Bestand
Michael Wolf (Bestand)
Vorwort Der Lehrer und FDP-Politiker
Michael Wolf wurde am 13. Januar 1944 in Treuen/Vogtland geboren. Wie so
viele seiner Generation wuchs Wolf ohne seinen leiblichen Vater
Hans-Werner Wolf auf, einem Fabrikbesitzer mit Eigentum in Birnbaum
(Provinz Posen), Berlin und Treuen, der im März 1945 in Sarajewo im Krieg
gefallen war. Infolge von Luftangriffen und der Enteignung der Betriebe
in der Sowjetzone hatte die Familie nach Kriegsende sämtlichen Besitz
verloren (Sofern nicht anders angegeben im Folgenden alle Angaben nach:
Nr. 57). Die Mutter Rut Wolf, geborene Pretzsch, heiratete 1949 den
ebenfalls im Krieg verwitweten Paul Gaedeke, von Beruf Holzkaufmann, der
zu einem der ersten Heimkehrer aus russischer Gefangenschaft zählte und
fortan die Versorgung und Erziehung - neben den aus erster Ehe stammenden
Kindern - mitübernahm (Nr. 34). Wolf besuchte zunächst die Volksschule in
Oldendorf (Kreis Hameln-Pyrmont), 1954 die Wilhelm-Raabe-Mittelschule in
Hameln und schließlich die Mittelschule Sidonienstraße in Braunschweig.
1957 zog die Familie nach Solingen, wo sie im Stadtteil Wald,
Liebermannstraße 6, eine Wohnung bezog. Seine Schulzeit verbrachte Wolf
ab dem 13. Lebensjahr auf der nahe gelegenen
Albert-Schweitzer-Realschule, die er 1961 mit dem Abschluss "Mittlere
Reife" verließ. Nach einer Ausbildung zum Chemotechniker, die er von 1961
bis 1963 an der "Chemieschule Dr. Grübler" in Isny im Allgäu absolvierte
und an die eine zweijährige Tätigkeit im Forschungslabor der Emser Werke
AG in Domat/Ems (Graubünden/Schweiz) anschloss, kehrte Wolf 1965 nach
Solingen zurück. Wolfs Eintritt in die Freie Demokratische Partei (FDP)
erfolgte über den Ortsverband Wald, wo er schnell Verantwortung im Rahmen
von Wahlkreisarbeit und verbandsmäßig organisierten Jugendinitiativen
übernahm (Nr. 35). In der Jugendorganisation der FDP, den Deutschen
Jungdemokraten (DJD), war Wolf ab der zweiten Hälfte der sechziger Jahre
als Stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes tätig. Auf der
Landestagung des DJD, die im April 1970 in Oberhausen stattfand, wurde
Wolf als einer von vier Jungdemokraten und politischen
Nachwuchshoffnungen in den Bundeshauptausschuss gewählt (Nr. 33). Auf
Landesebene übte Wolf in dieser Zeit den Vorsitz im Arbeitskreis Kultur-
und Bildungspolitik aus (Ebd.); zudem war er als Beisitzer im
FDP-Kreisverband Solingen mit Fragen der Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit betraut, holte währenddessen das Abitur auf dem
Wilhelm-Heinrich-Riehl-Kolleg in Düsseldorf nach (1967), um daraufhin das
Chemiestudium an der Universität in Köln mit Schwerpunkt Biochemie
aufzunehmen (1968-1975). Die Erste Staatsprüfung schloss Wolf 1973 für
das Lehramt am Gymnasium mit einer Examensarbeit zum Thema Chemie und
Umweltschutz ab; die Zweite Staatsprüfung erfolgte 1976 am Seminar
Wuppertal 1. Ab 1977 war Wolf als Lehrer am Gymnasium August-Dicke-Schule
in Solingen tätig. Dort unterrichtete er die Fächer Chemie und Technik,
seit 1982 im Beschäftigungsverhältnis eines Oberstudienrats. Als
Politiker öffentlich in Erscheinung trat Wolf erstmals bei den
Kommunalwahlen 1969, als er auf einem der Listenplätze zur Wahl der
Bezirksregierung im Stadtbezirk Ohligs/Aufderhöhe um das Amt des
Bürgerschaftsvertreters kandidierte (Nr. 35). Mit Erringung des Mandats
sicherte sich Wolf einen festen Sitz in der Ausschussarbeit
Jugendwohlfahrt der FDP-Ratsfraktion (Nr. 51), die 1973 einen
Spielstättengesetzentwurf zur Vorlage für die FDP-Fraktion im
nordrhein-westfälischen Landtag auf den Weg brachte. In den beiden
aufeinanderfolgenden Wahlperioden gelang es Wolf, sich nicht nur im Amt
