Bestand

Spruchkammer Südbaden: DNZ-Akten (Bestand)

Inhalt und Bewertung

Einzelfallakten

Behördengeschichte: Die Geschichte der Spruchkammer Südbaden (Beständegruppe D 180) ist eng mit derjenigen des Staatskommissariats für politische Säuberung (Bestand C 48/1) verknüpft. Nachdem gegen Ende des Zweiten Weltkriegs im Zuge des Vordringens der französischen Truppen nach Baden im Frühjahr 1945 erste Einzelmaßnahmen zur politischen Säuberung unmittelbar durch das Militär ergriffen worden waren (Inhaftierungen und Suspendierungen), begann die Besatzungsmacht im Herbst 1945 mit dem Aufbau eines zweistufigen Säuberungsapparates. Im Bereich der öffentlichen Verwaltung wurden auf Landkreis-Ebene Untersuchungsausschüsse gebildet, denen Reinigungskommissionen für die einzelnen Verwaltungsressorts übergeordnet waren. Für die Wirtschaft gab es eine analoge Organisationsform (Ermittlungsausschüsse und Säuberungskommissionen). Sonderregelungen galten für die Universität Freiburg, Post, Eisenbahn und die Justizverwaltung. Im März 1946 wurde als dritte Stufe ein Politischer Kontrollausschuss bei der Militärregierung des französisch besetzten Teils von Baden in Freiburg errichtet, zu dessen Leiter am 10. April 1946 Erwin Eckert berufen wurde. Eckert wurde zugleich als Staatsrat für besondere Aufgaben Mitglied der provisorischen Regierung Südbadens. Der Politische Kontrollausschuss sollte die Arbeit der Reinigungskommissionen und Untersuchungsausschüsse koordinieren und kontrollieren, verfügte aber nicht über weitreichende Entscheidungsspielräume. Eckert trat am 22. Oktober 1946 zurück. Er wurde später Staatskommissar für den Wiederaufbau (vgl. Bestand C 55/1). Am 2. Dezember 1946 wurde anstelle des Politischen Kontrollausschusses das Staatskommissariat für politische Säuberung geschaffen. Es stand zunächst unter der Leitung von Richard Streng, dem am 2. April 1947 Walter Nunier nachfolgte. Aufgrund der Landesverordnung über die Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus vom 29. März 1947, durch die die Entnazifizierung im französisch besetzten Teil Badens erstmals umfassend gesetzlich geregelt wurde, wurde beim Staatskommissariat für politische Säuberung eine Spruchkammer errichtet. Sie bestand aus mehreren Abteilungen, die sich aus einem Vorsitzenden, aus je einem Vertreter der zugelassenen politischen Parteien und der Gewerkschaften, zwei Beisitzern aus der Berufsgruppe des zu Beurteilenden sowie einem Vertreter des Staatskommissars für politische Säuberung zusammensetzten. Die Spruchkammer hatte die Aufgabe, auf der Grundlage des Ermittlungsmaterials, das von den Untersuchungsausschüssen zusammengestellt und bei ihr vorgelegt wurde, und auf der Grundlage der von den Ausschüssen gemachten Vorschläge eine Entscheidung im politischen Säuberungsverfahren der jeweils betroffenen Person zu fällen. Die Spruchkammer konnte außerdem selbst ergänzende Untersuchungen anstellen oder einen Untersuchungsausschuss damit beauftragen. Sie entschied darüber hinaus in Berufungsverfahren. Die Verfahrensorganisation, die Bekanntgabe der getroffenen Entscheidungen und die Veranlassung der Durchführung der ausgesprochenen Sanktionen oblagen dem Staatskommissar für politische Säuberung, der außerdem vor einer Veröffentlichung der Entscheidung eine neuerliche Prüfung des Einzelfalls durch die Spruchkammer anordnen sowie nach erfolgter Veröffentlichung ein Berufungsverfahren einleiten konnte. Der Staatskommissar wirkte zudem an der personellen Besetzung der Entnazifizierungsorgane mit. Die alten Untersuchungsausschüsse und Reinigungskommissionen, die ab Herbst 1945 gebildet worden waren, stellten mit dem Inkrafttreten der Landesverordnung ihre Tätigkeit ein und gaben die bei ihnen erwachsenen Akten an die neuen Untersuchungsuasschüsse und die Spruchkammer ab. Im Zuge des Voranschreitens der Entnazifizierung wurde die Zahl der Spruchkammerabteilungen und der Untersuchungsausschüsse sukzessive reduziert. Nach der Gründung des Landes Baden-Württemberg ging die Aufgabe des Abschlusses der politischen Säuberung auf das Justizministerium in Stuttgart über (Bekanntmachung der vorläufigen Regierung über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien vom 8. Juli 1952). Aufgrund des Gesetzes zur einheitlichen Beendigung der politischen Säuberung vom 13. Juli 1953 stellte die Spruchkammer ihre Tätigkeit zum 31. Oktober 1953 ein. Mit der Abwicklung des Staatskommissariats für politische Säuberung wurde im Februar 1951 begonnen; es führte von da an den Zusatz "Abwicklungsstelle". Leiter der Abwicklungsstelle wurde Adolf Gremmelspacher. Mit Wirkung zum 1. April 1952 wurde die Abwicklungsstelle dem Badischen Innenministerium angegliedert. Die Abwicklungsstelle des Staatskommissariats bestand noch bis September 1952. Nach dem Ausscheiden Gremmelspachers aus seinem Amt zum 1. Oktober 1952 wurde als Nachfolgebehörde eine Auskunftsstelle der politischen Säuberung beim Regierungspräsidium Südbaden in Freiburg errichtet, die zum 31. Dezember 1952 ihre Arbeit einstellte. (M. Stingl)

