Archivalie
L.H.M. Nur ein kurzes für heute. Ich bedarf wieder einmal Ihres Rats...
Oskar Schlemmer habe das Angebot einer Berufung ans Bauhaus in Weimar erhalten und hadere noch damit, das Angebot anzunehmen.
Transkription: Cannstatt Königstr 17a d. 4 Nov 20 L.H.M. Nur ein Kurzes für heute. Ich bedarf wieder einmal Ihres Rats- und dringlich. Ich schrieb schon beiläufig über die Sache aber nunmehr ist sie in ein akutes Stadium getreten (Sie gingen s.Zt. nicht darauf ein) Weimar - Bauhaus. Gropius lädt mich dringend ein zu kommen. Die Reaktion bröckle nach seitherigen großen Widerständen langsam ab, er bekomme freie Bahn, den Professoren der alten Schule werde die Luft zu scharf u zögen sich zurück, dadurch bekäme er (Gropius) Räume frei die er besetzen müsse um sie zu halten, im weiteren: Stellen mit 16000 M Besoldung, die mir dann früher od. später offen stünde. - Was tun? - Zunächst: was ich getan habe: geschrieben daß ich z.Zt. und bis Frühjahr in Tänze verstrickt sei die ich mitten im Werden nicht lassen könne, Vorschlag einer Scheinexistenz in Weimar bis ich frei wäre (für mich gesagt: eine endgültige Meinung hätte). Denn die Anstellung würde nicht unmittelbar erfolgen. Gleichzeitig ergehe überdies eine Berufung an Klee, der, so wie ich ihm nach der Stuttg. Affaire kenne, annehmen wird. - Die Sache kreuzt meine Pläne. Diese gingen, wie geschrieben, auf Zurückgezogenheit, ländliches Leben, (Frau Tut trat unter diesen Bedingungen in die Ehe.) Sie will um alles nicht die Künstler-Gattin spielen.) Weiß ich ob ich dort (auf dem Lande) erreiche was ich hoffe? Ich weiß nur daß ich Gutes mache, je abgeschiedener ich bin (ohne der Bezüglichkeit auf das vorangegangene Gegenteil bewußt zu sein). Das heiter -wilde Temperament der Frau wäre ein Gegengewicht. - - Es scheint Gropius mehr darum zu tun Künstler zu gewinnen als Lehrer im besonderen. Itten ist die Ausnahme und erscheint allerdings als Triumphator gegenüber den Stilleren die noch dort sind. Vielleicht da Gropius sehr unter seinem Einfluß steht ist es ihm um Triumph zu tun, wenn er sich um die Berufung Künstlerischer Rivalen bemüht. Ich behaupte von neuem daß Sie mich besser kennen als ich und wissen was ich tun und lassen muß. Ich weiß um Ihre hohe Meinung von der Bauhaus idee, weiß daß Sie nicht freiwillig die Einsamkeit suchten. Ich könnte mir Ihre Meinung zusammenaddieren und frage dennoch ob Sie mir noch etwas zu sagen wüßten. Tun Sie es da Sie nicht zu überlegen brauchen, unüberlegt nämlich: sofort bitte. Herzlichst Ihr Oskar Schlemmer u Frau Reproduktionen! Schaller bekommt im Dezember oder vorher schöne neue Blätter u macht Ausstellung: Ich hoffe mir zuvor solche zu sichern. Hoffentlich ist mir bis da Geld kein Hinderniß wie es es jezt wäre leider. Wären sie früher erwünscht? Die Zeitungen folgen als Drucksache. Wußten Sie um die "Morgenfrühe" von Üecht? Wohl nicht und um so freundlichere Überraschung.
- Sammlung
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Archiv Oskar Schlemmer
- Inventarnummer
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AOS 2016/1560
- Material/Technik
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Papier; Tinte
- Ereignis
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Herstellung
- (wer)
- Provenienz
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Abschrift vorhanden; Kasten 20 Mappe 2 und Ordner 1920-1926 (Anfangszeilen fehlen)
- Rechteinformation
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Staatsgalerie Stuttgart
- Letzte Aktualisierung
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28.03.2025, 12:10 MEZ
Datenpartner
Staatsgalerie Stuttgart. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Archivalie
Beteiligte
- Oskar Schlemmer (04.09.1888 - 13.04.1943)
- Otto Meyer-Amden (20.02.1885 - 15.01.1933)