zu bestätigen (Mai 1975), sondern auch den Posten des Stellvertretenden
Bezirksvorstehers zu erwirken (Oktober 1979). In dieser Funktion nahm
Wolf, der zeitgleich den Vorsitz im Ortsverband ausübte, zukünftig auch
als Fraktionsmitglied - unter Leitung von Walter Freund (1920-2010) - an
den Sitzungen des Rats der Stadt Solingen teil. Langandauernde Querelen
mit den Spitzen in Partei und Fraktion bewogen Wolf 1984 dazu, nicht
erneut zur Stadtratswahl anzutreten (Nr. 11, 49; 52; vgl. daneben auch
die Pressestimmen nach Nr. 57). Als Begründung für seinen Entschluss, die
einen vollständigen Rückzug aus der Kommunalpolitik bedeutete, gab Wolf
in einer selbst verfassten Presseerklärung im März 1984 an: "Nach 15
Jahren kommunalpolitischer Arbeit als Bürgerschaftsvertreter in
verschiedenen Ausschüssen, Bezirksvertreter, stellvertretender
Bezirksvorsteher und einem Ergebnis von 12,6 % bei der letzten
Kommunalwahl bin ich nicht mehr bereit, im kommenden Wahlkampf für die
Politik der Solinger F.D.P. einzutreten. Ihr mangelnder Einsatz für den
zweitgrößten Solinger Stadtteil, z.B. in der Frage der Errichtung eines
Kaufhauses oder der Errichtung der Deponie in der Ohligser Heide, aber
auch ihre Haltung bei der Schmitz-Herscheidt-Affäre, dem ‚Krag-Abschied',
dem Scheitern des Kommunikationszentrums, der Diskussion um eine 2.
Gesamtschule oder um die Finanzierung des ‚Union-Flutlichts' haben mich
in diesem Beschluss bestärkt. Es ist aber auch der Mangel an Bereitschaft
zu liberaler Grundsatzdiskussion, an ernstzunehmender Programmatik,
Bürgernähe, an Originalität, der fast ausschließlich auf die Person des
Fraktionsvorsitzenden z.T. konfuse Arbeitsstil, der fehlende
Leistungswille und das fehlende Vertrauensverhältnis in und zu dieser
Fraktion, die mich bewogen haben, die, wie ich meine, nicht erfolglose
Arbeit für die Bürger dieser Stadt mit Ablauf dieser Wahlzeit
einzustellen." (Nr. 52) Wolfs Rückzug aus der Solinger Politik war jedoch
keineswegs gleichbedeutend mit der persönlichen Aufgabe des sich
Einmischens in gesellschaftspolitische Streitthemen. Die Benennung von
Missständen im Bereich von Jugend und Umwelt lag ihm dabei besonders am
Herzen. Allerdings nutzte Wolf die Zeit, die ihm neben der Ausübung des
Lehrerberufs blieb, nunmehr verstärkt auch zu eigenen Forschungen, die er
u.a. auf dem Arbeitsgebiet Didaktik der Chemie betrieb. An der
Universität Köln, Fachbereich Erziehungswissenschaften, nahm er 1982 die
Arbeiten an einer Promotion auf. Anfang Dezember 1987 erfolgte die
Verteidigung der Arbeit unter dem Titel "Die Erziehung zum selbständigen
experimentellen Lernen im Chemieunterricht" (Nr. 56). Michael Wolf starb
am 5. April 1989 in Solingen im Alter von nur 44 Jahren an den Folgen
einer Krebserkrankung. Die Ehe mit Ursula Wolf, geborene Berkowitz, blieb
kinderlos. Der vorliegende Aktenbestand Na 39 Wolf umfasst insgesamt 57
Verzeichnungseinheiten mit einer Gesamtlaufzeit von 1928 bis 1989. Der
Gesamtumfang des Nachlasses beträgt 0,75 lfd. m. Der Bestand wurde
bereits zu Lebzeiten Michael Wolfs im Stadtarchiv Solingen gebildet. Der
Erstlieferung vorausgegangen war eine Serie von Presseaufrufen, in der
das Stadtarchiv in den siebziger Jahren gezielt um "Nachlässe von
Solinger Politikern" (Nr. 40) warb. Der Nachlass setzt sich überwiegend
zusammen aus in Typoskriptform überlieferten Selbstäußerungen Michael
Wolfs, die sich vornehmlich auf den Politikbereich Umweltschutz (Nr. 2-5,
7-8) sowie dem Fachgebiet Chemie (Nr. 9-10, 12-18, 20, 22, 26, 28, 43,
54-56) beziehen. Daneben bilden die Unterlagen, die aus dessen
politischer Tätigkeit als Mandatsträger der Bezirksvertretung
