Plakat

L'Ermitage

Paul Berthon war ein Schüler von Eugene Grasset. Hier verwendet er ein ähnliches Motiv wie Grasset in dessen Plakat für den Salon des Cent. Bei Berthon wird die Frau von Lilien ganz umrankt. Sie bildet die Natur nicht nach, sondern wird zu einem Teil von ihr. Das Plakat warb für die ab 1890 monatlich erscheinende Literaturzeitschrift „L’Ermitage“, in der Dramen, Gedichte und bildende Kunst vorgestellt wurden. Im Geist der Art Nouveau drückte die Zeitschrift, ebenso wie dieses Plakat, den Wunsch nach Schönheit und Naturnähe aus. Die Frau ist kein Individuum, sie steht vielmehr für die Verschmelzung von Kunst und Natur. Ein beliebter Frauentypus in der Plakatwerbung um 1900 war die makellos Schöne. Ihre Attraktivität stand bildhaft für die beworbenen Produkte und wurde, mit Symbolen und Attributen verknüpft, nicht selten zur Allegorie: Lilien, helle Haut und weiße Wäsche stehen für Reinheit, Blüten und ätherische Winde für Vergänglichkeit. Vor allem Abstrakteres, wie Kunst oder Literatur, fand in der Reklame oft Ausdruck in allegorischen Frauenfiguren, die etwa mit Harfe, Palette oder Schreibfeder die schönen Künste personifizierten. Diese Darstellungen wurden maßgeblich durch den Jugendstil geprägt. Mit der Abwendung vom industriellen Zeitalter fand gleichzeitig eine Hinwendung zur Natur statt – traditionell als weibliche Sphäre angesehen. Im Gegensatz dazu wurde die Kultur als männlich charakterisiert. Die Problematik der polarisierenden Aufteilung ergibt sich aus der Bewertung der Natur als sanft, schmückend und primitiv. Verklärte, stereotypisierende Bilder dieser Art schränkten den weiblichen Handlungsspielraum ein – schwer vorstellbar, dass die hier dargestellten Schönheiten ein Mitspracherecht fordern, einen Beruf ergreifen oder die eigene Meinung vertreten. Während die Frauen als Allegorien der Künste überhöht wurden, war ihre Lebensrealität das Gegenteil: Zur Kunstausbildung waren sie in der Regel nicht zugelassen. Ein gefördertes Projekt ermöglichte 2021/22 erstmals die digitale Bestandsaufnahme aller Plakate und Plakatentwürfe aus den Jahren 1840 bis 1914 in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin. In ihrer internationalen Vielfalt eröffnen die Plakate ein Panorama der visuellen Kommunikation: Sie illustrieren Design-, Reklame- und Druckgeschichte am Übergang von Historismus und Jugendstil zum Sachplakat, stellen zugleich aber auch wertvolle Dokumente der Zeit- und Kulturgeschichte dar. Das Digitalisierungsprojekt wurde durch die Deutsche Digitale Bibliothek im Rahmen des von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) geförderten Programms NEUSTART KULTUR ermöglicht. (Text: Christina Thomson / Christina Dembny)

Fotograf*in: Anna Russ

Public Domain Mark 1.0 Universell

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Standort
Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin, BerlinDeutschland, BerlinDeutschland
Sammlung
Grafikdesign
Inventarnummer
Bi1968,2156
Maße
Höhe x Breite: 62 x 44 cm
Material/Technik
Lithografie
Inschrift/Beschriftung
Paul Berthon (links unten Darstellung)
L'ERMITAGE/ revue illustrée un an 8 fr-r. de L'ODEON 18
IMP. G.ENARD & Cie ETAMPES (links Seite)
Paris, 18 Rue de l'Odéon, Paris (oben Mitte)
L'ERMITAGE/ REVUE D'ART ET ILLUSTRÉE/ 16 Rue de Sommerand (Stempel, links unten)

Klassifikation
Plakat (RIA:Sachbegriff)
Bezug (was)
Wochenzeitschrift (bzw. Wochenzeitung), Monatsschrift, Magazin etc.
Zeitung, Nachrichtenblatt
erwachsene Frau
Blumen
Blumen: Lilie

Ereignis
Entwurf
(wer)
Ereignis
Eigentumswechsel
(Beschreibung)
1968 Ankauf vom Antiquariat Jürgen Holstein, Berlin
Ereignis
Herstellung
(wer)
Enard et Cie., Drucker
(wann)
1897

Förderung
Die Digitalisierung wurde gefördert durch die Deutsche Digitale Bibliothek aus Mitteln des Programms „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Rechteinformation
Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin
Letzte Aktualisierung
25.03.2025, 08:39 MEZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Plakat; Plakat

Beteiligte

Entstanden

  • 1897

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