Bestand
Regierung Münster, Katasterverwaltung (Bestand)
Reklamationen gegen die
Einschätzung 1821-1859; Verzeichnisse der Grundeigentümer
1823-1831; Durchführung und Kosten der Einschätzung 1825-1864;
Übersichten des Flächeninhalts, des Reinertrags und der
Grundsteuerhauptsumme 1863-1864; Feldbücher und Berechnungshefte
der Revisionsmessungen 1821-1833; Feststellung der
Klassifikationstarife 1861-1864; Einschätzung der Kreise 1822-1867;
verschiedene Einschätzungs-, Steuer- und Vermessungsangelegenheiten
1811-1879; Pachtpreise, Kaufpreise, Katastertabellen und
Übersichten 1826-1864; Registratur- und Etatsachen 1828-1839;
Notizen und Bemerkungen zur Kartenaufnahme 1824-1831; Irrtümer und
Fehler bei der Klassierung der Grundstücke 1823-1847;
Kreisübersichten: örtliche Längen- und Flächenmaße 1824-1864;
Spezialrevisionen des Katasters (Verband Lembeck) 1860; steuerfreie
Grundstücke 1823-1864; Abweichungsverzeichnisse 1862-1883;
Einschätzung der Liegenschaften 1861-1864; Kreisbeschreibung und
Tarifierung 1861-1864; Einschätzung der Gemeinden 1852-1865;
Katasterrevision des Bezirks Billerbeck 1856-1858;
Reklamationsnachweisungen 1863-1867; summarische Übersichten der
Abschätzungsverbände 1824-1864; Regelung der Grundsteuer nach dem
Gesetz vom 21.05.1861, 1861-1884; Verhandlungen über die
Abschätzung der Verbände 1825-1834; Nachweise der Resultate der
Pachtungen und Verkäufe 1825-1835; Revisionen und
Reklamationsverfahren 1853-1868; Einschätzung der Holzungen
1837-1864; Verhandlungen über die Berichtigung der Aktenstücke
1830-1832; Klassifikations- und Klassierungsprotokolle 1822-1927;
Grenzprotokolle der Gemeinden und Verbände 1813-1847; allgemeine
Verwaltungsangelegenheiten 1822-1939; meteorologische Beobachtungen
des Katasterbüros Münster 1831-1867.
Bestandsgeschichte: 1820
Katasterkommission, 1835 Katasterbüro bei der Regierung Münster
1855 Katasterinspektion unter Aufsicht der
General-Katasterdirektion Münster zur Verwaltung der Grundsteuer;
1871 Aufhebung dieser Behörde und Verwaltung der
Katasterangelegenheiten durch die Abteilung III der Regierung unter
unmittelbarer Leitung des Finanzministeriums.
Form und Inhalt:
Vorbemerkung
Die Akten dieses Bestandes sind
zum größten Teil aus der Tätigkeit der "Katasterkommission" später
"Kataster-Inspektion in Münster"
hervorgegangen, die der
General-Kataster-Direktion in Münster unterstellt war. Daneben sind
darin die Akten der örtlichen Deputationen enthalten, die
insbesondere die örtliche Begehung durchführten. Die Gruppen B I
und G sind hauptsächlich Handakten der Geometer. Naturgemäß
zerfallen die Akten zeitlich in 2 Gruppen. Die erste umfasst etwa
die Jahre 1824-1835, in denen die Aufnahme und Einschätzung des
ersten Katasters durchgeführt wurde (Katasterkommission). Die
zweite Gruppe enthält die Akten, die durch das "Gesetz vom
21.V.1361 (G.S.253) über die anderweitige Regelung der Grundsteuer"
hervorgerufen
wurden (Katasterinspektion). Sie
erstreckten dich über die Jahre 1861-1866. Die Verwaltung der
Grundsteuer ging kurz darauf in die Obhut der Abteilung für direkte
Steuern, Domänen und Forsten (Abt. II, später III) über. Damals
scheinen die Akten der Katasterinspektion an die Regierung in
Münster gelangt zu sein.
Akten nach 1866 sind in diesem
Bestand nicht enthalten. Akten der Katasterregistratur der
Regierung (19./ 20.Jh.) unter Verw.