Ohligs/Aufderhöhe entstanden sind (Nr. 25, 29-31, 38, 42, 48, 49, 50,
52), einen weiteren Überlieferungsschwerpunkt. Ergänzt werden diese
Dokumente durch Akten, die Wolfs Tätigkeit im FDP-Kreisverband Solingen,
dessen Ortverbänden und zentraler Jugendorganisation der Deutschen
Jungdemokraten zuzuordnen sind (Nr. 11, 24, 33-34, 37). Privatunterlagen
sind im Nachlass nur wenige vorhanden (Nr. 23, 27, 44, 47), wie auch zu
Wolfs beruflicher Tätigkeit als Gymnasiallehrer lediglich
Einzelschriftstücke überliefert sind (Nr. 45). Der Nachlass Michael Wolf
ergänzt die im Stadtarchiv Solingen verwahrten Personenbestände von
Ratsmitgliedern, die in den siebziger Jahren als Vertreter der
Nachkriegsgeneration in die mittleren und höheren politischen
Entscheidungsebenen drängten und als solche Einfluss auf die kulturelle,
politische und wirtschaftliche Entwicklung der Stadtgesellschaft nahmen.
Als Vertreter dieser Geburtskohorte sind in diesem Zusammenhang zu nennen
die Personenbestände Ernst Lauterjung, Ernst-Martin Walsken (beide SPD)
und Bernd Wilz (CDU). Im Unterschied zu Ratspolitikern wie Walter Freund,
Jahrgang 1920 (FDP), oder Otto Hackenberg, Jahrgang 1911 (SPD), erfahrene
Persönlichkeiten, gegen die es sich innerparteilich zu behaupten galt,
war die Krisenerfahrung und -verarbeitung dieser jungen Generation von
Kommunalpolitikern, zum Beispiel im Kontext der Notstandsgesetzgebung
oder der Formierung von Studentenbewegung und Außerparlamentarischer
Opposition (APO), eine erkennbar andere. Themen, wie die Verunreinigung
öffentlicher Gewässer, gegen die Wolf im Falle der Wupperverschmutzung
entschieden protestierte und an deren Öffentlichmachung er auch
publizistisch mitwirkte (Nr. 1-8, 19), gewannen in den siebziger Jahren
zunehmend an Gewicht. Auf diesem Hintergrund einer allgemeinen
Bedeutungsverschiebung politischer Themensetzungen speziell im Bereich
von Umwelt- und Naturschutz, die von Wolf und anderen über die Fraktions-
und Ausschussarbeit in die Ratsdebatten aufgegriffen und eingeführt
wurden, bilden die Unterlagen der Sachaktenbestände "Rat der Stadt
Solingen - Tagesordnung" und "Rat und Ausschüsse Stadt Solingen ab 1945"
eine wichtige Ergänzung. Der Aktenbestand Na 39 Wolf bildet einen
klassischen Schriftnachlass im Bereich kommunaler Politik. Ziel der
Ordnung und Verzeichnung des Bestandes war es, neben Wolfs
parteiorganisatorischer Tätigkeit für die FDP auch dessen politische
Beschäftigung mit Fragen rund um die Stadtentwicklung in Solingen-Ohligs
hervorzuheben. Auf diese Weise sollten nicht nur die in der
Bezirksvertretung Ohligs/Aufderhöhe verfolgten Initiativen und Maßnahmen
der Stadtentwicklungsplanung der siebziger und frühen achtziger Jahre
sichtbar gemacht, sondern in der Person Wolf auch das Selbstverständnis
eines FDP-Kommunalpolitikers zu dieser Zeit exemplarisch dokumentiert
werden. Dazu erschien es ratsam, die in den Schriftwechseln greifbaren
Ansichten und Auffassungen Wolfs, etwa dessen Selbstäußerungen, die auf
die Stadtrats- und Gremiumarbeit der Bezirksvertretung zurückgehenden, in
ihrer ursprünglichen Ordnung zu belassen. Wurde bei der Erschließung auf
das Herausziehen von Korrespondenzen grundsätzlich verzichtet, war es bei
den Typoskripten teilweise notwendig, eigene Einheiten je
Sachthemengebiet (Umwelt/Chemie) zu bilden, um diese leichter auffindbar
zu machen. So wurden denn auch entschieden, die zuvor im
Bibliotheksbestand befindliche Doktorarbeit von Michael Wolf dem Nachlass
zuzuführen (Signatur vormals: KA 4817, jetzt: NA 39-56). In der Übersicht
wurde der Nachlass Michael Wolf in folgende Unterlagengruppen gegliedert.