Bestandsgeschichte: Die Einzelfallakten zur Entnazifizierung kamen Anfang der neunziger Jahre als Zugang aus dem Generallandesarchiv Karlsruhe ins Staatsarchiv Freiburg. Der Bestand war durch maschinenschriftliche alphabetische Register erschlossen. Um das Findmittel einfacher nutzbar zu machen, wurde es seit 2006 in scope Archiv übertragen. Danach erfolgte ein Korrekturdurchgang, bei dem tausende Zweifelsfälle (z.B. in den Registern nicht belegte Nummern, bei denen aber Akten im Bestand vorhanden waren oder doppelt vergebene Nummern) geklärt und nachgetragen werden konnten. Folgendes ist dessen ungeachtet bei der Nutzung zu beachten: - Die Titelaufnahmen des vorliegenden Findmittels werden sukzessive nach Ablauf eventueller Sperrfristen ins Internet eingestellt und dort angezeigt. - Der vorliegende Bestand wurde im Staatsarchiv Freiburg nicht Akte für Akte verzeichnet. Dieses Findmittel ist lediglich eine überarbeitete Abschrift der analogen Register. Es ist daher möglich, dass in Einzelfällen Namen im Findmittel aufgeführt sind, bei denen aber physisch keine Akten im Bestand vorhanden sind. - Eine Reihe von Nummern im Bestand ist - trotz des o.g. Korrekturdurchgangs - immer noch nicht belegt. Eine hinreichende Begründung, warum seinerzeit von den Entnazifizierungsbehörden eine derartig inkohärente Nummerierung vorgenommen wurde, ließ sich den Registraturunterlagen des Staatsarchivs Freiburg nicht entnehmen. - Für knapp 6.000 Einzelfallakten existiert im Bestand D 180/2 lediglich ein Verweis bzw. ein Platzhalter mit dem Vermerk "interné". Die Akten selbst befinden sich wohl ausschließlich in den dem französischen Außenministerium unterstehenden Archives de l¿occupation française en Allemagne et Autriche. Diese Akten sind im vorliegenden Findbuch nicht besonders ausgewiesen. - In den maschinenschriftlichen Registern fand sich eine Reihe von Namen, bei denen keine Aktensignatur (Denazifizierungsnummer - DNZ) angegeben war. Diese Fälle wurden nicht in das vorliegende elektronische Findmittel übernommen. - Die Schreibweise einer Reihe von Namen war nicht definitiv zu klären (z.B. "ss" oder "ß", "ph" oder "f" etc.). Soweit nachweisbar, wurden alternative Schreibweisen in den Aktentitel aufgenommen, dennoch empfiehlt es sich, bisweilen nach alternativen Schreibweisen zu suchen. - Personen, in deren Akten kein Geburts- oder Todesadatum eruierbar war, erhielten das fiktive Geburtsdatum 1111, um eine Anzeige dieser Titelaufnahmen im Internet zu ermöglichen. Der Bestand D 180/2 misst 337 lfd.m und umfasst mehr als 230.000 Faszikel

Reference number of holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg, D 180/2

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg (Archivtektonik) >> (Süd-) Baden 1945-1952: Landesoberbehörden, Höhere Verwaltungs- und Höhere Sonderbehörden >> Geschäftsbereich Bad. Staatskommissariat für politische Säuberung

Indexbegriff subject
Entnazifizierung
Spruchkammer Südbaden

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Last update
24.04.2024, 2:36 PM CEST

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Object type

  • Bestand

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