Die Ordnung blieb so
erhalten, wie sie bei der Ablieferung an das Staatsarchiv
vorgefunden wurde, obgleich an einigen Stellen Unebenheiten und
Überschneidungen anzutreffen sind. Zu zitieren sind die oben auf
der Seite stehenden Buchstaben (ggfls. mit
römischer
Ziffer) und die laufende Nummer.
Nach der Vereinigung
der Provinz Westfalen mit Preußen im Jahre 1815 beruhte die
Veranlagung und Erhebung der Grundsteuer in diesem Landesteil auf
sehr verschiedenartig gestalteten Grundlagen und Vorschriften: In
den zuletzt mit dem Kaiserreich Frankreich
vereinigten
Gebieten galten französische, im Gebiet des ehemaligen
Großherzogtums Berg bergische und in den zum Königreich Westfalen
gehörigen Ländern westfälische Gesetze. Die aufzubringenden Summen
an Grundsteuer waren deshalb in den einzelnen Teilen ganz
verschieden. In den ehemals bergischen und
westfälischen
Territorien gestaltete sich die Unterverteilung zudem äußerst
mangelhaft. Die kgl. Kabinettsorder vom 26. Juli 1820 bestimmte
daher mit Bezug auf die Provinzen Westfalen und Rheinland, daß der
bisher in beiden Provinzen aufkommende Gesamt-Grundsteuerbetrag
beibehalten werden sollte, daß aber eine neue Unterverteilung auf
Grund einer durchzuführenden, alle Teile umfassenden
Parzellenvermessung mit Ermittlung des Reinertrags stattfinden
solle. Nur in einigen Teilen der ehemals kaiserlich französischen
Lande lag bereits eine Parzellenvermessung vor, die durch ein
kaiserliches Dekret vom 17. Januar 1808 angeordnet war, um die seit
dem 1. Dezember 1790 in Frankreich eingeführte allgemeine
Grundsteuer auf die deutschen Länder übertragen zu können. Die
preußischen Arbeiten vollzogen sich nach 1815 zunächst nach
französischem Vorbild, kamen aber in Westfalen kaum zur Auswirkung.
Zur Durchführung der Kabinettsorder vom 26. Juli 1820 wurde in Köln
für die beiden westlichen Provinzen eine Generaldirection des
Katasters eingerichtet. Von ihr und vom Finanzministerium gingen
mehrere Instruktionen über das Verfahren bei der Vermessung des
Grundeigentums aus (11. Febr. 1822, 12. März 1822, 3. Juni 1822).
In der letzten Verordnung, die die Feststellung des Reinertrags zum
Gegenstand hatte, tauchte zum ersten Male die Amtsbezeichnung
"Katasterkontrolleur" auf. Mit diesen Verordnungen war der Grund
für das gesamte spätere Vermessungswesen gelegt. Die Vermessungen
waren auf einheitliche, das ganze Gebiet umspannende Dreiecksnetze
I., II., III. und IV. Ordnung gegründet. Die Ergebnisse der
Triangulation I. und II. Ordnung wurden von der Generaldirektion
geliefert, die III. Ordnung im allgemeinen von den
Katasterkommissionen, die 1
oder 2 Regierungsbezirke
umfaßten (z.B. eine für Münster und Minden, eine für Arnsberg), die
IV. Ordnung von dem Katastergeometer. Das besondere Verdienst, die
trigonometrische Vermessung in Westfalen auf eine wissenschaftliche
Basis
gehoben zu haben, kommt dem (späteren
Katasterinspektor und Steuerrat) Johann Jacob Vorländer zu (vgl.
Ztschr. f. Vermessungswesen 1913. S. 1 ff.). Er hatte zusammen mit
dem Geometer Emmerich 1822 das Arnsberger Hauptnetz neu berechnet.