Die in runden Klammern angegebenen Zahlen beziehen sich auf die Anzahl
der Verzeichnungseinheiten: 1. Freie Demokratische Partei (13) 2.
Stadtentwicklung Solingen-Ohligs (9) 3. Umweltschutz (9) 4. Fachgebiet
Chemie (20) 5. Verschiedenes (6) Bei der archivischen Bearbeitung
beschränkten sich die Kassationen auf im Personenbestand befindliche
Buchexemplare, Doppelstücke an Aufsatzmanuskripten sowie von Wolf über
die Stadtbibliothek bezogene Kopien von Fernleihbestellungen, die im
Falles ihres unbearbeiteten Zustands (versehen ohne Anstreichungen oder
Annotationen) nicht im Nachlass belassen wurden. Der Hinweis darüber, was
an Exemplaren kassiert wurde, findet sich im Feld
"Verzeichnungsprotokoll" hinterlegt. Der Gesamtumfang kassierten
Schriftguts belief sich insgesamt auf 0,40 lfd. m. Die genannten
Unterlagen sind mit allen Rechten Eigentum des Stadtarchivs Solingen und
können gemäß Benutzungsordnung im Lesesaal von Archiv und Bibliothek
eingesehen werden. Der Bestand ist wie folgt zu zitieren: StA Solingen Na
39 Wolf Nr. … Solingen, im Februar 2018 gez. CMS Publikationen (mit
Bestellsignaturen): Wolf, Michael, Vor 100 Jahren gegründet: Die
"Poskesche Zeitschrift", in: Der Mathematische und Naturwissenschaftliche
Unterricht, Jg. 42, 1989, H. 5, S. 314-316. (Na 39-10) Wolf, Michael, Die
Erziehung zum selbständigen experimentellen Lernen im Chemieunterricht,
Inaugural-Dissertation, Köln 1988. (Na 39-56) Wolf, Michael,
Grignard-Synthesen in Schülerexperimenten, in: Der Mathematische und
Naturwissenschaftliche Unterricht, Jg. 41, 1988, H. 1, S. 36-41. (Na
39-9) Wolf, Michael, Wie bekommen wir saubere Flüsse? Was vom Gesetzgeber
zu erwarten wäre?, in: Geographie heute, Jg. 8, 1987, H. 50, S. 52-53.
(Na 39-7) Wolf, Michael, Ökonomische und ökologische Aspekte der
Wassergütepolitik, in: Naturwissenschaften im Unterricht, Jg. 34, 1986,
Nr. 19, S. 41-42. (Na 39-8) Wolf, Michael (Hrsg.), Unkontrollierte Macht:
Die Ohnmacht der Bürger im Bereich der Wasserverbände Bergischer Gewässer
- historische Beispiele für die Aushöhlung subjektiver öffentlicher
Rechte durch öffentlich-rechtliche Einrichtungen und deren
Verwässerungsvorschläge, Solingen 1985. (GA 2542/1) Wolf, Michael,
Chemische Demonstrationsexperimente zu Problemen der Umweltverschmutzung,
Wissenschaftliche Arbeit, vorgelegt für die Erste Staatsprüfung für das
Lehramt am Gymnasium, Institut für Anorganische Chemie der Universität
Köln, Prof. Dr. Th. Kruck, 1973.
Eingrenzung und Inhalt: Bestand
enthält u.a.: Briefe; Druckschriften; Material für den Unterricht an der
August-Dicke-Schule; Parteiangelegenheiten; persönliche Dokumente in
Kopie; Presseausschnittsammlungen zu verschiedenen Themen;
Publikationen
- Reference number of holding
-
Na 039
- Extent
-
Findbuch: 57 AE
- Context
-
Stadtarchiv Solingen (Archivtektonik) >> Bestände nichtstädtischer Provenienz >> Nachlässe und Sammlungen
- Date of creation of holding
-
1928 - 1989
- Other object pages
- Delivered via
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- Last update
-
23.06.2025, 8:11 AM CEST
Data provider
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1928 - 1989