Städte- und Gemeindeordnung am 23. Oktober 1834 wurde
die Organisation der Gemeindebehörden neu geregelt. Dem auf
mindestens fünf Jahre gewählten Bürgermeister und dem sechsköpfigen
Stadtrat war nun ein aus neun Mitgliedern bestehender
Gemeindeausschuss beigeordnet, der über Aufsichts- und
Zustimmungsrechte verfügte. Beide Gremien wurden ebenfalls auf fünf
Jahre gewählt. 1848-1851 gehörte Volkmarsen dem Verwaltungsbezirk
Kassel an und von 1851-1866 wieder dem Landkreis Wolfhagen.
Nach der Niederlage der Österreichs und seiner Verbündeten im
deutsch-deutschen Krieg gegen Preußen 1866 wurde mit dem
Kurfürstentum Hessen-Kassel auch Volkmarsen annektiert und ging
innerhalb des vergrößerten Königreich Preußen im gebietsmäßig
unveränderten Landkreis Wolfhagen, des Regierungsbezirks Kassel in
der neugeschaffenen Provinz Hessen-Nassau auf. Die alte
kurhessische Städteordnung von 1834 war nach der Annektierung 1866
zunächst beibehalten und schließlich 1897 durch eine neue
Städteordnung ersetzt worden. Die Stadtverordnetenversammlung
bestand nunmehr aus 12 auf sechs Jahre gewählten Mitgliedern,
während sich der Magistrat aus dem Bürgermeister und zwei Schöffen
zusammensetzte, die von der Stadtverordnetenversammlung auf 12
Jahre gewählt wurden. Unter preußischer Herrschaft erfolgte u.a.
der Bau der Eisenbahnlinien Warburg-Volkmarsen-Marburg und
Kassel-Volkmarsen, es wurde eine großangelegte Wiesenmelioration
durchgeführt und die städtische Wasserversorgung auf- bzw.
ausgebaut.
Auf den kommunalen Verwaltungsaufbau und die
Verwaltungszugehörigkeit hatte die preußische Periode nur wenige
Auswirkungen. Kreis- und Provinzzugehörigkeit blieben weit über das
Ende des Ersten Weltkriegs hinaus unverändert. 1928 wurde der
Gutsbezirk Elmarshausen aufgelöst und dessen Ländereien ebenso wie
die Exklaven Stromberg und Rhöderholz mit Volkmarsen
zusammengelegt. Planungen zu einer Kreisreform in Preußen 1932, die
eine Auflösung des Kreises Wolfhagen und eine Vereinigung seines
Gebiets mit dem Kreis Kassel vorsahen, standen die
Magistratsmitglieder skeptisch gegenüber und zogen eine
Angliederung an den ehemals waldeckischen Kreis der Twiste vor. Mit
dem Jahreswechsel 1933/34 fand die kommunale Selbstverwaltung durch
die von den Nationalsozialisten durchgeführte Gleichschaltung ihr
Ende. Die Stadtverordneten hatten von nun an bloß noch eine
beratende Funktion, während jede Entscheidung letztlich von einem
von der NSDAP eingesetzten Bürgermeister getroffen wurde , der 1936
auch einen neuen Geschäftsverteilungsplan erließ.
Nach
Ende des 2. Weltkriegs und der Gründung des Landes Hessen am 1.
Dezember 1946 gehörte Volkmarsen zum Landkreis Wolfhagen und
wechselte im Zuge der hessischen Gebietsreform am 1. August 1972
gestützt auf eine Bürgerbefragung und begleitet von Konflikten mit
der Kreisverwaltung Wolfhagen zum Landkreis Waldeck. Gleichzeitig
wurden die Gemeinden Herbsen, Hörle, Külte und Lütersheim, die
schon dem Landkreis angehörten, in die Stadt eingemeindet. Bereits
ein Jahr zuvor am 1. Februar 1971 war die Gemeinde Ehringen
denselben Weg gegangen. In den neuen Ortteilen wurden anstelle der
bisherigen Gemeindevertretungen Ortsbeiräte eingerichtet. Zum 1.
Januar 1974 erfolgte schließlich die Bildung des Landkreises
Waldeck-Frankenberg, dem Volkmarsen bis heute angehört.
Historische
Kreiszugehörigkeiten:
• 1789: Kurfürstentum Köln,
Herzogtum Westfalen, Amt Volkmarsen
• 1802:
Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Fürstentum Corvey, Amt
Volkmarsen
• 1806: Prinz von Oranien-Nassau-Corvey,
Fürstentum Corvey, Amt Volkmarsen
• 1807-1813:
Königreich Westphalen, Distrikt oder Unterpräfektur Kassel, Kanton
Volkmarsen
• 1814-1817: Königreich Preußen, Amt
Volkmarsen
• 1817: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen,
Amt Wolfhagen
• 1821: Kurfürstentum Hessen,
Niederhessen, Amt Volkmarsen
• 1821: Kurfürstentum
Hessen, Provinz Niederhessen, Landkreis Wolfhagen
•
1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
• 1851:
Kurfürstentum Hessen, Landkreis Wolfhagen
• 1866/67:
Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel,
Landkreis Wolfhagen
• 1972: Landkreis Waldeck
• 1974: Landkreis Waldeck-Frankenberg
Gemeindeteile: Ehringen, Herbsen, Hörle, Külte,
Lütersheim
Findmittel:
Arcinsys-Datenbank
Findmittel: Findkartei von A.
Sieburg (retrokonvertiert in HADIS mit Fördermitteln der Deutschen
Forschungsgemeinschaft, DFG)
Referent: Herr
Brendel
Zusatzinformationen: Letzte
Aktualisierung: 28.7.2016
- Bestandssignatur
-
330 Volkmarsen
- Umfang
-
38,5 MM Amtsbücher und Akten: Akten der Kernstadt 15,00 MM (davon 13,75 MM verzeichnet); 23,5 MM Amtsbücher und Akten der Stadtteile unverzeichnet, teilw. grob vorsortiert
- Kontext
-
Hessisches Staatsarchiv Marburg (Archivtektonik) >> Gliederung >> Nichtstaatliche Archive und Deposita >> Städte und Gemeinden >> Stadtarchive
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Literatur: • DEMANDT, Karl E., Geschichte des Landes Hessen, zweite, neubearbeitete und erweiterte Aufl., Kassel und Basel 1972.
• KLEIN, Thomas, Preußische Provinz Hessen-Nassau 1866-1944/45, in: Handbuch der hessischen Geschichte, Bd. 4 – Hessen im Deutschen Bund und im neuen Deutschen Reich (1806) 1815 bis 1945, Zweiter Teilband – Die hessischen Staaten bis 1945, Marburg 2003.
• VERVOORT, Wolfgang, 750 Jahre Stadt Volkmarsen, Chronik einer Stadt, Volkmarsen 1983.
• VERVOORT, Wolfgang, Führer durch die Altstadt Volkmarsen und ihrer Gemarkung, Hrsg. Heimat- und Geschichtsverein Volkmarsen, Wettesingen 2004.
- Bestandslaufzeit
-
15.-20. Jh.
- Weitere Objektseiten
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- Letzte Aktualisierung
-
10.06.20252025, 08:12 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 15.-20. Jh.