Im Jahre 1824 wurde ihm als Obergeometer und Trigonometer die
Leitung der 1220 begonnenen Arbeiten übertragen. Er sichtete das
vorliegende mangelhafte Material und arbeitete die alten
Netzentwürfe um. Schon im Sommer 1824 bereiste er unermüdlich
seinen Bezirk, um neue Punkte 1. und II. Ordnung zu erkunden. Trotz
angestrengtester Arbeit mußte er aber erkennen, daß die Kontrolle
der Parzellenvermessung durch die Dreiecke höherer Ordnung bei dem
Stande der damaligen Methoden sehr zweifelhaft war. In großer Zahl
wurden Winkel von einem Punkt immer wieder von neuem, gemessen.
Trotzdem verwirrten sich die Netze derartig, daß man schliesslich
ratlos dem Ergebnis der gewaltigen Arbeit gegenüberstand. Erst
durch die Verbesserungen Karl Friedrich Gauß´ wurden andere
Methoden geboten. 1872 entschloß sich auch Vorländer, sein Netz
zum
zweiten Male einer Ausgleichung zu unterwerfen.
Voller Bewunderung sprach er sich über die Gaußsche Methode der
kleinsten Quadrate aus. Er widmete seine Arbeit hauptsächlich dem
Regierungsbezirk Minden. 1853 erschien seine Schrift:
"Geographische Bestimmungen im kgl. Preuß. Regierungsbezirke
Minden". Wenn auch das Parzellarkataster in Westfalen durch den
Mangel des Anschlusses an das ausgeglichene Dreiecksnetz nicht auf
der Höhe war, so war die Parzellarvermessung im einzelnen doch
recht brauchbar. Leider machte sich in der Folge der Mangel genauer
Vorschriften über die Fortschreibung sehr schädigend
bemerkbar. Die Instruktion vom 11. Februar 1822 hatte nur
einige dürftige Anweisungen getroffen. Es wurden lediglich
Besitzveränderungen durch den Bürgermeister in einen
Mutterrollenauszug eingetragen. Von einer Veränderung der
Karte oder Vermessungen war nicht die Rede. Erst am 10. März
1826 erließ die Generaldirektion eingehendere Bestimmungen über die
Fortschreibung. Vor allem wurde diese einem sachkundigen
"Fortschreibungsbeamten" übertragen. Noch immer war aber eine
Fortschreibung des Flurbuches nicht vorgesehen. Ebensowenig
geschahen Messungen beim Teilen eines Grundstücks. Die Ermittelung
des steuerbaren Katastralertrags der Einzelparzelle erfolgte nach
Abschätzung des Grund und Bodens als Acker, Wiese, Weide usw. Bei
Gebäuden wurde die Grundfläche nach dem Tarifsatz des besten
Ackerlandes in der Gemeinde veranschlagt und bei Wohngebäuden und
allen nicht zum Betriebe der
Landwirtschaft dienenden
Bauten (die letzteren unterlagen nur der Besteuerung nach der
Grundfläche) ausserdem noch nach dem Durchschnitt der letzten zehn
Jahre ein Mietwert ermittelt, der für die Besteuerung bis um die
Hälfte sowie um den Betrag des veranlagten Katastralertrags der
Grundfläche zu kürzen war. Das
umfangreiche Werk konnte
erst 1835 in den beiden Provinzen zum Abschluß gebracht werden. Die
Kosten dieser ersten Katastralaufnahme beliefen sich auf 2,90 M pro
Hektar, wovon 2,32 Mark auf Vermessung und Kartierung und 0,58 Mark
auf die Einschätzung entfielen. Nachdem 1834 die Herstellung des
Rheinisch-Westfälischen Katasters im wesentlichen vollendet war,
wurde mit dem 1. Januar 1835 eine Verwaltungsreform durchgeführt
und eine vollständige technische Katasterverwaltung aufgestellt. An
die Stelle der "Generaldirektion des
Katasters" wurde
als oberste Dienststelle für die Leitung der gesamten
Katasterverwaltung "die Generalinspection des Katasters" in Köln
eingerichtet. An die Stelle der bisherigen "Katasterkommissionen"
geraten jetzt die "Katasterbureaux", die jeweils einer Regierung
angegliedert wurden. Zum Leiter eines jeden Bureau wurde der
bisherige Obergeometer der Kommission mit dem Titel eines
Katasterinspektors, später mit dem Titel und Rang eines Steuerrats
bestimmt. Den äußeren Dienst versahen die
aus den Reihen
der Katastergeometer hervorgegangenen "
Steuercontroleure". Sie übernahmen die Fortschreibung, die
Aufstellung der Grundsteuerheberollen, die Untersuchung und
Berichtigung materieller Irrtümer in den abgeschlossenen Katastern,
die Prüfung und Begutachtung von Reklamationen
und
Elementarschäden, später auch die Sammlung und Bereinigung der in
den Fortschreibungsprotokollen vermerkten Kaufpreise von
Liegenschaften und Gebäuden für die Zwecke der
Katastarrevisionen.
Das Rheinisch-Westfälische Kataster
war ursprünglich als reines Steuerkataster gedacht gewesen. Es
erlangte indessen bald eine unvorhergesehene rechtliche Bedeutung
durch die Verordnung
vom 31. März 1834 (G.S., S. 47)
wegen Einrichtung des Hypothekenwesens in dem Herzogtum Westphalen
usw., indem die Kataster den Hypothekenbüchern zugrunde gelegt
wurden. In allen Grundstücksverträgen wurden künftig die
Bezeichnungen des Katasterflurbuchs verwandt. Die Instruktionen des
Justizministeriums vom 7. und 20. April 1833 bestimmten, daß
einerseits bei der Aufstellung von Verträgen vor Gericht und bei
den Notaren Katasterauszüge vorzulegen waren, daß andererseits aber
auch die Hypothekenbehörden listenweise den Katasterbehörden
Kenntnis von den Veränderungen geben sollten. Aufgetretene
Mißstände infolge der Unzuverlässigkeit der Auszüge wurden durch
die min. Verordnung vom 11. August 1843 behoben. Nach Beendigung
der Arbeiten erging das Grundsteuergesetz vom 21. Januar 1839 für
die westlichen Provinzen (G.S. S. 30), das die näheren Bestimmungen
über die Erhebung der Grundsteuer brachte. Es enthielt in den §§
32
ff. auch die Bestimmungen über die Fortführung des
Katasters. Die Art und Weise,wie das Kataster tatsachlich
fortgeführt wurde, namentlich bei Grundstücksteilungen, ließ in den
ersten Jahren allerdings viel zu wünschen übrig (s.u.). Die
Berichtigung materieller Irrtümer im Grundsteuerkataster erfolgte
auf Grund einer in Ergänzung zum Grundsteuergesetz vom
21.1.1839
ergangenen Verordnung vom 28. März 1844.
Materielle Irrtümer können sich beziehen auf Ermittelung und
Feststellung des Flächeninhalts einzelner Grundstücke, Berechnung
des Reinertrags, Angabe der Kulturart, doppelten oder vergessenen
Ansatz eines Grundstücks. Nicht dazu gehören Irrtümer in der
Darstellung der Eigentumsgrenzen in den Katasterunterlagen. Die
Verordnung vom 4. April 1844 regelte die Numerierung der in ihrer
Form veränderten und neu entstandenen Parzellen. Die
verhängnisvollen Bestimmungen der Instruktion vom 10.3.1826 betr.
die Fortschreibung des Rhein.-Westf. Katasters wurden endlich
durch die Min. Verfügung vom 22. Mai 1844 aufgehoben, ergänzt
durch Verordnungen vom 24. Mai und 25. Juni 1844. Demgemäß wurden
für die einzelnen Fortschreibungsbezirke Katastergeometer
angestellt, die alle Neuvermessungen bei Besitzveränderungen unter
Aufsicht des Fortschreibungsbeamten auszuführen hatten. Durch die
für die Revision des Rhein.-westfälischen Katasters
vorgesehenen Maßnahmen wurde wieder eine Umorganisation der
Katasterverwaltung notwendig. Durch Kabinettsorder von 29. Jan.
1855 trat an die Stelle der Generalinspektion abermals eine (mit
dem Oberpräsidenten der Prov. Westfalen
verbundene)
"Generaldirektion des Katasters". Der Finanzminister
erließ aus diesen Anlaß eine Geschäftsanweisung für die
Generaldirektion und die Regierungen vom 3. Juni 1855. Der
Generaldirektor hatte unter Aufsicht des Finanzministeriums alle
den technischen Betrieb des Grundsteuerkatasters betreffenden
Angelegenheiten zu verwalten, während der eigentliche
Steuerdienst der Kompetenz der Regierungen vorbehalten blieb.
Dem Generaldirektor waren beigeordnet 1.) ein Regierungsrat
mit der Amtsbezeichnung "Generalinspektor des Katasters"
(Stellvertreter) und 2.) ein Vermessungsinspektor, 3.) eine
Anzahl Büro- und Unterbeamten nach Bedarf. Die Katasterverwaltung
gliederte sich in die Katasterinspektionen der Regierungen (an
Stelle des bisherigen Katasterbureaus) unter Leitung eines
Katasterinspektors und in die Lokalbehörden
(Fortschreibungs- und Geometerpersonal). Den
Katasterinspektionen, denen Sekretäre, Assistenten und
Supernumerare aus dem Landmesserstand beigegeben
waren,
lag die Erhaltung des Katasters ob. Sie besaß ein Archiv. Der
Katasterinspektor mit dem Titel "Steuerrat" hatte seine Arbeiten
selbständig zu führen. Den äußeren Dienst versahen die
Steuerkontrolleure und die ihnen beigegebenen Katastergeometer.
Diese wurden nicht mehr ernannt, nach dem durch die Instruktion vom
7.Mai 1853 die Ausführung der Vermessungen den an Stelle der
Steuerkontrolleure getretenen Katasterkontrolleuren
übertragen
wurde. Die Generaldirektion erließ eine
Verordnung über die Aufnahme und Nachtragung der durch Güterwechsel
oder sonst entstandenen Veränderungen vom 15. März 1853. Sie faßte
die Instruktionen von 1826 und 1844 zusammen. Damit war zwar in den
beiden westlichen Provinzen ein befriedigender Zustand der
Grundsteuererhebung eingetreten, noch fehlte aber die völlige
Gleichheit der Grundsteuersysteme im Königreich Preußen, wie sie
schon durch das Finanzedikt vom 27. Oktober 1810 dem Staate
versprochen war. Auch die damals in Aussicht genommene Abschaffung
der weithin als Ungerechtigkeit empfundenen
Grundsteuerprivilegien der Rittergüter war noch nicht
urchgeführt. Gerade der letzte Plan hatte allerdings die
Neuregulierung der Grundsteuer lange verhindert. Erst nach dem Adel
Entschädigungen für die ausfallenden Vergünstigungen versprochen
waren, gelang es nach harten Kämpfen, das Gesetz
betreffend die anderweitige Regelung der Grundsteuer vom 21.
Mai 1861 durchzubringen. Das Gesetz bildete den Ausgangspunkt eines
neuen und wichtigen Abschnitts in der Geschichte des preußischen
Vermessungswesens. Nicht weniger als 33 verschiedene
Grundsteuersysteme mußten in Preußen aufgehoben werden. In den
westlichen Provinzen bedurfte es aber bei weitem nicht des
Arbeitsaufwands wie im Osten, da fertige Kataster vorlagen. Die
Geschäfte des Obergeometers und bezüglich der Unterverteilung auch
die des Bezirkskommissars wurden dem
Katasterinspektor
der Regierung übertragen. Die Arbeiten zerfielen hier in 2
Hauptteile: 1) Verzeichnung der Einschätzungsergebnisse in den
Karten und 2) Aufstellung der Register. Die durch dieses Gesetz
bedingte Anlage eines Katasters in der gesamten Monarchie war trotz
des Umfangs der Arbeit bereits am 1. Juli 1864 beendet. Das
Unterverteilungsverfahren konnte bis 1865 zu Ende geführt werden.
In Westfalen und Rheinlands wurde das schon vorhandene Kataster
übernommen. Im wesentlichen brauchte hier also nur eine neue
Einschätzung auf der Grundlage der Gleichheit mit den anderen
preußischen Provinzen durchgeführt zu werden.
Nach dem
neuen Gesetz zerfiel die Grundsteuer fortan in die von den Gebäuden
zu entrichtende Abgabe (Gebäudesteuer) und in die eigentliche
Grundsteuer. Der Veranlagung zur eigentlichen Grundsteuer liegt die
Ermittelung des Reinertrags zugrunde. Als Reinertrag ist anzusehen
der nach Abzug der Bewirtschaftungskosten und Zinsbelastung vom
Rohertrag bleibende Überschuß. Der Kulturzustand der Grundstücke
wurde bei der zur Ermittelung des Reinertrags stattfindenden
Abschätzung durchweg als mittlerer angenommen. Auf den
wirtschaftlichen Zusammenhang der Grundstücke mit anderen
Grundstücken oder gewerblichen Anlagen nahm man dabei keine
Rücksicht, ebensowenig auf Servituten, Reallasten usw. Die
Feststellung des Reinertrags erfolgte nach Kulturarten und
Bonitätsklassen. Kulturarten sind: Äcker, Gärten, Wiesen,
Weiden, Holzungen, Wasserstücke, Ödland. Zur Abschätzung der
Grundstücke wurde für jeden landrätlichen Kreis oder für jede
innerhalb eines Kreises zu bildende Abteilung
(Klassifikationsdistrikt) ein Klassifikationstarif errechnet, der
die
verschiedenen im Distrikt vorkommenden Kulturarten
nach ihren Bonitätsklassen in Übersichten nachwies. Die Zahl der
Bonitätsklassen durfte 8 nicht überschreiten. Für jede Klasse einer
jeden Kulturart wurde der Reinertrag für den Morgen in
Geld festgesetzt. Bei Veranschlagung der Naturalerträge in
Geld wurden überall die Martinimarktpreise des zuständigen
Marktortes während des Zeitraums von 1837-1860 unter Weglassung der
2 teuersten und der 2 billigsten Jahre berücksichtigt. Die Kosten
für die Neuveranlagung dieser Jahre beliefen sich in Westfalen auf
0,85 Mark für das Hektar. Örtliche aus den Kreisen der Bevölkerung
gebildete Kommissionen leisteten dabei Hilfe.
Die
Generaldirektion des Katasters bestand bis zu ihrer Aufhebung durch
die Kabinettsorder vom 7. Juni 1871. Von die-dem Zeitpunkt an wurde
die Verwaltung der Katasterangelegenheiten unter
unmittelbarer Leitung des Finanzministeriums den Regierungen
übertragen. Die in dem vorliegenden Aktenbestand enthaltenen Akten
sind ausschließlich in der beschriebenen Zeit vor Auflösung der
Generaldirektion entstanden und berühren fast alle damals
durchgeführten Arbeiten. In ihm sind sowohl die Akten der
Katasterinspektion Münster (Katasterbureau) als auch
zahlreiche Akten und Arbeitsunterlagen der örtlichen
Katasterbehörden (Geometer, Fortschreibungsbeamte,
Veranlagungskommissionen usw.) enthalten. Die Ordnung des Bestandes
ist in dem Zustande belassen, in dem er von der Regierung
Münster
abgeliefert wurde.
Münster, den 8.2.1954
Dr. Wilhelm Kohl
- Reference number of holding
-
K 205
- Extent
-
1.685 Akten, Findbücher K 205.; ca. 1869 Akten, Findbücher K 205.
- Language of the material
-
German
- Context
-
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (Archivtektonik) >> 3. Behörden und Einrichtungen des Staates und der Selbstverwaltung nach 1816 >> 3.1. Innere Verwaltung (K) >> 3.1.2. Bezirksregierungen >> 3.1.2.2. Regierung Münster
- Related materials
-
Wilhelm Kohl, Wie das Kataster entstand, in: Heimatkalender für den Kreis Beckum (1958), S. 69-78; Gerald Kreucher, Die Urkatasteraufnahme in Westfalen (Veröffentlichungen des Landesarchivs NRW 20), Düsseldorf 2008; Gerhard Günther, Landesvermessung im Wandel. Eine Dokumentation aus Archiven des Landesvermessungsamtes, Bonn 1993; Landesvermessung und Liegenschaftskataster in Nordrhein-Westfalen, hg. v. Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 1992.
- Date of creation of holding
-
1811-1939
- Other object pages
- Delivered via
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
23.06.2025, 8:11 AM CEST
Data provider
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Westfalen. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 1811-1939